Vorschau auf die erste Playoff-Runde im Osten
Lightning gehen als Favorit ins Rennen, ein Original Six-Duell und Capitals sowie Penguins gegen 'Playoff-Neulinge'
von Bernd Rösch / NHL.com/de Chefautor
Die Uhren werden wieder auf null gestellt, wenn am kommenden Mittwoch die Stanley Cup Playoffs 2019 beginnen. Mit der besten Bilanz ihrer Franchise-Geschichte begeben sich die Tampa Bay Lightning topgesetzt in den Kampf um den Stanley Cup. Die Washington Capitals gehen ihrer Mission Titelverteidigung gegen die Carolina Hurricanes nach, die Boston Bruins und Toronto Maple Leafs liefern sich ein Original-Six-Duell und die New York Islanders müssen gegen die Pittsburgh Penguins darauf hoffen, dass die Abwehr steht.
Tampa Bay Lightning (1. Atlantic, 128 Pkt.) - Columbus Blue Jackets (2. Wildcard, 98 Pkt.)
Zum ersten Mal treffen in den Playoffs die Tampa Bay Lightning und die Columbus Blue Jackets aufeinander. Für die Lightning ist es die elfte, für die Blue Jackets die fünfte Playoff-Teilnahme insgesamt und die dritte in Folge. Während Tampa Bay bereits fünfmal in einem Conference Finale stand, zweimal bis ins Stanley Cup Finale vordrang und sich 2004 den Cup holte, konnten die Blue Jackets noch keine Playoff-Serie für sich entscheiden
Wer so souverän die gesamte reguläre Saison über aufgetreten ist, dabei nur 16 von 82 Partien in der regulären Spielzeit verlor und 128 Punkte sammelte wie der Presidents' Trophy Gewinner, der geht auch als klarer Favorit in die Stanley Cup Playoffs. Wer wie die Lightning mit Rechtsaußen Nikita Kucherov den punktbesten Spieler der Saison und Art Ross Trophy Gewinner in seinen Reihen weiß, dem muss vor keinem Gegner bange sein und wer noch mit zwei weiteren Stürmern aufwarten kann, die die 40-Tore-Marke überschritten haben wie das Team von Coach Jon Cooper mit Kapitän Steven Stamkos und Center Brayden Point, ist nur schwer zu stoppen.
Video: TBL@BOS: Kucherov setzt Bestmarke mit 128 Punkten
Diese Mammutaufgabe bewerkstelligen, würden gerne die Blue Jackets. Auf Columbus' Torhüter Sergei Bobrovsky und seine Vorderleute wird erneut eine Menge Arbeit warten. Bei den drei Saison-Aufeinanderteffen mit dem Ligaprimus (8:2, 4:0, 5:1) kassierte Bobrovsky mit einer Fangquote von 76,0 Prozent zwölf Gegentore und für Backup Joonas Korpisalo (5 Gegentore, 78,3 Prozent) verliefen die 71 Minuten, die er gegen Tampa auf dem Eis stand, nur unwesentlich besser.
Etwas Hoffnung schöpfen, können die Blue Jackets wegen ihres starken Saisonendspurts mit nur einer Niederlage aus den letzten acht Partien und einer verbesserten Defensive, die dreimal kein und weitere fünfmal höchstens zwei Gegentore zuließ. Alles andere als ein klarer Sieg der Lightning wäre eine Riesenüberraschung, da sie in allen Mannschaftsteilen sowie bei den Special Teams diesem Erstrunden-Gegner überlegen sind.
Washington Capitals (1. Metropolitan, 104 Pkt.) - Carolina Hurricanes (1. Wildcard, 99 Pkt.)
Auch die Washington Capitals und die Carolina Hurricanes hatten es in den Playoffs noch nicht miteinander zu tun bekommen, auch nicht in der Zeit von 1979 bis 1997, während der die Hurricanes als Hartford Whalers in Connecticut beheimatet waren. Die Hurricanes qualifizierten sich zum ersten Mal seit 2009 für die Playoffs, in denen die Capitals seit 2008 ein Dauergast sind - nur 2014 verpasste Washington die Endrunde.
