Loyalität von Lundqvist zahlt sich aus
Der Torhüter der New York Rangers wurde mit wiedererstarktem Kader samt Playoff-Hoffnungen belohnt
von NHL.com/de @NHLde
NHL.com/de hat sich im Rahmen der European und North American Player Media Tours mit einigen der besten Spieler aus der NHL zu längeren Gesprächen getroffen. Mit diesen Exklusivinterviews werden wir euch im September auf die bevorstehende Saison 2019/20 einstimmen.
In dieser Ausgabe Henrik Lundqvist von den New York Rangers.
Wie hat dir der Sommer aus Sicht der Rangers gefallen?
Er war aufregend mitzuerleben. Natürlich ist es noch früh, doch ich freue mich auf die Saison und hoffe, dass wir einige Schritte in die richtige Richtung machen werden. Nach einer Runde wie der vorherigen, in der wir die Playoffs verpasst haben, braucht man einfach mal etwas Abstand, muss etwas durchpusten und neue Energien finden. Irgendwann fängt man dann wieder an, sich mit der kommenden Saison zu beschäftigen. Mitte Juni wusste ich, dass die nächsten Tage bis Mitte Juli sehr wichtig werden würden, darüber entscheiden könnten, in welche Richtung wir uns entwickeln werden. Ich denke, dass unser Management einen tollen Job gemacht hat. Natürlich muss man auch etwas Glück bei der Draft Lotterie haben. Wir hatten es, wie es aussieht. Ich freue mich auf Kaapo Kakko und die anderen Neuen wie Jacob Trouba und Artemi Panarin. Wir brauchten diesen Push nach der Pause und den Erlebnissen der letzten Monate, in denen wir einige Jungs verloren haben. Für mich als erfahrenen Spieler waren die letzten eineinhalb Jahre schwer. Es hat mich mehr belastet als ich erwartet habe. Andererseits machten wir zuletzt auch gute Fortschritte, was mich sehr gefreut hat.
Wie sehr hat es dich geschmerzt Teamkameraden wie Mats Zuccarello gehen zu sehen?
Es waren in den vergangenen zwei Spielzeiten so viele Jungs, die den Klub verlassen haben, die ich wirklich gut kannte und die wichtig für das Team waren. Wir hatten ein tolles Team, haben uns menschlich gut verstanden. Aber ich denke, mit so etwas muss man rechnen, wenn man 14 Jahre in einem Klub ist. Das macht es nicht einfacher, bei der schönen Zeit die wir zusammen hatten. Es tat weh, sie alle gehen zu sehen. Aber das ist wohl ein Teil des Geschäfts. Da tut einem ein Sommer wie dieser natürlich gut. Jetzt haben wir einige neue, aufregende Spieler hinzubekommen, werden etwas Neues schaffen.
Wie intensiv hast du den ersten Tag der Free Agency verfolgt, wo es doch immer so viele Spekulationen gibt, wer am Ende wo einen Vertrag unterschreibt?
Da hält man natürlich immer die Augen offen, das ist klar. Ich war noch mitten im Urlaubsmodus in Schweden, aber, wie ich schon sagte, die Phase von Mitte Juni bis Mitte Juli, da hatte ich schon so ein Gefühl. Für mich war das wichtig, weil es entscheidend war, wie es mit uns weiter geht. Ich habe im Vorjahr auch noch einmal gespürt, wie wichtig Siege für mich sind. Erfolg macht mich immer besonders glücklich. Und die getroffenen Entscheidungen verbessern unsere Aussichten auf sportliche Erfolge.
Fühlst du dich durch diese Verpflichtungen auch für deine Loyalität zum Klub während des Umbruchs belohnt, wo es doch ständig so viele Spekulationen über deine Zukunft gab?
Das Ganze ist eine langfristige Sache für die Organisation. Das hat mit meinen Plänen nichts zu tun. Ich bin da nur ein Puzzlestück. Aber natürlich habe ich mich darüber gefreut, wie das alles ablief. Als die Idee eines Neuaufbaus vor ein paar Jahren aufkam, da habe ich keine Sekunde lang darüber nachgedacht ob ich das Team wechsle, oder ob ich besser bleiben solle. Ich habe mich immer hier gesehen und das Ganze als Chance begriffen. Jetzt, da ich Fortschritte erkennen kann, bin ich natürlich erfreut und aufgeregt.
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Was bedeutet New York für dich privat und auch beruflich?
Die Stadt bedeutet mir alles. Ich habe fast mein gesamtes Leben als Erwachsener in New York verbracht. Es ist mein Zuhause. Meine Kinder werden hier groß, sie gehen hier zur Schule. Drei Monate im Jahr bin ich in Schweden. Hierher zurückzukommen ist immer eine tolle Sache. Ich freue mich immer wieder hier zu sein. Ich liebe die Stadt und mein Leben hier. Die Organisation, den Trainingsbetrieb und die Leute die man beim Training trifft. Sie alle haben mir über lange Zeit hinweg geholfen, das Leben zu leben, das ich liebe. Und deshalb wollte ich auch hier bleiben und will es, so lange es geht. Ich bin gerne ein New Yorker und ein New York Ranger.
Und es ist auch viel einfacher zu den US Open zu gehen, wenn man schon in New York ist...
Das ist für mich im Herbst sehr wichtig. Man kommt aus dem Sommerurlaub zurück, beginnt mit dem Training und kann sich ein paar Tennisspiele bei den US Open anschauen. Man trifft viele Leute, die man über den Sommer nicht gesehen hat. Das geht jetzt schon so seit 14 Jahren. Es ist eine tolle Stadt, ein tolles Turnier. Ich mag Tennis, wie man merkt. Ich bin gerne dort und schaue zu.
