Nashville Predators defenseman Korbinian Holzer (22) is shown during the NHL game between the Nashville Predators and Dallas Stars, held on March 5, 2020, at Bridgestone Arena in Nashville, Tennessee. (Photo by Danny Murphy/Icon Sportswire via Getty Images)

In der Serie „Catching Up With…” spricht NHL.com/de regelmäßig mit ehemaligen NHL-Profis, die mittlerweile außerhalb von Nordamerika spielen oder sich vom aktiven Eishockey als Spieler zurückgezogen haben.

In dieser Ausgabe: Korbinian Holzer (Graz 99ers)

Seit zwei Jahren steht Korbinian Holzer bei den Graz 99ers in der ICE Hockey League unter Vertrag und führt das Team als Kapitän an. Der 37 Jahre alte Verteidiger hat eine interessante Vita. In seiner Karriere spielte er in der NHL für die Toronto Maple Leafs, die Anaheim Ducks und die Nashville Predators. Außerdem war er für die Toronto Marlies und die San Diego Gulls in der AHL, für Awtomobilist Jekaterinburg in der KHL sowie die DEG Metro Stars und die Adler Mannheim in der DEL aktiv.

Mit NHL.com/de unterhielt er sich über den besonderen Reiz der ICE Hockey League, den Stellenwert des Eishockeys in Graz, die besonderen Herausforderungen für kanadische NHL-Teams sowie die Höhepunkte seiner Zeit in Nordamerika und seines Jahres in Russland. Zum Schluss wagte er einen Blick in die Zukunft.

Wie zufrieden bist du mit dem bisherigen Saisonverlauf bei den 99ers?

Wir sind insgesamt als Team recht gut unterwegs. In der Liga geht es allerdings sehr eng zu. Das ist vergleichbar mit der DEL und der NHL. Man muss in jedem Spiel sein bestes Hockey zeigen, um zu punkten.

Die ICE Hockey League könnte man ja durchaus als Liga der ehemaligen k. u. k. Monarchie bezeichnen. Neben Mannschaften aus Österreich spielen Vertreter aus Ungarn, Slowenien und Italien, genauer gesagt Südtirol, mit. Macht das ihren speziellen Charme aus, dass man sich nicht nur im nationalen Umfeld bewegt?

Ja, absolut. Es ist spannend, wenn du an einem Tag gegen Fehervar aus Ungarn spielst und kurz darauf gegen Ljubljana aus Slowenien. Es ist interessant, im Ligaalltag ab und an mal in anderen Ländern unterwegs zu sein. Sonst würde man diesen Spielern nur begegnen, wenn man mit der Nationalmannschaft gegen sie antritt. Das macht die Liga sehr reizvoll, ganz klar.

Korbinian Holzer #5 of the Anaheim Ducks skates during an NHL game against the Buffalo Sabres on February 9, 2020 at KeyBank Center in Buffalo, New York. (Photo by Rob Marczynski/NHLI via Getty Images)

Welchen Stellenwert hat Eishockey in Graz? Die Stadt ist ja vor allem für ihre Fußballteams bekannt. Hat sie auch das Zeug zur Eishockey-Hochburg?

Hochburg wäre vielleicht ein wenig zu hoch gegriffen. Aber das Interesse ist groß. Man merkt das bei den Spielen. Sie sind mittlerweile fast immer ausverkauft. Die Stimmung ist sehr gut. Allgemein sind die Leute in Graz recht sportbegeistert. Wenn eine Mannschaft erfolgreiche Arbeit leistet, egal ob im Fußball oder in einer anderen Sportart, gehen sie gerne hin. Und jeder weiß, dass Eishockey vor allem live total cool ist. Man spürt, dass die Leute immer mehr dahinterstehen und uns super unterstützen. Von daher entwickelt sich die Stadt als Eishockey-Standort definitiv in die richtige Richtung.

Was habt ihr euch teamintern für diese Saison vorgenommen?

Das ausgegebene Minimalziel ist die Qualifikation für die Champions Hockey League. Und wir wollen besser abschneiden als letztes Jahr und in der Hauptrunde unter die Top 4 kommen, damit wir Heimrecht in den Playoffs haben. In der Endrunde ist alles möglich, wie man zu sagen pflegt. Im Idealfall würden wir selbstverständlich gerne ein Wörtchen mitreden, wenn es darum geht, wer Meister wird.

Du hast eine Saison in der KHL gespielt. Wie war die Zeit und wie ist das Niveau verglichen mit der NHL oder der DEL?

Ich hatte eine tolle Zeit in Russland. Jekaterinburg ist eine schöne Stadt und die Leute sind herzlich und gastfreundlich. Das Hockey dort hat extrem viel Spaß gemacht. Das Spiel hat ein paar ganz eigene Einflüsse. In Nordamerika weiß man meist, wie die Mannschaften spielen. Vieles ist identisch oder zumindest von der Grundidee ähnlich, was in erster Linie durch die kleinere Eisfläche bedingt ist. Das ist in Russland anders. Es gab sogar drei unterschiedliche Eisgrößen. St. Petersburg besaß zum Beispiel NHL-Ausmaße. Etwa 80 Prozent der Hallen hatten eine Hybrid-Größe, wie man sie aus Finnland kennt und dann gab die großen Flächen, wie sie in Deutschland oder Österreich üblich sind. Von daher war in Russland kein Spiel vom Ansatz her gleich. In der Vorbereitung auf einen Gegner musste man sich stets mit neuen Gegebenheiten vertraut machen. Man traf auf Mannschaften wie St. Petersburg, die sehr viel Wert auf Puckbesitz gelegt haben, andere waren vom Stil her eher nordamerikanisch geprägt, wiederum andere spielten in der Defensive extrem strukturiert. Das hat mit viel Spaß gemacht.

