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Die Vorfreude auf die IIHF U20 Junioren-Weltmeisterschaft 2020 war unter den deutschen Fans deutlich größer als die Erwartungen. Erstmals nach vier Jahren in der Zweitklassigkeit durfte man wieder im Konzert der großen Eishockeynationen mitspielen, allerdings war klar, dass man wohl nicht die erste Geige spielen würde. Oder die zweite. Vielleicht die Triangel. Nach den ersten beiden Spielen der deutschen Mannschaft kann man jedoch nur über die Leistung des Nachwuchses staunen.

In einer extrem schwierigen Gruppe, in der die Gegner Kanada, USA, Russland und der Gastgeber Tschechische Republik sind, schockten die Deutschen die namhafte Konkurrenz mit einer starken Auftaktleistung gegen die USA, die zwar in einer 6:3-Niederlage endete, die Favoriten aus Übersee mit einer zweimaligen Führung für Deutschland aber zittern ließ.
Die Sensation holten die Schützlinge von Trainer Tobias Abstreiter im zweiten Spiel gegen Tschechien nach, als sie einen verdienten 4:3-Sieg einfuhren. Der Erfolg kam vor allem durch fünf junge Talente, die sich zurecht Hoffnungen auf eine Karriere in der NHL machen.
Moritz Seider, Domink Bokk, Tim Stützle, John-Jason Peterka und Lukas Reichel machen bei der WM Werbung in eigener Sache und dürften sicherlich die Aufmerksamkeit der NHL-Teams und Scouts auf sich gezogen haben. Bokk, Peterka und Reichel erzielten alle Tore der deutschen Mannschaft und sorgten gemeinsam mit Seider und Stützle für 16 von 20 Punkten im deutschen Team.
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Seider und Bokk sind den Experten in Nordamerika längst ein Begriff. Die St. Louis Blues wählten Bokk in der ersten Runde des NHL Draft 2018 an 25. Stelle. Im September gaben die Blues ihn an die Carolina Hurricanes ab, bisher kam er jedoch zu keinem NHL-Einsatz und ist für Rögle BK in der schwedischen SHL aktiv. Dort läuft die aktuelle Saison allerdings nicht wie erwartet und erhofft, denn in 23 Spielen kommt Bokk auf ein Tor und drei Assists.
In der vorherigen Saison erzielte er für die Växjö Lakers in 47 Einsätzen 23 Punkte (acht Tore, 15 Assists). Bei der U20-WM ist er nicht nur ein absoluter Führungsspieler, mit fünf Punkten und drei Toren liegt er unter allen Spielern des Turniers auf Platz zwei der Scorerliste und Platz eins unter den Torjägern.
Verteidiger Seider sorgte im vergangenen Sommer mit seiner Wahl als sechster Spieler des NHL Draft 2019 durch die Detroit Red Wings für Aufsehen. Er wartet ebenso wie Bokk auf sein erstes NHL-Spiel und läuft für die Grand Rapids Griffins in der American Hockey League auf. In 28 AHL-Spielen erzielte er zwölf Punkte (ein Tor, elf Assists). Im laufenden Turnier ist er mit vier Assists der zweitbeste Vorbereiter und trägt als Kapitän das C auf der Brust.
Neben Bokk und Seider, die mit dem Draft bereits einen großen Schritt in Richtung NHL geschafft haben, begeistert ein Trio von 17-jährigen Stürmern die Fans, das bereits aus der DEL bekannt ist. Tim Stützle von den Adlern Mannheim, John-Jason Peterka vom EHC Red Bull München und Lukas Reichel von den Eisbären Berlin könnten im kommenden Draft in die Fußstapfen von Seider und Bokk treten.

Reichel wurde als Sohn von Ex-Nationalspieler Martin Reichel und Neffe der tschechischen Eishockey-Legende Robert Reichel das Talent in die Wiege gelegt. Er ist bei den Eisbären bereits Stammspieler und einer der Leistungsträger des Teams. In 24 Spielen erzielte er 15 Punkte (acht Tore, sieben Assists). Gegen die USA bereitete er die 3:2-Führung durch Bokk vor, gegen Tschechien eröffnete er das Spiel nach 101 Sekunden mit dem 1:0 im Powerplay.
Peterka teilt sich mit Bokk die Position als bester Torjäger. Er erzielte die ersten beiden Tore gegen die USA im Powerplay und erhöhte im zweiten Spiel nach Reichels Tor auf 2:0. Genau wie Reichel bei den Eisbären, gehört er in München zur Stammbesetzung. In 25 Spielen sammelte er neun Punkte (fünf Tore, vier Assists).
Im Ranking des NHL Central Scouting werden die beiden als Kandidaten für die zweite bis dritte Runde im Draft gehandelt, machen sie bei der WM jedoch so weiter, dürften sie sich in der Liste allerdings noch weiter nach vorne arbeiten.

