EDM-Draisaitl-McDavid

Ab Mitte September beginnen in der NHL die Training Camps zur Vorbereitung auf die Saison 2022/23. Vom 1. August an nimmt NHL.com/de in der Serie 32 in 32 täglich ein Team der Liga genauer unter die Lupe. Die zweiteilige Bestandsaufnahme umfasst die wichtigsten personellen Veränderungen, die Schlüsselspieler, die Stärken und Schwächen sowie die Playoff-Chancen.

In dieser Ausgabe: Edmonton Oilers
Leon Draisaitl gilt als der beste deutsche Eishockey-Spieler aller Zeiten. Er gewann bereits die Art Ross Trophy, die Hart Memorial Trophy sowie den Ted Lindsay Award als Most Valuable Player der Liga. Keinem anderen Akteur aus Deutschland ist das jemals gelungen. Doch für den 26-Jährigen zählt nur eines: der Stanley Cup.

Das Beste der Edmonton Oilers

"Wir waren dieses Jahr im Halbfinale, jetzt wollen wir den Titel. Ich habe so viele individuelle Auszeichnungen, dafür brauche ich den ganzen Aufwand nicht mehr betreiben. Aber wir wollen diesen Titel, das treibt uns als Mannschaft an. Wir haben uns gut verstärkt", sagte er in einem Interview mit dem "Express." Gleichwohl weiß er um die Herausforderung: "Da müssen natürlich ganz viele Rädchen ineinandergreifen, man braucht Glück bei Verletzungen. Letztlich sind es zehn bis zwölf Mannschaften, die das Zeug haben, den Stanley Cup zu holen. Da muss dann alles stimmen."

Reguläre Saison 2021/22: 49-27-6, 2. Platz in der Pacific Division
Stanley Cup Playoffs 2022:Western Conference Finale (0:4 gegen die Colorado Avalanche)
Trainer: Jay Woodcroft, 2. Saison
Top-Zugänge:G Jack Campbell, C Mattias Janmark
Top-Abgänge:D Duncan Keith, RW Zach Kassian

Draisaitl war vergangene Saison mit 55 Treffern der zweiterfolgreichste Torschütze der NHL. Lediglich Auston Matthews von den Toronto Maple Leafs war mit 60 Toren noch effektiver. In den Playoffs ließ er in 16 Partien sieben Tore und 25 Assists folgen. Möglicherweise wären noch mehr Punkte hinzugekommen, hätte er nicht verletzungsgeplagt gespielt. In Spiel 6 der 1. Playoff-Runde gegen die Los Angeles Kings verstauchte er sich den Knöchel. "Ich war in meiner Karriere nie wirklich verletzt, da klopfe auf Holz. Aber ich denke, es hat mich als Spieler weiterentwickelt", sagt er. "Es war sehr schmerzhaft und wurde viel behandelt. Aber es gibt viele Jungs, die mit Verletzungen durchspielen."

Draisaitls Top 5 Tore in 2021/22

Schlussendlich scheiterten die Oilers im Western Conference Finale mit 0:4 am späteren Stanley-Cup-Sieger Colorado Avalanche. "Sie waren die beste Mannschaft der Liga. Sie waren besser als wir, keine Frage. Aber ich denke, die Serie war viel enger, als viele Leute gedacht hätten. Außer vielleicht Spiel 2 hätten alle Spiele in beide Richtungen gehen können", erklärt Draisaitl und richtet den Blick sachlich nach vorne.
"Ich denke, dass wir in dieser Saison einen Schritt gemacht haben. Aber wir haben auch in 2017 einen Schritt gemacht und haben in der folgenden Saison die Playoffs verpasst", erinnert er. "Das zeigt uns wie schwer es in dieser Liga ist, Jahr für Jahr konstant zu sein. Die Liga ist schwer und die Playoffs sind noch einmal schwerer. Wir müssen sichergehen, dass wir in der nächsten Saison anfangen und daraus gelernt haben, was wir in dieser Saison erreicht haben. Wir müssen hungriger nach mehr sein. Wir wollen in das Finale und natürlich den Stanley Cup gewinnen. Wir haben einen Schritt gemacht, aber es gibt noch mehr."
Die Sommer-Vorbereitung absolvierte Draisaitl größtenteils in seiner Heimatstadt Köln. Dort arbeitete er gemeinsam mit Athletik-Trainer Arne Greskowiak an seiner Fitness. Es fiel Draisaitl nicht schwer, sich nach einer kurzen Pause wieder für die tägliche Schinderei zu motivieren. "Erst nehme ich mir immer vor: Drei Wochen machst du gar nichts. Daraus werden dann zwei. Und nach zehn Tagen stehe ich meist wieder im Gym", berichtet er.
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Der Center ließ keine Gelegenheit aus, um sich in Bestform zu bringen. Als er für ein Werbe-Shooting einige Tage im fränkischen Herzogenaurach verbrachte, arbeitete er mit Athletik-Trainer Andi Gerg, der sich ansonsten um die Fitness bei DEL-Klub Nürnberg Ice Tigers kümmert, an seiner körperlichen Fitness. Gerg äußerte sich danach im Interview mit NHL.com/de beeindruckt: "Lustigerweise sah er am Anfang im T-Shirt gar nicht so massiv aus. Als er sich dann umgezogen hat, konnte man aber sehen, dass er ein Modellathlet mit einem sehr breiten und muskulösen Körper ist. Auch die Übungen hat er mit allerhöchster Stabilität, Bewegungsqualität und Geschwindigkeit absolviert."
Am Puck hinterließ Draisaitl ebenfalls einen starken Eindruck. "Alleine bei seiner Aufwärmübung hat er den Puck mit dem Schläger etwa 20 Meter nach oben geworfen und wieder mit der Kelle aufgefangen. Das war beeindruckend zu sehen. Auch beim Schießen war er locker, kreativ und raffiniert", erzählte Gerg.
Draisaitl hat es genossen, einen Großteil der Offseason wieder in seiner Heimat zu verbringen. "Ganz oben stehen Freunde und Familie. Meine Schwester zum Beispiel, die lebt hier ihr Leben, die sehe ich wirklich sehr selten. Und sie bekommt jetzt Nachwuchs, das hat mich riesig gefreut", erzählt er. "Diese Zeit mit der Familie ist enorm wichtig, um die Akkus wieder aufzuladen. Denn so eine NHL-Saison ist lang und kräftezehrend."

Draisaitl 7 26

Ein weiterer Vorteil am Heimatbesuch ist, dass er sich in Europa ungestörter bewegen kann als im eishockey-verrückten Kanada. "Mir ist das ganz recht so, ich habe zehn Monate im Jahr den Trubel, da ist es ganz schön, wenn es auch mal zwei Monate ruhiger zugeht", erzählt er. Gleichwohl musste er feststellen, dass sein Bekanntheitsgrad aufgrund der Erfolge kontinuierlich gestiegen ist. "Auch in Europa wurde es mehr. Egal ob in Paris oder anderswo. Meine Freundin wunderte sich schon, wie oft ich dann doch angesprochen wurde."
Dies dürfte noch häufiger vorkommen, sollte er sich mit den Edmonton Oilers den Traum vom Stanley Cup tatsächlich erfüllen.