Seidenbergs 4. NHL-Blog 2020/21

Dennis Seidenberg hat als Höhepunkt seiner Karriere im Jahr 2011 als zweiter Deutscher nach Uwe Krupp den Stanley Cup gewonnen. Der gebürtige Schwenninger gehörte in dieser Zeit und jahrelang zu den Top-Verteidigern der Boston Bruins. Zuvor war Seidenberg auch für die Philadelphia Flyers, Phoenix Coyotes, Carolina Hurricanes, Florida Panthers und danach für die New York Islanders tätig. Insgesamt lief er in 859 NHL-Spielen der regulären Saison sowie 69 Spielen der Stanley Cup Playoffs auf und verbuchte dort 251(44/207) bzw.21 Punkte (3/18). Im Jahr 2016 gewann Seidenberg mit Team Europa die Silbermedaille beim World Cup of Hockey. Der heutige Entwicklungstrainer der Islanders wird in einer monatlichen Kolumne exklusiv für NHL.com/de seine Ansichten zu Teams, Spielern und brennenden Fragen teilen.

Hier die vierte Ausgabe:
Die NHL Trade Deadline ist vorüber. Jetzt zählt nur noch das Spielermaterial, das die Teams in ihren Reihen und zur Verfügung haben. Neuverpflichtungen können nicht mehr getätigt werden. Am Montag war die Initiative der Klubs nicht so groß wie in den Jahren zuvor und doch etwas gehemmt. Ich glaube, dass der Grund dafür weniger in den Reisebeschränkungen zwischen Kanada und USA mit den notwendigen Quarantäneauflagen liegt, sondern vielmehr die wirtschaftliche Situation inklusive dem gleichgebliebenen Salary Cap eine Rolle spielte. Das hat den Topteams, die diesen ohnehin schon weitgehend ausgeschöpft haben, weniger Möglichkeiten eröffnet. Der kommende Expansion Draft der Seattle Kraken könnte auch eine Rolle gespielt haben, was man hört.
Die New York Islanders haben zum Beispiel das gemacht, was sie machen mussten. Sie haben mit Travis Zajac und Kyle Palmieri zwei erfahrene Spieler geholt, die sie weiterbringen sollten. Sie sind aber auch erfolgreiche Stürmer, die sich gut in die Mannschaft einfügen könnten. Vorteil war auch, dass sie von den New Jersey Devils nicht weit anreisen mussten.

Die Toronto Maple Leafs sehen für mich sehr gefährlich aus und haben mit Nick Foligno einen weiteren starken und großen Kerl hinzubekommen, der seinen Wert in den Stanley Cup Playoffs zeigen könnte. Für mich sind sie definitiv einer der großen Favoriten, neben den Tampa Bay Lightning und den Islanders.
Ob die Boston Bruins mit Taylor Hall die Wende schaffen, ist schwer zu sagen. Er war in den letzten Jahren nicht mehr der überragende Spieler wie 2017/18, als er mit den Devils die Hart Trophy als MVP gewann. Doch in Boston hat er bessere Mitspieler als in Arizona oder zuletzt in Buffalo. Ich denke er wird mit David Krejci an der Seite spielen und das könnte ein gefährliches Duo werden. Krejci ist ein unglaublicher Spielmacher, der immer den Blick für den Mitspieler hat und das könnte der schnelle und treffsichere Hall für sich nutzen, wenn sie die nötige Chemie entwickeln.
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Die Pittsburgh Penguins sind auch nicht zu unterschätzen, denn sie haben mit Jeff Carter einen richtig guten und erfahrenen Spieler geholt. Er hat mit den Los Angeles Kings zweimal den Stanley Cup gewonnen und weiß, wie Playoffs zu spielen sind, genauso wie die Führungsspieler Sidney Crosby und Evgeni Malkin. Sie sind eine schnelle Mannschaft, die für jeden Gegner gefährlich ist. Florida Panthers haben auch Potenzial und die Washington Capitals haben hohe Ansprüche. Die letzte Saisonphase wird sehr spannend werden.
In der Honda West Division haben sich die Colorado Avalanche etwas abgesetzt. Eine starke Mannschaft mit Philipp Grubauer, einem sehr guten Torhüter zwischen den Pfosten. Sie haben mit Carl Soderberg und Patrik Nemeth zwei Spieler zur Ergänzung geholt, die sie schon aus der Vergangenheit kennen. Kein schlechter Schachzug, weil bei Verpflichtungen immer die Frage bleibt, ob derjenige auch persönlich in die Mannschaft passt und sie sich so richtig einfinden. Das sollten sie in dem Fall wissen.

Soderberg kenne ich aus meiner Zeit in Boston. Ein großer Spieler, der weiß, wie er zum Abschluss kommt. Colorado war vorher schon ein Team, das sehr viele Tore schießt und brandgefährlich ist. Die Avalanche sind auf jeden Fall im Favoritenpool.
Ein Gewinner der Deadline sind für mich auch die Detroit Red Wings, obwohl sie nicht in die Playoffs einziehen werden. Ihr General Manager Steve Yzerman macht einen guten Job, wie er es schon in Tampa Bay gezeigt hat. Er holt sich entsprechende Draft Picks und entwickelt die jungen Spieler über die Farmteams. Ich denke Moritz Seider wird dort auch einschlagen, wenn er nächste Saison kommt und sie werden kurzfristig ein sehr talentiertes Team haben. Entscheidend wird sein, wie sich die einzelnen Spieler dann auf höchstem Niveau entwickeln werden.
Abseits der Deadline ist zu sehen, dass die Intensität der Spiele einen Monat vor dem Beginn der Playoffs weiter zunimmt. Trotzdem waren zuletzt verwunderliche Ergebnisse dabei, als die Minnesota Wild erst Colorado mit 8:3 schlugen, um kurz darauf gegen die St. Louis Blues mit 1:9 zu unterliegen. Ich denke, der enge Spielplan fordert hier Tribut. Man kann als Spieler bei dieser Belastung nicht in jedem Spiel über die volle Distanz mental und körperlich frisch sein, wie man es sein sollte. Insofern kommen Aussetzer vor. Das lässt sich nicht kontrollieren. Wenn man müde ist, macht man einfach Fehler und das rächt sich in dieser Liga. Doch wie es so schön heißt, lieber mal ein Spiel richtig verlieren als mehrere knapp. Das muss dann die Devise sein.
Es ist eine sehr enge Liga und die Fans können sich auf jeden Fall auf eine spannende Schlussphase und dann intensive Playoffs freuen. Letztere werden ja in den ersten beiden Runden auch innerhalb der Division ausgetragen. Erst danach im Halbfinale kommen dann neue Gegner aus den anderen Divisionen dazu. In der NHL ist die Liga einfach viel ausgeglichener als es zum Beispiel im Basketball der Fall ist, wo meistens über längeren Zeitraum die gleichen Teams dominieren. Das Tabellenbild der Liga ist so eng, dass nahezu jedes Team, das die Playoffs erreicht, auch realistische Chancen hat zu gewinnen. Natürlich die einen mehr als die anderen, aber es besteht die größere Möglichkeit für alle als in anderen Ligen. Ich freue mich sehr darauf und kann es kaum erwarten.