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Im Rahmen der Serie „Im Gespräch mit …“ wird NHL.com/de während der Saison 2023/24 exklusive Interviews mit ehemaligen NHL-Spielern aus dem DACH-Raum führen.

In der heutigen Ausgabe: Jochen Hecht (in der NHL aktiv von 1998 bis 2013)

Jochen Hecht war 14 Jahre in der NHL aktiv. Der Center wurde beim Draft 1995 in der 2. Runde an 49. Stelle von den St. Louis Blues ausgewählt, bei denen er in der Saison 1998/99 debütierte. Später spielte er auch noch für die Edmonton Oilers und Buffalo Sabres, denen er sogar als Kapitän und Assistenzkapitän diente.

Nach seiner NHL-Karriere kehrte der heute 46-jährige Mannheimer zu seinem Heimatklub Adler Mannheim zurück, wo er in der DEL spielte und als Co-Trainer der Adler wirkte. Heute ist Hecht TV-Experte bei NHL-Spielen auf Sky Sport und ProSieben MAXX. Mit NHL.com/de sprach der dreimalige Deutsche Meister über seine Zeit in der NHL, seinen aktuellen Job und neue berufliche Projekte.

Servus Jochen! Erst am vergangenen Wochenende warst du als NHL-Experte auf ProSieben MAXX im TV zu sehen. Die NHL hat dich demnach noch nicht aus ihren Fängen gelassen?

(Lacht) Nicht ganz. Es macht eine Menge Spaß, die Spiele anzuschauen und zu kommentieren. Sie sind meist auch sehr interessant.

Du warst auch schon auf Sky als Experte zu sehen. Was macht den Reiz dieses Jobs aus?

Es geht darum, den Fans das Spiel näherzubringen, sie auf Kleinigkeiten aufmerksam zu machen, die vielleicht nicht jeder sieht, und darum, ein Publikum für diesen Sport aufzubauen.

Wie sieht dein Leben neben den Einsätzen als TV-Experte aus?

Ich genieße die Zeit mit den Kindern, bin öfters bei meinem Sohn, wenn er in Heilbronn spielt, und war mit meiner Tochter im Skiurlaub. Ich lote aber auch gerade aus, was es für neue Möglichkeiten für mich gibt. Mich würde ein Co-Trainer-Job wieder reizen. Das hatte mir in Mannheim viel Spaß gemacht. 

In der DEL werden gerade Playoffs gespielt. Als gebürtiger Mannheimer und langjähriger Adler-Profi stellt sich die Frage nicht, wem du die Daumen drückst, oder?

(Lacht) Nee, das ist klar. Das Spiel am Sonntag (7:1 in Spiel 1 der Viertelfinal-Serie bei den Eisbären Berlin) konnte ich leider nicht sehen, weil ich unterwegs war. Am Mittwoch werde ich es mir aber anschauen.

Wie schätzt du die Chancen der Adler Mannheim ein?

Ich glaube schon, dass die Berliner ein Brocken sind, den es zuschlagen gilt. Es gibt ja eine ewige Rivalität zwischen beiden Teams, wer mehr Meisterschaften hat. Es sind immer enge Spiele und Serien. Ich sehe die Eisbären ein Stück weit vorne, weil sie das ganze Jahr über konstanter gespielt haben, während die Adler doch gewisse Leistungsschwankungen hatten.

Die NHL biegt gerade auf die Zielgerade der regulären Saison ein. Wem drückst du hier die Daumen?

Ich hoffe, dass es Buffalo mit JJ Peterka noch auf die Wildcard-Plätze schafft. Ich drücke aber auch den Detroit Red Wings mit Moritz Seider die Daumen, damit sie noch ein paar Punkte holen, um in die Playoffs zu kommen. Es wäre toll, wenn beide deutsche Spieler noch reinrutschen würden.

CBJ@DET: Seider ist bei einem Schuss von der blauen Linie im Glück

Als Aktiver hast du für die St. Louis Blues, Edmonton Oilers und Buffalo Sabres gespielt. Wo hattest du die schönste Zeit und warum?

Die schönste Zeit hatte ich in Buffalo, weil wir dort unter anderem zwei gute Playoff-Runs hatten. Gerade in der Saison 2006/07 hatten wir eine enorm starke Mannschaft, die den Stanley Cup hätte gewinnen können, aber es sollte leider nicht sein (1:4 im Eastern-Conference-Finale gegen die Ottawa Senators – d. Red.). Auch in St. Louis hatte ich viel Spaß und eine gute Zeit.

Von welchem Mit- oder Gegenspieler hast du am meisten gelernt?

Ich würde sagen von Pierre Turgeon in St. Louis. Es war einfach seine Art, wie er die Scheibe beschützt, das Spiel gesehen und aufgezogen hat. Von ihm habe ich mir viel abgeschaut. In den Zweikämpfen an der Bande war er ebenfalls klasse.

