Detroit Red Wings v Edmonton Oilers

Moritz Seider von den Detroit Red Wings wirkt am Telefon entspannt und locker, als wir ihn auf dem Weg zum Training am Montag erreichen. Der 22-jährige deutsche Verteidiger hat auch allen Grund dazu. Nach zwei starken Monaten, dem Januar (9-2-2) und Februar (7-3-0), nehmen seine Red Wings (33-22-6; 72 Punkte) 21 Spiele vor dem Ende der regulären Saison, die erste Wildcard in der Eastern Conference ein, die zur Teilnahme an den Stanley Cup Playoffs berechtigen würde. Damit könnte Detroit seine siebenjährige Durststrecke des Verpassens endlich beenden, doch bis dahin ist noch etwas Weg mit eineinhalb Monaten harter Arbeit zurückzulegen.

Darüber, seine Performance, seine Weiterentwicklung zu einem Star-Verteidiger, sein auslaufender Vertrag und die damit verbundenen Verhandlungen sowie einige weitere Themen haben wir in einem exklusiven Interview von uns mit ihm abgearbeitet.

Ihr habt noch 21 Spiele zu bestreiten. Warum klappt es deiner Meinung nach für euch in diesem Jahr mit der Qualifikation für die Playoffs?

Ich glaube, wir haben einen Schritt nach vorne gemacht und sind deutlich konstanter geworden. Wir haben nicht mehr so die krassen Einbrüche mit vier oder fünf Spielen in Folge, die man verliert. Wir haben ein wichtiges Spiel in Colorado am Mittwoch vor uns, weil wir bisher immer geantwortet haben, wenn wir, wie zuletzt, zwei Mal in Folge verloren haben. Da kommt mir unser Kanada-Trip im Januar in den Gedanken, als wir die beiden ersten Spiele (gegen Edmonton Oilers 4:8 und Vancouver Canucks 1:4) verloren haben und wir im dritten Spiel einen 5:0-Shutoutsieg gegen die Calgary Flames gefeiert haben. Das zeichnet uns aus, dass wir mittlerweile in jedem Spiel drin sind und wir wissen, worauf es in den entscheidenden Situationen ankommt. Wir haben auch im Vergleich zum Vorjahr im Kader noch mal deutlich an Qualität dazu bekommen.

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Ihr hattet im Januar und Februar starke Monate und, wie du schon erwähnt hast, zuletzt aber zwei Mal in Folge verloren. Wie wichtig ist es, danach schnell wieder in die Spur zu kommen?

Das zeichnet die absoluten Top-Teams der Liga aus. Das Mittelmaß, wenn ich es so nennen darf, schafft es nicht, längere Siegesserien zu verzeichnen und verliert schnell mal mehrere Spiele hintereinander. So dümpelt man dann in dieser 500-Line, wie man hier sagt, dem Schnitt von nur einem Punkt pro Spiel, herum. Da muss man einfach drüber sein, wenn man eine Chance auf die Playoffs haben will. Von daher sind die Spiele, wenn man mal zwei oder drei verloren hat oder auch zu Beginn eines Roadtrips von besonderer Bedeutung. Es geht immer darum, auf der besseren Seite als andere Teams zu bleiben, um in der oberen Hälfte der Tabelle zu stehen.

Auffällig ist, dass Ihr im Februar vier Mal in Overtime und damit alle eure Spiele in dieser Phase in dem Monat gewonnen habt. Wie wichtig sind diese Zusatzpunkte, sowohl für die Stimmung im Team und Umfeld, als auch für das Tabellenbild?

Absolut. Solche Punkte zu haben oder nicht zu haben, macht einen großen Unterschied. Wir werden am Ende der Saison noch sehr wertschätzen, diese Punkte zu haben, wenn es wieder eng zugehen sollte. Das sind wichtige Punkte, die man nicht liegen lassen darf. Für das Selbstvertrauen sind diese ebenfalls wichtig, weil man in weitere Overtimes ganz anders reingeht.

Als Leader der Defensive der Red Wings sei die Frage an dich erlaubt, inwieweit Ihr weiter daran arbeiten müsst, euere Anzahl der Gegentore zu reduzieren, nachdem Ihr mit 3,2 Gegentoren im Schnitt pro Spiel nur auf den 21. Platz der Liga steht, während sich die Offensive mit 3,51 erzielten Toren auf dem 6. Platz befindet?

