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Im Rahmen einer Serie „Im Gespräch mit …“ wird NHL.com/de während der Saison exklusive Interviews mit ehemaligen NHL-Spielern aus dem DACH-Raum führen.

In der heutigen Ausgabe: Uli Hiemer (in der NHL aktiv von 1984-1987)

Der 1962 in Füssen geborene Verteidiger Uli Hiemer wurde von den Colorado Rockies (seit 1982 New Jersey Devils) beim NHL Draft 1981 in der dritten Runde an Gesamtposition 48 ausgewählt. Hiemer spielte zwischen 1984 und 1987 drei Jahre lang in der NHL. Er war damals der erste in Deutschland ausgebildete Spieler, der den Sprung in die Liga schaffte. 

Am Ende seiner aktiven Zeit standen für den Abwehrspezialisten 143 Einsätze in der besten Liga der Welt zu Buche, in denen er für die Devils 19 Tore und 54 Assists erzielte. Ein Einsatz in den Stanley Cup Playoffs blieb ihm damals versagt.

Zudem glänzte Hiemer in Deutschland als Spieler unter anderem in seiner Zeit bei den Kölner Haien (1981-1984) und der Düsseldorfer EG (1987-1996). Er konnte dort zusammen sechs Deutsche Meisterschaften in der Bundesliga und der DEL gewinnen und trat auch für die DEB-Auswahl bei diversen internationalen Turnieren in Erscheinung.

Hallo Uli, wo hast du jetzt deinen Lebensmittelpunkt? 

Ich lebe inzwischen am Starnberger See. Aber meine Verbindung nach Füssen, wo ich aktuell unter anderem im Wirtschaftsbeirat des EV Füssen bin, ist natürlich immer noch sehr eng.

Wie sieht dein Alltag heute aus? Wie zu lesen ist, betreibst du einige McDonalds Filialen…

Das stimmt. Ich betreibe insgesamt sechs McDonald’s-Filialen, was mir auch sehr viel Spaß macht. In dem Bereich bin ich jetzt schon über 20 Jahre tätig. Für mich war das damals definitiv der richtige Schritt. Inzwischen habe ich über 200 Angestellte und habe das Glück, dass ich da viele gute Leute um mich herum habe, die mir den Rücken weitestgehend freihalten und mir zuarbeiten, so dass ich die notwendigen Entscheidungen gut treffen kann.

Welche Rolle spielt Eishockey noch in deinem Leben, abgesehen von deiner Tätigkeit beim EV?

Ich gehe noch immer wahnsinnig gerne aufs Eis, bin einmal in der Woche in Ingolstadt mit einer Altherrenmannschaft aktiv. In Füssen bin ich regelmäßig mit den Legionären unterwegs.

Verfolgst du auch das aktuelle Geschehen in der NHL und der DEL noch regelmäßig?

Die DEL verfolge ich nicht mehr so intensiv wie früher, die NHL im Vergleich dazu noch etwas mehr, weil da ja inzwischen sehr viel im Fernsehen übertragen wird. Insgesamt bin ich in den vergangenen Jahren wieder ein wahnsinnig großer Eishockey-Fan geworden. In den späten 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre war das einmal anders. Aber jetzt habe ich wieder viel mehr Spaß an dem Spiel. In Sachen Ausrüstung hat sich da ein Quantensprung ereignet und die Regeländerungen in den vergangenen Jahren haben dem Spiel richtig gutgetan. Ich schaue auch gerne Spiele des EV Füssen in der Oberliga an, denn selbst dort ist das Tempo enorm.

Hast du noch Kontakt zu den Devils? 

Ja, ich habe noch Kontakte dorthin, war vor ein paar Monaten erst wieder drüben. Ich habe unter anderem den Chico Resch besucht, meinen ehemaligen Torwart, der jetzt für das Radio tätig ist. Mit Ken Daneyko habe ich mich vor zwei Jahren getroffen. Ich habe also noch ein paar Verbindungen dorthin, auch wenn es jetzt nicht mehr ganz so viele sind wie früher.

NJD Ken Daneyko

Was sind deine prägendsten Erinnerungen an deine Zeit als NHL-Spieler?

Da fällt mir als Erstes mein Hattrick ein und das ganze Drumherum, was da so passiert ist (am 31. Oktober 1984 bei einer 6:7-Niederlage der Devils gegen die Pittsburgh Penguins – d. Red.). Drei Tore da drüben in einem Spiel zu schießen: Da habe ich mir gedacht – na bitte, geht doch. Es gab aber auch schwierigere Zeiten für mich bei den Devils. Als Team hatten wir damals grundsätzlich nicht so viel Scheibenbesitz. Das hat es für mich als eher kreativen und spielerischen Verteidiger kompliziert gemacht. Mein damaliger Trainer hatte eine etwas andere Vorstellung als ich. Er hat versucht aus mir einen eher defensiveren Spieler zu machen. Trotzdem hatte ich eine wahnsinnig schöne Zeit.