Sind die Capitals in der Saison 2018/19 wirklich nicht so stark wie im Vorjahr als sie den Stanley Cup gewannen? Der Eindruck trügt! Im Jahr ihrer Meisterschaft fuhren die Capitals nur einen Zähler mehr ein als in der vergangenen Spielzeit. Es ist auch nicht zu bemerken, dass ihre Leistungsträger in irgendeiner Weise erfolgsmüde wären. Kapitän Alex Ovechkin heimste als Torschützenkönig der Liga zum achten Mal die Maurice 'Rocket' Richard Trophy ein und Verteidiger John Carlson überbot mit 70 Punkten sogar seinen eindrucksvollen Karrierebestwert aus der Vorsaison um zwei Zähler. Die Capitals gehen mit einer erfolgsbewährten Truppe das Abenteuer Titelverteidigung an. 21 Spieler ihres aktuellen Kaders waren bereits 2018 mit an Bord.
Video: WSH@TBL: Ovechkin schießt 50 Tore zum achten Mal
Für den Großteil der Hurricanes-Spieler sind es die ersten Playoffs in der NHL. Nur elf Aktive verfügen bereits über Playoff-Erfahrung, über die meiste Rechtsaußen Justin Williams mit 140 Playoff-Partien. Williams stand bereits 2006, beim bisher einzigen Cup-Gewinn der Hurricanes, auf dem Eis. Mit den Los Angeles Kings holte er 2012 und 2014 weitere zweimal den Pokal. Carolinas beste Scorer sind mit Teuvo Teravainen und Sebastian Aho zwei junge finnische Stürmer. Als Punktegarant erwies sich auch Nino Niederreiter, der es in 36 Partien für die Hurricanes auf 14 Tore und 16 Assists brachte.
Sollten die Capitals vom ersten Spiel an voll konzentriert zu Werke gehen, dann dürfte es für die Hurricanes enorm schwer werden, etwas zu reißen. Alle vier regulären Saisonspiele gegen die Capitals hat Carolina verloren. Sollte den Hurricanes zumindest ein Auswärtserfolg in den ersten zwei Partien gelingen, könnte das bei ihnen zusätzliche Kräfte freisetzen. Und mit Williams haben sie ja 'Mr. Game 7' in ihren Reihen.
Boston Bruins (2. Atlantic, 107 Pkt.) - Toronto Maple Leafs (3. Atlantic, 100 Pkt.)
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Eishockeyherz was willst du mehr? Eine Original-Six-Serie in den Playoffs birgt immer für Zündstoff, vor allem, wenn noch eine Rechnung offen ist, wie im Falle der Toronto Maple Leafs. In den Playoffs des vergangenen Jahres lieferte sich die kanadische Traditionsfranchise in der ersten Runde eine packende Serie über sieben Spiele gegen die Boston Bruins und zog im entscheidenden Spiel 7 nach einem wilden Schlagabtausch mit 4:7 den Kürzeren. Gemeinsam bringen es die Kontrahenten auf 140 Playoff-Teilnahmen (Bosten 72, Toronto 68). In den vergangenen drei Jahren qualifizierten sich beide Teams jeweils für die Postseason.
Fünf Spieler der Bruins, Center Patrice Bergeron, Verteidiger Zdeno Chara, Center David Krejci, Linksaußen Brad Marchand und Tuukka Rask, waren bereits mit dabei, als Boston 2011 zum bisher letzten Mal den Stanley Cup gewinnen konnte. Bergeron, Krejci und Marchand punkten immer noch wie am Fließband und der 22-jährige tschechische Rechtsaußen David Pastrnak ist ihr bester Vollstrecker. Mit Rask und Jaroslav Halak verfügen die Bruins über zwei grundsolide Torhüter, die den schnellen Angreifern der Maple Leafs das Leben schwer machen werden.
