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Selbst in einem der größten Momente seiner Laufbahn blieb Leon Draisaitl sich und seiner unaufgeregten Art treu. Nachdem er die Edmonton Oilers am Donnerstag gegen die Dallas Stars in der fünften Minute mit einer sehenswerten Direktabnahme in Führung geschossen hatte, riss er nur kurz die Arme hoch, bedankte sich bei Vorlagengeber Connor McDavid und ging ohne viel Aufhebens zur Tagesordnung über. Dabei hatte der 23 Jahre alte Kölner gerade Historisches vollbracht und als erster deutscher NHL-Profi 100 Scorerpunkte innerhalb einer Hauptrunde gesammelt. Im zweiten Drittel revanchierte er sich für McDavids Zuarbeit beim Jubiläumspunkt und legte dessen Tor zum zwischenzeitlichen 2:0 auf.

Dass auch nach dem Match keine überschwängliche Freude bei Draisaitl aufkommen mochte, war dem weiteren Spielverlauf geschuldet. Die Oilers verpassten es, den Sack zuzumachen und mussten sich so den Stars am Ende mit 2:3 nach Penaltyschießen geschlagen geben. Damit erlitten sie in ihrem Bemühen, doch noch auf den Playoff-Zug aufzuspringen, einen herben Rückschlag.
"Für mich persönlich ist das zwar ein schöner Meilenstein, aber im Moment fällt es mir schwer, allzu glücklich darüber zu sein", sagte Draisaitl im Anschluss an die Begegnung. "Wir haben heute gut gespielt, konnten aber aus unseren vielen Chancen nicht genügend Kapital schlagen. Wenn uns das gelungen wäre, stünden wir mit großer Wahrscheinlichkeit als Sieger da. Denn wir waren über weite Strecken das bessere Team und hatten die Partie meiner Meinung nach unter Kontrolle", fuhr er in seiner Analyse fort.

DAL@EDM: Draisaitl erreicht erstmals 100 Punkte

Lobende Worte bekam der Rekordinhaber von seinem kongenialen Offensivpartner McDavid. "Ich freue mich ungemein für ihn. Er spielt einfach großartig", betonte der Kapitän. Mit ihm und Draisaitl gibt es zum ersten Mal seit der Saison 1988/89 wieder zwei Oilers-Spieler, die in einer Hauptrunde mindestens 100 Punkte gesammelt haben. Seinerzeit waren dies Jari Kurri (102) und Jimmy Carson (100). McDavid steht nach 73 Einsätzen bei 114 Zählern. Draisaitl hat nach 77 Auftritten nunmehr 101 Punkte auf dem Konto.
Draisaitl macht in dieser Spielzeit jedoch nicht nur als Scorer von sich reden, sondern auch als Torjäger. 47 Treffer sind für ihn bislang verzeichnet. Damit liegt er weiter aussichtsreich im Rennen um die Maurice Richard Trophy, die dem Torschützenkönig der regulären Saison überreicht wird. An der Spitze steht momentan Alex Ovechkin von den Washington Capitals, der 49 Mal ins Schwarze getroffen hat. Dass er die realistische Chance besitzt, dem siebenfachen Gewinner die Trophäe streitig zu machen, ist ein weiterer Beleg für Draisaitls Extraklasse.
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Der Oilers-Angreifer betreibt mit seinen grandiosen Vorstellungen nicht nur Werbung in eigener Sache, sondern für das gesamte deutsche Eishockey. Er hat gezeigt, dass es ein Talent aus Deutschland mit beharrlicher Arbeit in der NHL ganz nach oben schaffen kann. Damit ist er ein Vorbild für junge Spieler, die ebenfalls mit einem Sprung nach Übersee liebäugeln. Inzwischen hat es sich in der Branche herumgesprochen, dass es sich lohnt, in den deutschen Ligen nach Verstärkungen Ausschau zu halten. So wurden bei den laufenden Playoffs in der DEL mehrere Scouts aus Nordamerika gesichtet, die potentielle NHL-Kandidaten unter die Lupe nahmen.

DAL@EDM: McDavid durch die eigenen Beine zum Tor

Obwohl er die beste Saison seiner Karriere spielt, gibt es für Draisaitl einen Wermutstropfen: Die Stanley Cup Playoffs 2019 werden wohl ohne ihn stattfinden. Um den Einzug in die Endrunde doch noch zu schaffen, brauchen die Oilers ein mittleres Wunder. Sie dürfen sich in den fünf verbleibenden Spielen praktisch keine Niederlage mehr erlauben. Momentan fehlen Edmonton sechs Punkte auf die zweite Wildcard in der Western Conference.
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Der Blick auf die restlichen Gegner lässt die Mannschaft zumindest ein klein wenig auf eine Sensation hoffen. Am Samstag steht zunächst die Partie gegen die Anaheim Ducks, den Vorletzten im Westen, auf dem Spielplan. Mit den Calgary Flames, den San Jose Sharks und den Vegas Golden Knights geht es darüber hinaus gegen drei Kontrahenten aus der Pacific Division, die zum jetzigen Zeitpunkt sicher oder so gut wie sicher in den Playoffs stehen. Sie müssen daher gegen Edmonton nicht mehr alles in die Waagschale werfen. Mit den Colorado Avalanche treffen die Oilers außerdem im direkten Duell auf das Team, das im Moment die zweite Wildcard im Westen in Händen hält.