Kannst du glauben, dass du schon 14 Jahre in der NHL spielst? Fliegt die Zeit nicht geradezu davon?
Ja und nein. Das ist eine lange Zeit. An manchen Tagen kommt es mir so vor, als sei mein erstes Spiel schon ewig her, an anderen Tagen habe ich das Gefühl, das sei erst gestern gewesen. An Einiges erinnert man sich besser als an andere Dinge. Aber es war insgesamt bislang eine tolle Zeit.
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Verbringst du mehr Zeit, an früher zu denken oder schaust du mehr nach vorne?
Beides ist mir wichtig. Besonders im Sommer hänge ich vielen Gedanken nach. Wo stehst du gerade? Was hast du geschafft? Was erwartet dich noch? Wenn die Saison anfängt, dann konzentriert man sich in erster Linie darauf. Aber auch während der Saison hat man Momente, in denen man sich etwas zurücklehnt und darüber nachdenkt, was da gerade abläuft, man zurückdenkt und sich erinnert. Immer wenn man jemanden trifft, den man schon länger nicht gesehen hat, dann kommen Erinnerungen hoch. Manchmal reicht es schon, wenn ich an unserer Trainingshalle aus den Jahren 2011, 2012 oder 2013 vorbeilaufe, und sofort kommen einem die Erinnerungen hoch. Diese Zeit nimmt man sich dann.
Die Playoffs sind ja immer das Ziel, aber um wie viel ist für euch das Erreichen wahrscheinlicher geworden, durch die Veränderungen über den Sommer?
Diese Frage stellen wir uns gerade alle. Wir müssen uns als Gruppe zusammenfinden. Was ist realistisch? Welches Ziel setzen wir uns? Wie hoch darf es sein? Man braucht ein realistisches Maß an Druck, so dass man daran wachsen kann. Darüber müssen wir uns jetzt als Gruppe einigen, so dass sich alle damit wohl fühlen. Das wird ein interessantes Jahr, denke ich. Das gilt für die New Yorker Teams und die Liga insgesamt. Es ist viel möglich bei vielen Mannschaften. Es wird positive und negative Überraschungen geben.
Das hat man ja an den Blues im Vorjahr gesehen...
Ganz genau. Manchmal denkt man, man ist weit weg, obwohl man es gar nicht ist. Häufig reichen schon kleine Anpassungen und Korrekturen aus, um eine große Veränderung herbeizuführen. Das kann ganz schnell gehen.
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Bei all dem Gerede über neue Gesichter bei den Rangers, was sagst du zu Mika Zibanejad, der als Schlüsselspieler wieder mit dabei ist. Hat die vergangene Saison seine Stellung verändert?
Seine Entwicklung hat sich schon im Jahr davor angedeutet, aber im Vorjahr so richtig Schwung bekommen. Er ist ein wichtiger Teil unseres Teams geworden. Seine Stärke ist, dass er so vielseitig ist: defensiv, offensiv, Special Teams. Ich denke, er ist großartig und er hat sich zu einem Führungsspieler entwickelt. Er wird im kommenden Jahr sehr wichtig für uns sein, keine Frage.
Hattest du schon näheren Kontakt zu Panarin?
Ja, das hatte ich. Wir hatten schon einige Zeit zusammen verbracht. Er ist wie erwartet. Seine Klasse ist ja bekannt. Es macht Spaß, ihn tagtäglich bei der Arbeit zu sehen. Für uns ist es wichtig, dass unsere Top-Leute den vielen jungen Spielern im Kader als Vorbild dienen. Zum Glück haben wir ja auch einige Russen im Kader. Das wird helfen.
Die Devils gelten ebenfalls als extrem verstärkt vor der neuen Saison. Wie wird sich das auf die Rivalität mit den Rangers auswirken?
Es ist toll, wenn Teams Schlagzeilen rund um die Draft Picks und die Free Agent-Verpflichtungen schreiben. Sie werden ein starkes Team stellen, das ist klar. Die Fans beider Mannschaften haben Grund, sich auf die neue Runde zu freuen. Wir werden dann sehen, wie es sich entwickelt.
Auf was muss ein Liganeuling wie Kakko achten, wenn er auf seine erste Saison in New York zusteuert? Wie kann ein Veteran wie du einer bist ihm dabei helfen?
Er ist ein eher ruhiger und unaufgeregter Typ, wie es scheint. Das ist sicherlich hilfreich. Er hat schon hochklassig in Finnland gespielt, dort regelmäßig mit kräftigen Männern zu tun gehabt. Körperlich ist er also bereit. In New York gilt es für ihn den Fokus zu behalten. Es gibt so viele Ablenkungen hier. Besonders im ersten Jahr ist das eine Herausforderung. Alle Jungs im Team müssen sehen, dass unsere jungen Leute sich wohlfühlen. Es ist eine große Veränderung im Leben, wenn du von Schweden oder Finnland in eine Stadt wie New York kommst. Bisher macht er das prima, soweit ich das beurteilen kann.
Was erwartest du von dir im kommenden Jahr?
Ich möchte wieder konstant auf dem Level spielen, den ich zu Beginn der letzten Spielzeit hatte. Zu Saisonbeginn ist es immer mein Ziel mit dem Team am Ende mehr Siege eingefahren zu haben als im Vorjahr. Darauf lege ich den Schwerpunkt. Und natürlich möchte ich rückblickend mit meinen Leistungen zufrieden sein können. Ich weiß, dass ich grundsätzlich gut in Form bin und ich freue mich darauf, wenn es jetzt wieder losgeht. Hoffentlich kann ich eine gute Saison spielen.