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Die Maple Leafs sind im Vergleich zu den zwei letzten Jahren gereift, und sie haben im vergangenen Sommer mit John Tavares nicht nur einen der spielstärksten, sondern auch torgefährlichsten Center der Liga verpflichtet. Rechtsaußen Mitchell Marner und Center Auston Matthews haben wie Tavares die 70-Punkte-Marke überschritten und Verteidiger Morgan Rielly belegt mit seinen 72 Scorerpunkten ligaweit den dritten Platz unter den Bluelinern. Frederik Andersen ist Torontos Nummer 1 im Tor.
Erneut könnte der Heimvorteil der Bruins ausschlaggebend für den Ausgang dieser Serie sein. Im heimischen TD Garden verloren die Bruins nur neun von 41 Partien in der regulären Spielzeit. Die Maple Leafs sollten sich auch von der Strafbank fernhalten, denn mit einer Erfolgsquote von 25,9 Prozent sind die Bruins das drittbeste Team bei nummerischer Überlegenheit.
New York Islanders (2. Metropolitan, 103 Pkt.) - Pittsburgh Penguins (3. Metropolitan, 100 Pkt.)
Nach einer zweijährigen Playoff-Pause zogen die New York Islanders als Divisions-Zweiter souverän in die Playoffs ein, wo sie auf die Pittsburgh Penguins treffen werden, die sich zum 13 Mal in Folge für die KO-Runde qualifiziert haben. In den Playoffs begegneten sich die Divisions-Rivalen zuletzt im Conference-Viertelfinale 2013. Die Penguins entschieden dieses mit 4:2-Siegen für sich. In der Playoff-Gesamtbilanz liegen die Islanders mit 13-12-0 und 3:1-Seriensiegen (1975, 1982, 1993) vorne.
Coach Barry Trotz hat aus einer Mannschaft, die 2017/18 noch die meisten Tore kassiert hatte, ein Team geformt, das über die beste Abwehr der Liga verfügt. Thomas Greiss und Robin Lehner teilten sich die Aufgaben im Tor und nahmen sich dabei gegenseitig nichts. Beide Schlussleute befinden sich in einer überragenden Verfassung und wurden hierfür mit dem Gewinn der William M. Jennings Trophy belohnt. Ein Trumpf der Islanders ist, dass sie nur schwer auszurechnen sind. Sie haben nicht den Superstar in ihren Reihen, sondern sind in der Breite recht gut aufgestellt. Center Mathew Barzal hat als punktbester Stürmer der Islanders gerade einmal 68 Scorerpunkte auf seinem Konto und Linksaußen Anders Lee als ihr erfolgreichster Torschütze traf 28 Mal ins Schwarze.
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Die Penguins schossen sich seit März in Playoffform. Sie sammelten 26 Punkte in 19 Partien 11-4-4 und erzielten hierbei 54 Treffer. Im gleichen Zeitraum gaben sie die meisten Torschüsse (677) aller Teams ab. Angeführt von Kapitän Sidney Crosby gab es für die Penguins nur eine Richtung - die nach vorne. Das teaminterne Ranking führen allseits bekannte Namen an, die bereits mit den Penguins mindestens einmal den Cup gewinnen konnten: Crosby (100 Pkt., SC: 2009, 2016, 2017), Rechtsaußen Phil Kessel (82 Pkt., SC: 2016, 2017), Linksaußen Jake Guentzel (76 Pkt., SC: 2017), Center Evgeni Malkin (72 Pkt., SC: 2009, 2016, 2017) und Verteidiger Kris Letang (56 Pkt., SC: 2009, 2016, 2017).
Für die Penguins spricht einerseits, dass sie mit den Islanders in den vier Aufeinandertreffen der regulären Saison ganz gut zurechtkamen (2-1-1) und andererseits, dass sie über das hochkarätigere Sturmpotenzial verfügen, was vor allem ihrem Überzahlspiel (24,6 Prozent) zu Gute kommt. Auf die Penguins lastet allerdings auch mehr Druck als auf die Islanders, die schon jetzt deutlich mehr erreicht haben als von ihnen erwartet wurde.