lehtinen_finland_jul18

NHL-Spieler werden im Februar an den Olympischen Winterspielen Milano Cortina 2026 teilnehmen. Damit stehen seit 2014 erstmals wieder die besten Spieler der Welt auf der olympischen Bühne. Bis zum Turnier wirft NHL.com/de jeden Mittwoch einen Blick auf die Ereignisse rund um die NHL, die sich auf die Olympischen Winterspiele Milano Cortina 2026 auswirken könnten.

In dieser Ausgabe: Finnlands GM Jere Lehtinen versprüht Ehrgeiz

Auch nach seiner aktiven Karriere bleibt Jere Lehtinen ein fester Bestandteil des finnischen Eishockeys. Der frühere NHL-Stürmer, Olympiamedaillen-Gewinner und dreifache Selke Trophy-Sieger trägt seit 2014 als General Manager des finnischen Nationalteams Verantwortung – und empfindet diese Rolle als ebenso fordernd wie seine Jahre auf dem Eis. „Es ist schwer, dort oben auf der Tribüne zu sitzen, weil man nicht viel ausrichten kann“, sagt Lehtinen über seine heutige Perspektive. „Als Spieler hat man direkten Einfluss, es ist intensiv. Jetzt ist es anders, aber der Wettbewerbsgeist ist derselbe.“

Vom Defensivkünstler zum Architekten des Nationalteams

Der 51-Jährige gehört zu den größten finnischen Eishockeyspielern aller Zeiten. In 875 NHL-Partien für die Dallas Stars erzielte er 514 Punkte (243 Tore, 271 Assists) und galt als Inbegriff des defensivstarken Flügelspielers. Dreimal gewann er die Selke Trophy als bester Defensivstürmer der Liga – eine Seltenheit für europäische Exporte. Noch legendärer ist seine internationale Karriere: vier olympische Medaillen, Silber 2006 in Turin sowie Bronze 1994 in Lillehammer, 1998 in Nagano und 2010 in Vancouver.

Seit über einem Jahrzehnt prägt Lehtinen nun Finnlands Nationalmannschaft aus der Management-Perspektive. Seine nächste große Aufgabe: die Zusammenstellung des Kaders für die Olympischen Winterspiele Milano Cortina 2026. Nach zwölf Jahren Pause werden dort erstmals wieder NHL-Spieler teilnehmen – ein Umstand, der für zusätzliche Spannung sorgt.

DAL Jere Lehtinen

Die Faszination Olympia

Lehtinen, der bereits das finnische Gold-Team bei den Spielen 2022 in Peking betreute, sieht dem Turnier mit großer Vorfreude entgegen. „Es ist etwas ganz Besonderes, bei Olympia dabei zu sein“, betont er. „Als Kind sieht man die Spiele im Fernsehen und träumt davon, eines Tages selbst dort zu stehen. Und wenn man dann als Spieler oder Manager Teil davon ist, begreift man, wie einzigartig dieses Erlebnis wirklich ist.“

Das finnische Team für 2026 soll erneut eine Mischung aus Erfahrung, Disziplin und kollektivem Spirit verkörpern. In den vorläufigen Kader berief Lehtinen im Juni bereits einige Superstars: Sebastian Aho (Carolina Hurricanes), Aleksander Barkov (Florida Panthers), Mikko Rantanen (Dallas Stars), Miro Heiskanen (Dallas Stars), Esa Lindell (Dallas Stars) und Juuse Saros (Nashville Predators). „Wir haben eine starke Gruppe“, meint Lehtinen. „Wenn wir zusammenhalten und unser Spiel spielen, sind wir schwer zu schlagen.“

„Teamgeist ist unsere Identität“

Dass Lehtinen den finnischen Teamgeist als entscheidenden Faktor ansieht, überrascht nicht. Schon als Spieler stand für ihn das Kollektiv über allem – ein Grund, warum Finnland über Jahrzehnte zu den konstantesten Nationen im internationalen Eishockey zählt.

„Wir müssen defensiv stabil sein, aber gleichzeitig haben wir viele Spieler mit großem Offensivtalent“, erklärt er. „Wichtig ist, dass wir als Team funktionieren und füreinander kämpfen. Das ist unsere Identität.“

Seine Olympiahistorie zeigt, wie eng Erfolg und Enttäuschung beieinanderliegen. „Natürlich lernt man aus Niederlagen“, sagt er. „2006 in Turin war das vielleicht die größte Enttäuschung meiner Karriere – wir haben das ganze Turnier über hervorragend gespielt und am Ende trotzdem verloren. Aber man lernt daraus, wie man mit solchen Momenten umgeht und beim nächsten Mal besser vorbereitet ist.“

Einer seiner prägendsten Momente war die Bronzemedaille bei seinen ersten Spielen 1994 in Lillehammer. „Ich war damals noch ein junger Bursche. Es war mein erstes Olympiaerlebnis, und gleich eine Medaille zu gewinnen, war unvergesslich. Das war der Moment, in dem ich verstand, was die Olympischen Spiele wirklich bedeuten.“

Lehren aus dem 4 Nations Face-Off

Im Vorfeld der Spiele in Italien blickte Lehtinen auch noch einmal auf das 4 Nations Face-Off zurück, das Anfang des Jahres erstmals wieder die besten Spieler der Welt in Nationalmannschaftstrikots vereinte. „Wir haben gesehen, wie hoch das Niveau ist, wenn die Besten gegeneinander spielen. Es war großartig, dieses Format wiederzusehen. Für uns war das ein Lernprozess – wir konnten sehen, wie unsere Spieler miteinander harmonieren und wo wir uns noch verbessern müssen.“

Lankinen klasse Save führt zu Granlunds Siegtor

Lehtinen betonte in diesem Zusammenhang, dass die Beobachtung der Spieler über viele Wettbewerbe hinweg entscheidend sei – von den Stanley Cup Playoffs über die IIHF Weltmeisterschaft bis hin zu den ersten Monaten der Saison 2025/26. „Man muss alles zusammen betrachten. Wie sie mit Druck umgehen, wie sie sich in eine Gruppe einfügen. Wir haben viele großartige Spieler, aber die Kunst besteht darin, sie in die richtige Formation zu bringen.“

Chancen auch für Spieler in Europa

Auch finnische Profis außerhalb der NHL haben eine realistische Chance, sich ins Aufgebot zu spielen. „Das ist ein weiterer Vorteil der Olympischen Spiele“, meint Lehtinen. „Wir haben viele gute Spieler in Europa, und sie haben dort die Möglichkeit, sich zu zeigen. Das gibt ihnen zusätzlichen Antrieb.“

Der ewige Wettbewerber

Wenn Lehtinen über seine vier bisherigen Olympiateilnahmen spricht, schwingt ein spürbarer Stolz mit - aber auch Dankbarkeit: „Ich habe das Glück, so viele dieser Turniere erlebt zu haben, als Spieler und jetzt als Manager. Man weiß nie, ob man noch einmal die Gelegenheit bekommt. Deshalb genieße ich jedes einzelne.“

Eines ist sicher: Wenn Finnland im Februar 2026 bei den Olympischen Winterspielen Milano Cortina 2026 beim Eishockeyturnier der Männer um Gold kämpft, wird Jere Lehtinen erneut diesen vertrauten Druck verspüren - jenen, den er einst auf dem Eis fühlte. Nur dass er heute, statt Schüsse zu blocken oder Gegenspieler zu decken, auf Höhe der Tribüne mitfiebert. Der Wettbewerbsgeist ist geblieben - nur die Perspektive hat sich verändert.

Verwandte Inhalte