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Als Philipp Grubauer in diesem Sommer sein Arbeitspapier bei den Washington Capitals verlängerte, steckte in den Konditionen sicherlich viel Kalkül seitens des Rosenheimers.
Wie Washingtons Senior Vizepräsident und General Manager Brian MacLellan am 6. Juli verkündete, unterschrieb Grubauer für ein Salär von 1,5 Millionen Dollar für eine weitere Saison bei dem Team, das ihn beim NHL Draft 2010 in der vierten Runde (Nummer 112) ausgewählt hatte.

Wie groß das Interesse anderer Clubs an Grubauers Diensten in diesem Sommer auch gewesen sein mag, der Preis, den Washington für den restricted Free Agent aufgerufen hätte, wäre nicht niedriger gewesen.
Die Capitals konnten in den vergangenen beiden Spielzeiten auf ein erstklassiges Torwartduo bauen, das ihnen zweimal in Folge zum Gewinn der Presidents' Trophys als punktbestes Team der NHL-Hauptrunde verhalf. Grubauer war ein wesentlicher Baustein des Erfolgs und sein Abgang hätte unzweifelhaft für ein tiefes Loch in der Hintermannschaft geführt.

Anstatt einen Wechsel zu forcieren, entschied sich Grubauer dazu, seinem bislang einzigen NHL-Klub, bei Verdopplung seines Gehalts, treu zu bleiben. Zumindest für ein Jahr.
Grubauer ist auf der Suche nach mehr Eiszeit, als er sie hinter Braden Holtby, dem Vezina Trophy Gewinner von 2017, erhielt und aller Wahrscheinlichkeit nach je erhalten wird. Mit bald 26 Jahren sieht er sich reif für höhere Aufgaben und möchte endlich mehr als 24 Saisonspiele absolvieren - wenn möglich in der Rolle als Nummer 1 eines NHL-Franchise.
Nach der Saison 2016/17, die für ihn persönlich die erfolgreichste NHL-Spielzeit seiner Karriere war, hatte Grubauer allen Grund zu Optimismus. In 24 Einsätzen für die Capitals, fuhr er 13 Siege ein, erreichte einen Gegentorschnitt von 2,04 sowie eine Fangquote von 92,6 Prozent. Drei Mal hielt er seinen Kasten gänzlich sauber.
Ligaweit konnte kaum ein Backup bessere Werte aufweisen als der Deutsche, der folglich in der Sommerpause als Top-Anwärter auf einen Posten als Stammtorhüter galt und dem plötzlich alle Türen offen schienen.
Nach seinen ersten sechs Einsätzen in der neuen Saison muss Grubauer aufpassen, dass sich diese Türen nicht wieder schließen. Mit der jüngsten 1:3-Niederlage gegen die Buffalo Sabres am Dienstag fiel Grubauers Zwischenbilanz auf 0-4-1.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin es [zensiert] leid, zu verlieren", erklärte sich ein sichtlich angeschlagener Grubauer nach der Partie. "Sie brachten früh in der Begegnung einige Scheiben aufs Tor. Alles was ich tun kann, ist es, mich um die Pucks zu kümmern, sie aufzuhalten und meinem Team die Chance zu geben, zu gewinnen."

Das ist ihm bislang noch nicht gelungen. Die Fangquote des sieglosen Capitals-Goalies Grubauer liegt auf einem erschreckenden Wert von 88,6 Prozent. Insgesamt ließ er 20 Tore (3,70 Gegentore pro Spiel) zu.
Grubauer setzte mit seiner Verlängerung um nur eine Saison alles auf eine Karte. Jetzt steht er gewaltig unter Zugzwang, diese so schnell wie möglich auszuspielen. Die NHL ist ein Haifischbecken und so fix man auch nach oben schwimmen kann, in die Tiefe gerissen werden, geschieht noch viel schneller.
So angefressen Grubauer zurzeit auch sein mag, es ist ein Lichtblick, dass alle seine vier Niederlagen nach regulärer Spielzeit bei Back-to-Back-Spielen passierten. Seine Vorderleute, die mit Holtby im Rücken großartige Ergebnisse einfahren, hatten womöglich schwere Beine und konnten an Grubauers Abenden nicht ihre gewohnte Leistung abrufen.
"Wir fühlen alle schrecklich mit ihm", erzählte Center Nicklas Backstrom nach der jüngsten Niederlage der Associated Press. "Wir wollten ihm unbedingt einen Sieg schenken, aber unglücklicherweise gelang uns das heute nicht. Aber wir werden ihm einen besorgen, weil er einen verdient. Er verdient Besseres."
Der deutsche Torhüter wird bei den Capitals weiterhin seine Chancen bekommen. Idealerweise schon vor dem 24./25. November, wenn Washington das nächste Mal an zwei aufeinanderfolgenden Abenden ran muss.