Josi präsentiert sich von einer neuen Seite
Person of Interest: Der Kapitän der Predators zügelt seinen Drang nach vorne zugunsten der Defensivarbeit
von Axel Jeroma / NHL.com/de Autor
In der Rubrik "Person of Interest" widmet NHL.com/de jeden Dienstag einem Spieler oder einer anderen Persönlichkeit aus der NHL-Familie eine Story abseits des aktuellen Tagesgeschehens.
In dieser Ausgabe: Roman Josi (Nashville Predators)
Seit Jahren zählt Roman Josi von den Nashville Predators zu den besten Offensivverteidigern in der NHL. Doch zu Beginn der Saison 2018/19 präsentierte er sich von einer bis dato eher unbekannten Seite. Der Berner zügelte seinen gewohnten Drang nach vorne und konzentrierte sich stattdessen weit mehr als sonst auf die Defensivarbeit. Er legte viel Wert auf ein solides Stellungsspiel in der eigenen Zone und ging keinem Zweikampf aus dem Weg. Die Umstellung war die Konsequenz aus der wohl größten sportlichen Enttäuschung seiner Laufbahn, dem Aus in der zweiten Runde der Stanley Cup Playoffs 2018 gegen die Winnipeg Jets.
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Nach der Niederlage in der Best-of-Seven-Serie war Kritik am Abwehrverhalten der Predators laut geworden, die auch vor Kapitän Josi nicht halt machte. In den sieben Begegnungen gegen die Jets musste Nashville 27 Gegentreffer hinnehmen. Der Schweizer beendete die Serie mit einer mäßigen Plus-Minus-Bilanz von -4 und lediglich zwei Assists.
Bereits in der Preseason deutete sich das an, was die Zuschauer in der Anfangsphase der laufenden Spielzeit von ihm zu sehen bekamen. Auf die Frage, was sich die Defensivabteilung der Predators vorgenommen habe, antwortete Josi im September klipp und klar: "Gut verteidigen. Das ist unser Job." Dieser Verpflichtung kam er mit der von ihm gewohnten Akribie nach. Die Mannschaft profitierte von der veränderten Ausrichtung. Nach 24 Partien stellten die Predators mit 58 Gegentoren die erfolgreichste Abwehr der Liga.
Video: NSH@DAL: Josi gleicht Spiel spät im Powerplay aus
Für Josi hatte die neue Prioritätensetzung zunächst Konsequenzen hinsichtlich seiner persönlichen Scorerwerte. Die fielen im Vergleich zu den Vorjahren geringer aus. In den zwölf Begegnungen im Oktober verbuchte er sechs Punkte (zwei Tore, vier Vorlagen). Zuletzt erlebte das Publikum den Spielführer jedoch wieder deutlich angriffslustiger. In den 13 Partien zwischen 1. und 27. November besserte er seine Scorerbilanz mit weiteren drei Treffern und neun Assists auf nunmehr 18 Zähler aus. Er ist damit Nashvilles punktbester Verteidiger. In der teaminternen Scorerwertung belegt er hinter den beiden Angreifern Filip Forsberg (22 Punkte) und Ryan Johansen (21) den dritten Platz.
Vieles deutet im Moment darauf hin, dass Josi am Ende der regulären Saison zum vierten Mal seit seinem NHL-Debüt 2011/12 bei den Predators die 50-Punkte-Marke übertrifft. Seine persönliche Bestleistung steht bei 61 Zählern aus der Saison 2016/17. Damit schrammte er nur einen Punkt an der Egalisierung des Schweizer Rekords vorbei, den sein Landsmann Mark Streit 2007/08 aufgestellt hatte. Insgesamt stehen für Josi 310 Punkte (83 Tore, 227 Vorlagen) nach 506 Einsätzen in der Hauptrunde zu Buche.
Unangefochten an der Spitze rangiert der 28-Jährige bei der durchschnittlichen Eiszeit aller Predators-Feldspieler. Deutlich mehr als 25 Minuten ist er in dieser Saison seiner Arbeit nachgegangen. Solche Dimensionen sind für ihn weder etwas Außergewöhnliches noch stellen sie eine besondere Belastung dar. "Wenn man viel spielt, gewöhnt man sich daran. Das ist fast wie ein zusätzliches Training", sagte er vor einiger Zeit im Gespräch mit NHL.com/de über seine lange Präsenz auf dem Eis.
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Was den weiteren Saisonverlauf betrifft, äußerte sich Josi zuversichtlich. Er sieht die Predators als stark genug an, um im Titelkampf ein ernstes Wörtchen mitreden zu können. Die Mannschaft verfüge über viel Selbstvertrauen und einen tiefen Kader. "Immer, wenn Leute ausfallen, gibt es andere, die für sie in die Bresche springen. Das ist großartig für uns und bedeutet einen gewaltigen Unterschied im Vergleich zu anderen Teams. Die Jungs, die zuletzt reingekommen sind, haben ihre Sache großartig gemacht", betonte er. Konkret vor Augen hatte Josi mit dieser Aussage seinen Mannschaftskameraden Austin Watson. Der Vertreter des verletzten Viktor Arvidsson hatte am Sonntag beim 5:2 gegen die Anaheim Ducks seinen ersten Hattrick erzielt. Josi war daran mit zwei Zuspielen beteiligt.
Video: BOS@NSH: Josi lässt Verteidigung stehen und trifft
Nach etwas mehr als einem Viertel der Hauptrunde liegen die Predators auf Platz 1 in der Central Division und damit klar auf Playoff-Kurs. Ein Selbstläufer wird die Saison dennoch nicht, dessen ist sich Josi bewusst. "Wichtig ist, dass wir aus schlechten Spielen, die nicht ausbleiben werden, die richtigen Konsequenzen ziehen und die Fehler im folgenden Match korrigieren", betonte er.
Bis zum 3. Dezember stehen für die Predators ausschließlich Heimspiele auf dem Programm. Für die Predators ein unzweifelhafter Vorteil. 9 von 13 Partien in der Bridgestone Arena entschieden sie in dieser Runde für sich. Die lautstarken Anhänger sieht Josi als wichtigen Faktor. "Es ist unglaublich, wie die Fans in Nashville uns pushen", lobte er gegenüber NHL.com/de. Das Publikum wiederum dürfte sich gefreut haben, den Kapitän zu Saisonbeginn von einer unbekannten, aber nicht minder erfolgreicheren Seite kennengelernt zu haben.