Stützle gilt als das größte Talent, das das deutsche Eishockey zu bieten hat. Beim Meister aus Mannheim verbuchte er in 25 Spielen 23 Punkte (fünf Tore, 18 Assists). In der Nationalmannschaft fungiert er mit zwei Vorlagen als Spielmacher in einem brandgefährlichen Duo mit Peterka. Die Tschechen frustrierte er mit seiner starken Technik so sehr, dass sie reihenweise Strafen wegen regelwidriger und harter Aktionen gegen ihn kassierten und ihn trotzdem nicht stoppen konnten. Bereits vor seinem Auftritt mit der Nationalmannschaft galt er als Kandidat für die erste Runde im kommenden Draft, eine Einschätzung, die er bestätigen konnte.
Diese fünf Spieler sind die Speerspitze einer starken deutschen Auswahl, die die Eishockeywelt in den ersten beiden Spielen der WM überraschte und in jeder Spielminute mit aufregendem und kreativem Offensiv-Eishockey Lust auf mehr macht. In den nächsten Jahren dürfen sich deutsche Fans voraussichtlich auf eine stärkere Vertretung in der NHL und weiterhin wachsende Qualität in der Nationalmannschaft freuen. Mit den nachrückenden Talenten und bereits etablierten jungen Spielern wie Dominik Kahun und Leon Draisaitl sieht die Zukunft des deutschen Eishockeys äußerst rosig aus und man wird fast dazu verführt davon zu träumen, zu welchen Leistungen die Nationalmannschaft in den kommenden Jahren fähig sein könnte.
Das vor Jahren vom DEB ins Leben gerufene Powerplay 2026 wurde mit dem Ziel ab diesem Zeitpunkt bei Weltmeisterschaften und Olympia um Medaillen mitzuspielen, insgeheim etwas belächelt, doch der von Präsident Franz Reindl und seinen Mitarbeitern eingeschlagene Weg scheint zu fruchten.
Die Spiele vom Sonntag:
Finnland feiert nächsten Kantersieg gegen Kasachstan
Die finnische Auswahl wurde ihrem Favoritenstatus als Titelverteidiger am Sonntagnachmittag mit einem 7:1-Sieg gegen Kasachstan gerecht.

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Im ersten Drittel gingen die Löwen aus dem hohen Norden wie erwartet durch Patrik Puistola in Führung, allerdings überraschten die Kasachen dank Andrei Buyalski wie bereits gegen die Slowakei mit dem Ausgleich. Kristian Tanus verschaffte den Finnen noch im ersten Drittel die erneute Führung und nach der Pause übernahmen die Favoriten das Spiel deutlich.
Matias Maccelli und Aatu Räty trafen im zweiten Drittel und Puistola, Mikko Kokkonen und Kim Nousiainen lieferten im Schlussabschnitt nach der Pflicht auch noch die Kür für Team Suomi.
USA holen gegen Russland wichtige Punkte
Die USA feierten am Sonntagabend einen 3:1-Sieg gegen Russland. In einem hart umkämpften und nicht immer fair geführten Duell setzten sich die Amerikaner durch drei Tore innerhalb von fünf Spielminuten durch.
Nach von Kampf und harten Checks geprägten, aber torlosen 36 Minuten leitete der in Usbekistan geborene Amerikaner Arthur Kaliyev den Erfolg seines Teams nach 36:41 Minuten im Powerplay ein. Vom anschließenden Bully an stürmten die USA erneut nach vorne und trafen nur sechs Sekunden später erneut durch Nicholas Robertsson.
Zu Beginn des Schlussabschnitts lieferte Kaliyev in der 42. Minute sein zweites Tor der Partie. Alexander Romanov verkürzte zwar wenig später auf 3:1, die Aufholjagd gelang den Russen jedoch nicht mehr.