In welcher Arena hast du am liebsten gespielt und warum?

(Überlegt lange) Das ist schwer zu sagen. Toronto. Da habe ich immer gerne gespielt. Erstens, weil der Roadtrip nicht weit war, zweitens weil ich dort gefühlt immer einen Punkt gemacht und gewonnen habe. In Toronto war auch die Kabine toll. Von der Stimmung her würde ich fast sagen, dass es in Montreal am besten war.

In Buffalo warst du sogar Kapitän und Assistenzkapitän, was für einen Ausländer etwas ganz Besonderes ist. Was hat es dir bedeutet, das „C“ und „A“ auf dem Trikot zu tragen?

Viel! Es war eine Anerkennung vom Trainer, weil er es bestimmt hatte. Ich war kein großer Künstler in der Offensive, trotzdem war die Bestätigung da, dass ich einen guten Job gemacht habe. 

Haben es Ausländer, gerade Europäer, schwieriger, um in der NHL Fuß zu fassen?

Damals mit Sicherheit. Ich glaube, aber nicht, dass es so sehr darum ging, wo jemand herkam, sondern wann er gedraftet wurde. Wenn du in der 1. Runde gepickt wurdest, hattest du sicherlich mehr Chancen als in der 3. Runde. Damals wurden Deutsche und Europäer nicht so oft beobachtet und der Vergleich war nicht so gegeben wie im Junior Hockey oder auf dem College in Nordamerika.

Im Jahr 2011 hast du mit den Sabres noch in den Stanley Cup Playoffs gespielt. Unglaublich aber wahr: Seitdem war Buffalo nicht mehr in den Playoffs vertreten und droht diese erneut zu verpassen. Was ist in den letzten 13 Jahren schiefgelaufen?

Es ist schwer zu sagen, was genau schiefgelaufen ist. Auffällig ist jedenfalls, dass sie mehrere General Manager hatten, die immer nur kurzfristig da waren. Darunter auch ein GM, der keine Philosophie hatte. Der Umbruch dauert doch schon sehr lange. Als ich gegangen bin, war die Aufgabe, etwas Neues aufzubauen. Da gab es einige Rückschläge.

Verfolgst du die Karriere von JJ Peterka bei den Sabres genauer?

Ich schaue immer mal wieder, wie er sich macht. Das tue ich überhaupt bei den deutschen Spielern. Es freut mich, dass er einer der Top-Torschützen bei den Sabres ist. Er hat eine tolle Entwicklung genommen. Er konnte sich erst im Farmteam entwickeln, hat dann seine Chance in der NHL genutzt, bekommt jetzt viel Eiszeit und macht Tore und Punkte.

WPG@BUF: Peterka schießt das Erste bei Überzahl im 1.

Gab es einen Grund, warum du deine NHL-Karriere im Jahr 2013 beendet hast?

Ich wusste, dass meine Zeit in Buffalo vorbei war. Wenn ich in der NHL hätte bleiben wollen, wäre es nur noch von Jahr zu Jahr gegangen, ohne einen langfristigen Vertrag, was wohl viele Umzüge mit sich gebracht hätte. Das wäre schon wegen der Familie nicht in Frage gekommen.

Die NHL ist in den letzten Jahren unfassbar schnell geworden. Spieler packen tolle Tricks aus. Wie schwer hätte es ein Jochen Hecht, in der NHL von heute Fuß zu fassen?

Das ist eine gute Frage. Ich war ein guter Schlittschuhläufer. Zu meiner Zeit war die Liga doch schon sehr hart und von kräftigen Spielern geprägt. Ich konnte da mit meiner Schlittschuhtechnik jedoch dagegenhalten. Ich glaube deshalb, dass ich durchaus eine Chance hätte, mich festzuspielen.

Planst du, in Zukunft in einer neuen Funktion in die NHL zurückzukehren?

Nein, das ist kein Ziel von mir. Ich müsste dafür zurück nach Amerika ziehen. Mittlerweile bin ich seit über zehn Jahren wieder hier und würde mir lieber etwas in Deutschland und Europa aufbauen.

Wer wird Stanley Cup Champion 2024?

Ich glaube, dass die Carolina Hurricanes im Finale stehen werden und es dort mit den Colorado Avalanche, die eine erfahrene und sehr gute Mannschaft haben, ausmachen werden. 

Wer wird der nächste deutsche Stanley Cup Champion?

Ich denke, dass Leon Draisaitl der nächste sein wird. Die Edmonton Oilers sind jedes Jahr besser geworden. Sie haben sich gut verstärkt, vor allem in der Defensive. In der Offensive haben sie mit Leon und Connor McDavid ohnehin zwei Superstars. Bei Buffalo, Detroit oder den Ottawa Senators dauert es wohl noch fünf Jahre, bis sie soweit sind. Es sei denn, es gibt eine Überraschung.

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