Wie intensiv verfolgst du das Geschehen in der NHL?

Ich schaue mir in der Früh die Highlights an. Die laufen meistens bei uns in der Kabine. Außerdem hat man ja mittlerweile über Social Media recht leicht Zugang, so dass man alles mitbekommt. Am meisten interessiert mich, was die Deutschen so machen, die drüben sind und wie es meinen ehemaligen Klubs Toronto, Anaheim und Nashville ergeht. Es ist interessant, wie sich die Liga Jahr für Jahr entwickelt. Aus Spielersicht schaut man besonders auf Trends, die sich ergeben haben und die man für sein eigenes Spiel übernehmen könnte.

Anaheim Ducks defenseman Korbinian Holzer (5) on the bench during the first period of the National Hockey League game between the New Jersey Devils and the Anaheim Ducks on December 18, 2019 at the Prudential Center in Newark, N J. (Photo by Rich Graessle/Icon Sportswire via Getty Images)

Was waren deine Höhepunkte in der Zeit in Nordamerika?

Auf jeden Fall mein erstes NHL-Spiel, ganz klar. Das steht über allem. Da hat man das erste Mal einen Geschmack bekommen, was es bedeutet, in dieser Liga zu sein. Damit ist für mich ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. In Toronto war das ganze Drumherum etwas Spezielles. Die Partie war noch dazu ein so genanntes Hall-of-Fame-Spiel, vor dem Spieler in die Ruhmeshalle aufgenommen wurden. Ich habe das Trikot von damals, den Spielbericht und den Spielpuck noch zu Hause. Damit sind bleibende Erinnerungen verbunden. An die Zeit in Anaheim denke ich ebenfalls gerne zurück. In der AHL stand ich mit Toronto sogar einmal im Finale, da hatten wir eine unheimlich starke Mannschaft. Das war genauso ein unvergesslicher Moment.

Warum tun sich die kanadischen Traditionsklubs seit Jahrzehnten so schwer mit einem Triumph im Stanley Cup? Sind es der Druck oder die Erwartung von außen?

Es ist schwierig, einen bestimmten Grund herauszupicken. Edmonton war in den letzten zwei Jahren ja nahe dran. Es sind manchmal nur Nuancen, die auf diesem Level den Ausschlag geben. Ich glaube, dass der Druck gar nicht mal die entscheidende Rolle spielt. Den haben beide Teams, die in einem Stanley Cup Finale stehen. Letztlich braucht es das nötige Glück, um sich durchzusetzen. Inzwischen ist es in jeder Runde extrem schwer weiterzukommen. Deshalb weiß ich nicht, ob es etwas mit dem kanadischen Markt an sich zu tun hat, dass diese Teams lange keinen Titel mehr geholt haben.

Natürlich bekommen Spieler in Edmonton oder anderen kanadischen Organisationen wesentlich mehr Aufmerksamkeit als anderswo. Wie hoch die Erwartungen gerade in Toronto sind, weiß ich ja aus eigener Erfahrung. Man geht dort mit den Spielern mitunter sehr kritisch um. Es gibt kaum Grauzonen, meist ist alles nur schwarz oder weiß. Manchmal kommt man sich vor wie ein Goldfisch im Wasserglas, der von außen beobachtet und bewertet wird. Das kann auf Dauer schon zu einer Belastung werden. Aber das ist sicher nicht der Grund für die ausbleibenden Meisterschaften. Damit müssen andere auch zurechtkommen.

Bei den Olympischen Winterspielen Cortina Milano 2026 sind erstmals seit 2014 wieder NHL-Spieler vertreten. Bist du mit Blick auf dieses Turnier zu früh aus der deutschen Nationalmannschaft zurückgetreten?

Ich hatte ja das Glück, dass ich bereits 2010 bei den Olympischen Spielen in Vancouver dabei sein konnte, als NHL-Spieler an den Start gingen. Das waren seinerzeit wirklich meine Idole, allein wenn ich an Kanada denke, mit Scott Niedermayer, Chris Pronger, Ryan Getzlaf, Corey Perry oder Sidney Crosby, der damals noch am Anfang seiner Karriere stand. Deswegen kann ich mich etwas entspannter zurücklehnen und mir das Turnier in Februar von der Ferne aus anschauen. Ich hatte eine super Zeit in der Nationalmannschaft. Es war für mich jedes Mal eine Ehre, für Deutschland aufzulaufen. Mein Rücktritt ist in eine Phase gefallen, in der ich mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Deswegen habe ich gesagt, dass es Zeit ist, einen Schlussstrich zu ziehen. Schwergefallen ist es mir trotzdem.

Du wirst im Februar 38 Jahre alt. Gibt es Überlegungen, wie lange du noch aktiv sein möchtest und was danach kommen soll?

Klar denke ich darüber nach. Vorletztes Jahr habe ich den C-Schein gemacht. Den braucht man als Basis für die Trainertätigkeit. Ich wollte einfach mal schauen, ob mir das Spaß macht. Stand jetzt, würde ich dem Sport und dem Eishockey gerne treu bleiben und meine Erfahrung weitergeben. In welcher Form das geschieht, muss man abwarten. Demnächst will ich mit den Verantwortlichen in Graz sprechen, ob und wie es für mich über diese Saison hinaus weitergehen könnte.

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