Das erste NHL-Spiel gegen die New York Islanders mit Mike Bossy, der direkt ein Tor schoss, ist für mich ebenfalls unvergesslich. Spiele gegen Wayne Gretzky waren immer ein Highlight. Ein Mark Messier hat mich damals auf Anhieb sehr beeindruckt. Bryan Trottier hat mir ebenfalls immer extrem gut gefallen, weil er als Mittelstürmer einen Bossy stets gekonnt eingesetzt hat. Mich hat er damals irgendwie an Gerd Truntschka erinnert. Spieler wie er konnten das Spiel wunderbar lesen und haben geniale Pässe gespielt.

Welche NHL- Spieler faszinieren dich aktuell am meisten?

Natürlich verfolge ich die Deutschen besonders intensiv, als ehemaliger Verteidiger speziell Moritz Seider. Sonst sehe ich aber auch Leon (Draisaitl) und Tim Stützle immer sehr gerne, oder JJ Peterka. Insgesamt freut es mich zu sehen, dass inzwischen so viele von denen einen festen Platz in ihrem jeweiligen NHL-Team haben. Nico Sturm kämpft sich auch durch. Seine Einstellung finde ich top. Selbstverständlich habe ich noch immer ein besonderes Auge auf die Devils, eine junge Mannschaft, in der einige Schweizer sehr gut spielen.

Draisaitl trifft doppelt und sorgt für den OT-Sieg

Du warst ja viele Jahre in der DEL aktiv und das sehr erfolgreich. Worin bestanden oder bestehen deiner Meinung die größten Unterschiede der beiden Ligen?

Bedingt durch die unterschiedlich große Eisfläche und die Qualität der Spieler kann man beide Ligen nur schwer vergleichen. Die Klasse der Spieler macht meiner Meinung nach den größten Unterschied aus. Die NHL hat einfach die besten Spieler. Und die kleine Eisfläche dort macht es notwendig, dass du als Spieler sehr schnell und sehr gut sein musst. Die Spieler werden in der NHL auch öfter mal ausgetauscht. Gerade wenn du in einer dritten oder vierten Formation einer Mannschaft spielst, wirst du dort viel schneller mal aussortiert als in Deutschland.

Hier bei uns in der DEL würde ich mir wünschen, dass vermehrt auf den eigenen Nachwuchs gesetzt wird, denn der Unterschied zwischen den Deutschen und den Ausländern ist nicht mehr so groß, da das Spiel insgesamt schneller geworden ist, und der Körper nicht mehr eine so große Rolle spielt wie vielleicht noch vor ein paar Jahren.

Hast du noch Kontakt zu deinen ehemaligen DEL-Klubs und Mitspielern?

Ich habe noch regelmäßig Kontakt nach Düsseldorf. Ansonsten bin ich überall herzlich willkommen, wenn ich mal zu Besuch im Stadion bin. Es ist schön, dass man das in Deutschland hochhält. Egal ob ich in München zum Spiel komme, in Düsseldorf oder Ingolstadt, immer wenn ich da bin, bin ich ein gerne gesehener Gast, was mich sehr freut.

Du bist unter anderem mit Campino von den Toten Hosen eng befreundet. Wie kam es denn dazu?

Videozusammenfassung: EDM 2, BOS 1 – F/OT

Da hat sich im Laufe der Jahre mit der gesamten Band eine sehr gute Freundschaft entwickelt. Als ich noch in Düsseldorf lebte, waren wir öfter zusammen unterwegs. Jetzt versuchen wir es hinzukriegen einmal im Jahr gemeinsam zum Skifahren zu gehen. Entstanden ist das damals in meiner Zeit in Düsseldorf, weil die Toten Hosen schon seit jeher sportverrückt waren. Ich bin mit einem Freund zu einem Konzert von ihnen gegangen. Da haben wir uns dann Backstage kennengelernt. Später haben wir zusammen Meisterschaften der DEG gefeiert. Wir haben im Laufe der Jahre Niederlagen und Siege gemeinsam erlebt, jetzt bin ich oft auf Konzerten und bei Tourneen dabei. Seit einigen Jahren schon sind die Toten Hosen zudem beim EV Füssen engagiert, sind dort unter anderem mit dem berühmten Totenkopf-Logo auf den Trikots präsent, was eine coole Sache ist.

Eine Frage darf zum Abschluss nicht fehlen: Wer wird in diesem Jahr den Stanley Cup gewinnen?

Ich habe die Hoffnung, dass Edmonton weit kommt. Grundsätzlich wünsche ich mir, dass eine kanadische Mannschaft wieder einmal den Stanley Cup gewinnt. In den Playoffs kann ja immer sehr viel passieren. Die Boston Bruins sind aber nach wie vor top und hätten den Titel auch verdient. Ich würde deshalb auf die Bruins tippen. Die Devils haben leider zu viele Verletzte und sind aus meiner Sicht deshalb nicht mehr so gut im Rennen, was ich sehr schade finde.

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