Da sprichst du ein gutes Thema an. Die vielen Gegentore waren besonders bis Dezember ein großes Thema und wir haben ab Januar uns hier schon weiterentwickelt. Unsere Vorgabe ist immer zwei oder weniger Gegentore in einem Spiel zu erreichen. Wenn man das konstant hinbekommt, dann gibt man sich immer eine gute Chance, um den Sieg zu spielen. In vielen Spielen ist auch das erste Tor und einen guten Start zu haben, sehr wichtig. Dann spielen wir normalerweise aus einer gestärkten Defensive heraus und lassen wenig zu. So schön und wichtig es ist, am Ende zu gewinnen, aber wir müssen davon wegkommen, von diesen 5:4- oder 6:5-Siegen, weil es auf Dauer wichtig ist, nicht darauf angewiesen zu sein, viele Tore zu schießen, um zu gewinnen.

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Mit sieben Saisontoren hast du deine persönliche Bestleistung aus der Rookie-Saison bereits eingestellt. Für einen Verteidiger geht es nicht unbedingt um Punkte, mehr auch in der Defensive wenig zuzulassen. Doch es fällt auf, dass du deine Schussquote in dieser Saison mit 7,1 Prozent zu den Vorjahren fast verdoppelt hast. Wie viel hast du dafür in diesem Bereich trainiert?

Ich arbeite jeden Sommer an meinem Schuss. Das ist ein Bereich, den ich auf jeden Fall verbessern muss. Ich habe einen anderen Anspruch als Verteidiger, als mit sechs oder sieben Toren eine Saison abzuschließen, sondern es soll zukünftig schon konstant deutlich zweistellig werden. Deswegen muss ich mehr in den gefährlichen Situationen auf das Tor schießen. Es gibt genug Verteidiger in der NHL, die das tadellos machen und als Vorbild dienen sollten. Den Josis und den Makars gilt es einfach ein bisschen mehr zuzuschauen und ihnen abzuschauen, was sie offensiv so stark macht. Das muss ich in mein Spiel noch besser einarbeiten. Das Tore schießen gehört mittlerweile zu einem Top-Verteidiger dazu und deswegen muss ich mich hier stetig noch verbessern.

Ihr habt die erste Wildcard, auch die zweite Wildcard geht derzeit an die Atlantic Division, nachdem diese beiden in den Jahren zuvor meist die Teams der Metropolitan Division geholt haben. Inwiefern siehst du hier eine Machtablösung in der Eastern Conference für die nächste Zeit?

Ich kann das nur bestätigen. Unsere Division ist – ich würde jetzt nicht sagen, die mit Abstand beste, aber – die engste. Ich glaube, die Buffalo Sabres und Ottawa Senators können nicht ganz so überzeugen, wie sie es vielleicht müssten. Trotzdem sind beide in einem Aufwärtstrend, was unsere Division in den nächsten Jahren noch schwieriger machen wird. Die Dauerbrenner wie Tampa, Toronto, Boston und Florida sind ja ohnehin noch da und Montreal will auch wieder besser werden. Von daher wird es sehr anspruchsvoll werden und das sind die ersten Anzeichen dafür.

Dein Einstiegsvertrag endet zum Saisonende. Werden schon Verhandlungen geführt, nachdem die Unterschrift unter einen neuen Vertrag seit Juli 2023 bereits möglich gewesen wäre?

Es stimmt, dass es schon passiert sein könnte. (GM) Steve (Yzerman) kam mal auf mich zu und fragte, ob wir während der Saison verhandeln wollen, aber seitdem ist nichts mehr passiert, weil ich erst die Saison zu Ende spielen wollte. Es war mir sehr wichtig, mich nicht davon ablenken zu lassen von irgendwelchen Spekulationen und irgendwelchen Zahlen und geschrieben wird, das ist viel zu wenig und der Klub denkt, das ist viel zu viel. Darum haben wir das in den Sommer geschoben. Da ist genug Zeit dafür. Ich bin überzeugt, wir werden eine gute Lösung für beide Seiten finden. Alle wissen, dass Detroit viel an mir hat und ich fühle mich in Detroit sehr wohl. Ich gehe davon aus, dass wir uns schnell und entspannt einig werden und es rechtzeitig zur neuen Saison einen passenden Vertrag zwischen mir und den Red Wings geben wird.

