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Athletik-Trainer Andi Gerg kümmert sich um die Fitness bei DEL-Klub Nürnberg Ice Tigers. In diesem Sommer kreuzten sich aber auch die Wege mit dem deutschen NHL-Superstar Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers. Für NHL.com/de zog der 32-jährige Münchner einen Vergleich zwischen dem Training in der DEL und in der NHL, verriet, warum die Chicago Blackhawks für ihn eine Inspiration sind, und gab einen Einblick in seine Erlebnisse mit Draisaitl.

Als Fitnesstrainer und Kreativdirektor beim Werbedreh
Für ein Werbe-Shooting kam der Kölner Leon Draisaitl in den letzten Tagen ins fränkische Herzogenaurach. Da sich der Center der Edmonton Oilers in den Playoffs verletzt hatte und daher nicht ohne Einschränkungen absolvieren konnte, wurde Andi Gerg angefragt und gestaltete für den NHL-Superstar ein Alternativprogramm.
"Das war witzig, denn er durfte nicht springen und nicht laufen, was es schwer gemacht hat, einen guten Clip zu produzieren", lacht Gerg. "Ich wurde also gebeten, ein Training durchzuführen, das möglich war und für gute Bilder sorgte. Leider war die Zeit relativ knapp, und es gab ein vorgegebenes Drehbuch. Ich habe also mit Koordinationsübungen angefangen, gefolgt von einer Challenge, bei der Leon auf Ziele geschossen hat. Für mich war es ein Highlight, einen NHL-Star zu treffen und mit ihm zu trainieren. Er ist ein sehr entspannter Typ."

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Gerg: "Man hat gesehen, dass er ein absoluter Top-Athlet ist"
Draisaitl aber hinterließ nicht nur als Mensch, sondern auch als Spieler Eindruck beim Fitness-Coach: "Lustigerweise sah er am Anfang im T-Shirt gar nicht so massiv aus. Als er sich dann umgezogen hat, konnte man aber sehen, dass er ein Modellathlet mit einem sehr breiten und muskulösen Körper ist. Auch die Übungen hat er mit allerhöchster Stabilität, Bewegungsqualität und Geschwindigkeit absolviert. Es ging unter anderem darum, im Liegestütz Reaktionslichter zu erreichen. Da hat man schon gesehen, dass er ein absoluter Top-Athlet ist."
Und auch bei den Schussübungen konnte Draisaitl überzeugen. "Alleine bei seiner Aufwärmübung hat er den Puck mit dem Schläger etwa 20 Meter nach oben geworfen und wieder mit der Kelle aufgefangen. Das war beeindruckend zu sehen. Auch beim Schießen war er locker, kreativ und raffiniert."

Draisaitls vier Punkte in Spiel 4

In der NHL muss noch härter trainiert werden
Überhaupt hat Gerg Unterschiede in der Trainingsarbeit zwischen der NHL und der DEL festgestellt. "In den USA und in Kanada gibt es eine ganz andere Sportkultur, es wird viel mit Personaltrainern gearbeitet. In Deutschland wird nicht so viel Geld ausgegeben, um jeden Tag das beste Training zu haben. Von unseren Importspielern in Nürnberg arbeitet jeder einzelne im Sommer mit einem individuellen Fitnesscoach vor Ort. Tom (Ice-Tigers-Cheftrainer Tom Rowe) und ich sind viel im Austausch. Wir wollen uns die NHL als Vorbild nehmen und unsere Spieler auf einen Körperfett-Anteil von acht bis zwölf Prozent bringen", erklärt Gerg.
Gewisse Unterschiede gibt schon alleine der Spielplan vor: In der DEL gibt es derzeit 56 Hauptrunden-Spiele, in der NHL sind es 82 Partien in der regulären Saison. "Generell ist es so: Je mehr Spiele, desto wichtiger wird das Thema Ernährung und Regeneration. In der NHL ist das noch schwieriger. Umso mehr und härter muss im Sommer trainiert werden, denn während der Saison gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten, das aufzuholen."

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So verwundert es nicht, dass insbesondere junge Spieler nach ihrem Wechsel in die NHL schnell an Gewicht zulegen. "Sie haben einfach ein anderes Verständnis im Umgang mit Sport und Ernährung. In Deutschland sind wir da sehr vorsichtig und naturbasiert, in Nordamerika wird mehr auf Nahrungsergänzung gesetzt, was legal ist und nichts mit Doping zu tun hat. Auch gibt es in der NHL nicht nur einen, sondern gleich zwei, drei oder vier Athletiktrainer, die noch genauer auf die Spieler schauen können und auch die Ernährung noch präziser anpassen. Dazu gibt es auch besseres Catering, das schon im Trainingsbetrieb ansetzt. In der DEL fehlen da alleine die finanziellen Mittel."
Chicago Blackhawks als Inspiration
Die NHL hofft Gerg bald hautnah erleben zu können: Tom Rowe, der selbst über Jahre in verschiedenen Funktionen in der besten Eishockey-Liga der Welt gearbeitet hat, will bei einem Praktikum vermitteln. Ein Lieblingsteam hat Gerg nicht "Allerdings habe ich viel von Paul Goodman, dem Athletik-Coach der Chicago Blackhawks, gelesen und Videos angeschaut. Er inspiriert und motiviert mich. Ich hole mir überhaupt viele Eindrücke von den Blackhawks mit Lukas Reichel", führt Gerg aus. "Ich habe auch immer die Teams mit deutschen Spielern verfolgt. Damals die Anaheim Ducks mit Korbinian Holzer oder jetzt die Jungs wie Tim Stutzle bei den Ottawa Senators oder Moritz Seider bei den Detroit Red Wings, mit denen ich bei der U18-Nationalmannschaft schon zusammengearbeitet habe. Von ihnen bin ich begeistert: Sie hatten Traum-Einstände in der NHL."
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Gergs voller Fokus liegt jetzt aber den Ice Tigers. Der Cousin der ehemaligen Ski-Rennläuferin Hilde Gerg (die "Wilde Hilde" holte unter anderem Olympia-Gold) bringt sogar einen Hauch von Draisaitl mit zurück zum fränkischen DEL-Klub: "Beim Werbedreh hatten sie keine Schläger vor Ort, deshalb wurde ich gefragt, ob ich nicht meine aus Nürnberg mitbringen kann. 'Hauptsache links und lang' hat Leon gesagt und dann mit meinen Schlägern auf die Ziele geschossen. Ich habe mir beide signieren lassen. Einen hänge ich wohl auf, den anderen nutze ich weiterhin selbst", sagt Gerg und lacht: "Ich hoffe, es färbt etwas ab."