drouin sergachev

Am Donnerstag gaben die Tampa Bay Lightning ihren Nachwuchsstürmer Jonathan Drouin, 22, an die Montreal Canadiens für Jungverteidiger Mikhail Sergachev ab. Sollte Sergachev in der kommenden Saison weniger als 40 Spiele für seinen neuen Arbeitgeber bestreiten, erhält Tampa Bay noch einen Zweitrundenpick beim NHL Draft 2018 im Tausch gegen ihr Zugrecht in der sechsten Runde, erläuterte Tampas General Manager Steve Yzerman weitere Details des Deals auf der gestrigen Telefonkonferenz.

Auf den ersten Blick wirkt dieses Tauschgeschäft sehr ungewöhnlich und einseitig. Was haben sich die Verantwortlichen der Lightning dabei gedacht ihren zweitbesten Torschützen (21 Tore) und drittbesten Scorer (53 Punkte) aus der Spielzeit 2016/17, der auf die beste Saison seiner noch jungen NHL-Karriere zurückblicken kann, gegen einen 18-jährigen Defensivmann einzutauschen, der in seiner Laufbahn gerade einmal vier Partien bestritten hat, in denen er insgesamt 48:30 Minuten NHL-Luft schnuppern konnte?
Drouin ist ein Spieler mit einem enormen Offensivpotenzial. In den nächsten Jahren könnte er sich zu einem Topscorer in der Liga weiterentwickeln, doch in der Vergangenheit fiel den Lightning auch der Umgang mit ihm nicht leicht. Erinnert sei an den 20. Januar 2016 als sich die Lightning dazu entschieden den frankokanadischen Stürmer zu suspendieren, nachdem er sich geweigert hatte für Syracuse Crunch, dem Farmteam der Lightning in der AHL, aufzulaufen. Drouins Agent Allan Walsh begründete damals, in einem Statement die Verweigerung seines Schützlings damit, dass die Lightning vor hatten Drouin abzugeben und er sein Verletzungsrisiko minimieren möchte. Die Wogen glätteten sich wieder, Drouin durfte bleiben und lieferte in der vergangenen Saison offensiv, vor allem bei Überzahl, ab (26 Powerplaypunkte). Andererseits ließ sein Defensivverhalten stark zu wünschen übrig. Er hatte mit -13 den schlechtesten +/-Wert aller 33 von den Lightning 2016/17 eingesetzten Spieler.
Yzerman wies von sich, dass das schwierige Verhältnis von vor über einem Jahr bei diesem Spielertausch eine Rolle gespielt habe: "Das war ein ganz normaler Deal. Wenn du einen guten Spieler bekommen möchtest, dann musst du auch einen guten Spieler abgeben. Montreal hatte einen Spieler den wir brauchen."

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Drouin, der laut TSN am Donnerstag einen 6-Jahres-Vertrag über US$ 33 Millionen bei den Canadiens unterschrieben hat, wäre am 1. Juli zu einem Restricted Free Agent geworden. Wären die Lightning solchen Gehaltsforderungen nachgekommen, hätten sie weniger Spielraum gehabt, um einen Tyler Johnson oder Ondrej Palat weiter zu verpflichten. Die beiden 26-jährigen Stürmer, deren Verträge zum 1. Juli auslaufen, schlugen zuletzt jährlich mit US$ 3,33 Millionen beim Salary Cap zu Buche. Schon seit vier Jahren liefern Johnson und Palat konstant gute Leistungen ab. Die Lightning wissen ganz genau, was sie mit ihnen haben und was sie von ihnen erwarten können.
Durch den Trade von Drouin hat Tampa einen Spieler weniger im Kader, den sie, bei dem am kommenden Mittwoch, den 21. Juni bevorstehenden Expansion Draft, schützen müssen. Sergachev, der von den Canadiens beim NHL Draft 2016 in der ersten Runde an neunter Stelle ausgewählt wurde, verfügt noch über einen Einstiegsvertrag und kann schon allein aus diesem Grund nicht von den Vegas Golden Knights ausgewählt werden. Mit dem russischen Blueliner hat Yzerman einen Mann für die Zukunft verpflichtet, ob die Lightning als Gewinner dieses Tausches herausgehen werden, wird sich jedoch erst in ein paar Jahren zeigen.
Sergachev (1,90m; 98kg) bestritt in der vergangenen Saison 50 Spiele für die Windsor Spitfires in der Ontario Hockey League und brachte es dabei auf zehn Tore und 33 Vorlagen. "Es war unser Anliegen einen Verteidiger zu verpflichten und wir wollten einen der so spielt wie Sergachev. Er ist ein offensivausgerichteter, großer, starker Verteidiger und ein guter Schlittschuhläufer", begründete Yzerman die Entscheidung, an die er vielleicht noch gemessen werden wird.

Mikhail Sergachev

Die Canadiens wissen schon etwas mehr über den jungen Mann, der gut 100 Kilometer nordwestlich von Montreal geboren wurde und nun in seiner Heimat Quebec die Schlittschuhe schnüren darf. In 164 Saisonpartien erzielte Drouin 29 Tore und 66 Assists. Hinzukommen fünf Treffer und neun Vorlagen in 23 Playoffpartien. Für die Canadiens könnte sich der Deal durchaus lohnend auszeichnen.
Mit 226 Toren hatten die Habs in der vergangenen Saison den zweitschlechtesten Sturm unter den Spitzenteams, die sich für die Stanley Cup Playoffs der Eastern Conference qualifizieren konnten. In ihren sechs Spielen der ersten Playoffrunde schossen die Frankokanadier gegen die New York Rangers nur elf Tore und schieden aus. So ist es wenig verwunderlich, dass sie auf der Suche nach einer Verstärkung für den Angriff waren.
Drouin ist schnell, kreativ, raffiniert und treffsicher. Er kann auf dem Flügel, auf der Centerposition und selbstverständlich auch bei nummerischer Überlegenheit auf dem Eis Torgefahr ausstrahlen. Mit 22 Jahren befindet sich Drouin sportlich und persönlich noch in einem Entwicklungsprozess, dementsprechend sollten sich die Canadiens in Geduld mit ihrer Neuverpflichtung üben - eine Tugend, die in dieser eishockeyverrückten Metropole gerne etwas zu kurz kommt