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Dein Agent bei den Verhandlungen wird Claude Lemieux sein, der sich in den 90er-Jahren als Spieler der Colorado Avalanche erbitterte Kämpfe mit den von Yzerman angeführten Red Wings geliefert hat. Wie wird sich das auf den Verhandlungstisch auswirken?

(lacht) Stimmt, er arbeitet für meine Agentur. Ich glaube, die beiden kommen mittlerweile gut miteinander klar und verstehen sich sogar sehr gut. Beide sind hervorragende Geschäftsmänner und relativ entspannt. Claude macht sogar Signings mit Darren McCarty, die damals ordentlich gegeneinander gefightet haben. Alte Nicklichkeiten spielen dabei keine Rolle mehr. Alles böse Blut ist beiseitegelegt. Am Ende geht es nur um das Geschäft und ich bin happy, wenn der Vertrag dann auf dem Tisch liegt.

Die Nummer von Chris Chelios wurde vor zwei Wochen in Chicago retired und du warst hautnah als Gegner dabei. Chelios ist auch eine Verteidiger-Legende der Red Wings. Wie war das für dich, so etwas mitzuerleben?

Es war für mich das erste Mal und ich würde sagen, dass es in meinen Top-3-Momenten im Eishockey aufgenommen wird. Die Stimmung, als der Banner mit der Nummer 7 unter das Hallendach gezogen wurde, war phänomenal. Dazu kam die Tatsache, dass Patrick Kane mit uns erstmals nach Chicago zurückkommt. Ich habe mich gefühlt wie in einem Film, in dem ich live mitspiele. Wie es der Zufall so will, schießt der Kane auch noch unser Siegtor in der Verlängerung. Es war wie das beste Drehbuch. Chris Chelios hat es uns auch nicht leicht gemacht, denn die Fans waren sich ziemlich einig, wo er hingehören würde, nämlich nicht nach Detroit, sondern nach Chicago und das haben die Fans uns spüren lassen.

Abschließend die Frage zur Trade Deadline am kommenden Freitag: Du wirst hoffentlich und sehr wahrscheinlich kaum persönlich betroffen sein, aber es heißt auch immer, dass es Veränderungen im Team geben kann und Mitspieler, mit denen man befreundet ist oder sich gut versteht, plötzlich gehen müssen. Wie siehst du dieses Datum?

Es ist einfach so eine Hassliebe, die man dazu entwickelt. Im ersten Jahr hat es mich ziemlich hart getroffen, als mein Verteidiger-Kollege und sehr guter Freund Nick Leddy, der mir sehr viel beigebracht hat und mit dem ich sehr viel Zeit außerhalb vom Eishockey verbracht habe, gehen musste. Dass so einer dann am nächsten Tag einfach nicht mehr neben einem in der Kabine sitzt, das war so eine richtig harte Pille. Ich war schon ein bisschen besser vorbereitet, als im vergangenen Jahr Tyler Bertuzzi und Filip Hronek gingen. Auch sie sind zwei Freunde, mit denen ich viel Zeit verbracht habe. Das trifft einen dann schon immer. Es ist wirklich nicht einfach, das zu überspielen, weil am Ende des Tages sind wir auch nur Menschen und können unsere Gefühle nicht kaltstellen. Der Stachel sitzt schon für ein paar Tage tief. Ich weiß allerdings nicht, was dieses Jahr bei uns zu erwarten ist, weil mir unser Team so gefällt, wie es ist. Die Entscheidung muss natürlich Steve treffen, ob wir seiner Meinung nach Bedarf haben. Er wird das sicher machen. Ich bin glücklich, so wie es ist, aber Mitspracherecht habe ich keines. Insofern werde ich mich entspannt zurücklehnen und hoffe nur, dass mein Name nirgends auftaucht (lacht). Dann wird dieser Tag auch wieder vorübergehen.

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