NHL.com/de Autor Rupp über Spiel 5 vom SCF 2023

Im zweiten Drittel von Spiel 2 im Stanley Cup Finale 2023 gegen die Florida Panthers lief Jack Eichel in der Mitte des Eises, als er von Matthew Tkachuk umgerannt wurde. Es war einer der brutalsten - und dennoch sauberen - Checks, die man je gesehen hat. Eichels Helm fiel ab, als der Center von den Vegas Golden Knights mit schmerzverzerrtem Gesicht auf allen Vieren krabbelte. Er rappelte sich auf, zuckte und lief direkt in die Kabine.

Auf dem Eis gab es sofort ein Gemenge, während viele an das Schlimmste dachten. Eichel war vor weniger als zwei Jahren eine künstliche Bandscheibe am Hals eingesetzt worden. Ein Eingriff, der noch nie zuvor bei einem NHL-Spieler durchgeführt worden war. "Er hat mich an der Schulter getroffen", erzählte Eichel danach. "Aber ich habe mir mehr Sorgen um das Schleudertrauma gemacht."

Eichel kehrte für das dritte Drittel zurück. Gleich bei seinem ersten Einsatz konnte er einen Assist verbuchen.
Eichels medizinische Saga - seine Suche nach dieser speziellen Operation und der anschließende Blockbuster-Trade nach Vegas - hat die NHL in Aufruhr versetzt. Eichel hat eindeutig für sich selbst gekämpft und dabei eine Entschlossenheit und einen Mut gezeigt, die für NHL-Spieler, die in einem Umfeld agieren, in dem sie darauf konditioniert sind, sich anzupassen, selten sind.

Ein kleiner Rückblick: Als zweiter Neuling an der Boston University wurde Eichel mit dem Hobey Baker Award ausgezeichnet und galt als der nächste große amerikanische Eishockeystar. Eichels Mischung aus Größe, Kraft, Kreativität und Weitblick war schon damals herausstechend.

Eichel Draft

Die Buffalo Sabres wählten ihn im NHL Draft 2015 an Nummer 2, direkt hinter Connor McDavid. Eichels frühe Karriere war von individuellem Erfolg geprägt - er erzielte in seinen ersten fünf Spielzeiten 137 Tore und wurde im Alter von 21 Jahren zum Kapitän ernannt -, während das Team seinen Ansprüchen hinterherhinkte und in jedem Jahr die Stanley Cup Playoffs verpasste.

Eichel hatte zunehmend Probleme mit seinem Nacken. Und zwar ohne zu wissen, woher die Probleme ursprünglich stammten. Dann erfolgte der Tiefpunkt: In einem Spiel gegen die New York Islanders im März 2021 schlug Eichel mit dem Kopf voraus in die Bande, was zu einem Bandscheibenvorfall im Nacken führte. Die Folge: Er verpasste den Rest der Saison.

Die Ärzte der Sabres empfahlen Eichel zunächst einen konservativen Ansatz, also keine Operation, sondern eine Reha-Maßnahme. Doch es trat keine Besserung ein, sondern eher das Gegenteil. Eichels medizinische Berater favorisierten weiter eine Operation, doch der Tarifvertrag der NHL mit der NHLPA besagt, dass die Teams das letzte Wort über die medizinische Versorgung der Spieler haben. Viele Spieler wussten nicht einmal, dass es diese Regel gibt. Plötzlich war es das heißeste Thema in der NHL.

Eichel focht Buffalos Haltung bei der Liga und der Spielergewerkschaft an, was schließlich darin gipfelte, dass er die Sabres um einen Trade bat. Vor der Saison 2021/22 fiel er bei der Untersuchung der Sabres durch, und Sabres General Manager Kevyn Adams entzog Eichel das Kapitänsamt mit der Begründung, diese Rolle gehöre einem Spieler, der in Buffalo bleiben wolle.

Eichel wechselte den Agenten, um die Sache zu forcieren. Die Angelegenheit drängte, weil er durch den Druck der Bandscheibe zunehmend Taubheitsgefühle im Arm verspürte. Doch es war nicht so einfach, ein Team zu finden, das einerseits den Sabres genügend bieten würde, andererseits bereit war, das Risiko einer Operation für einen Spieler, der in den nächsten fünf Jahren noch zehn Millionen US-Dollar jährlich verdienen würde, mitzutragen.

Im November 2021 gingen die Golden Knights das Risiko ein, indem sie zwei Spieler (Alex Tuch und Peyton Krebs) und zwei Draft Picks (einen Erstrunden- und einen Zweitrunden-Zug) in einen Blockbuster-Trade einbrachten.

Eine Woche später lag Eichel auf dem Operationstisch. Fünf Tage danach lief Eichel schon wieder auf dem Eis - ohne Halskrause. Er sollte so schnell wie möglich wieder in seinen Fluss der Bewegungen kommen. Ein paar Monate später sprach Eichel schon davon, er spüre keinerlei Auswirkungen der Operation; das einzige Anzeichen sei eine rosafarbene Narbe an der Vorderseite seines Halses.

Eichel gab sein Debüt für die Golden Knights im Februar 2022, drei Monate nach der Operation und 11 Monate nach seinem letzten NHL-Spiel. Eichel gab zu, dass er nicht ganz er selbst war, als er sich wieder eingewöhnte. Er war besorgt darüber, wie es sein würde, gecheckt zu werden. Außerdem gab er sein Comeback zu einem Zeitpunkt, an dem die Intensität zunimmt und die Golden Knights bereits um einen Playoff-Platz kämpften. Und natürlich lasteten der Druck und das Rampenlicht auf ihm.

Zum ersten Mal in seiner Geschichte verpasste Vegas die Postseason, etwas, an das sich Eichel bereits mit Buffalo gewöhnt hatte. Nach dem Sommer, in dem er gesund war und ein komplettes Trainingslager absolvierte, kam Eichel zurück.

In der regulären Saison 2022/23 verbuchte er in 67 Spielen 66 Punkte (27 Tore, 39 Assists) und wurde Top-Scorer und zweitbester Torschütze hinter Jonathan Marchessault (28) bei den Golden Knights. Er trug wesentlich dazu bei, dass Vegas mit 110 Punkten (51-22-9) die Pacific Division gewann und eine gute Ausgangsbasis für die Playoffs erreichte. Hier blühte er endgültig auf: Mit 26 Punkten (6 Tore, 20 Assists) in 22 Spielen wurde Eichel Top-Scorer der Liga. Fast viel mehr Lob erhielt er aber für seine Defensivarbeit.

Nun ist der 26-jährige Center Stanley Cup Champion. Und dies gelang ihm auch noch gleich bei seiner ersten Teilnahme an den Playoffs. Der lange Leidensweg hat ein positives Ende gefunden. "Es ist unglaublich und es sind so viele Gefühle, die mich gerade überwältigen", betonte Eichel nach dem großen Triumph im Interview mit NHLNetwork.

Dies ist ihm angesichts seiner Geschichte kaum zu verdenken.