Rekordjagd von Ovechkin geht weiter
Der russische Stürmer ist jetzt der erfolgreichste Torjäger in der NHL unter den Linksaußen
von Stefan Herget @nhlde / Freier Chefautor NHL.com/de
Man kann darüber streiten, ob Alex Ovechkin von den Washington Capitals bereits der beste Torjäger in der Geschichte der NHL ist, aber es gibt keinen Zweifel, dass er es unter den Linksaußen ist. Durch seine zwei entscheidenden Tore am Dienstag in der Scotiabank Arena gegen die Toronto Maple Leafs zum 4:3-Sieg nach Verlängerung, überholte Ovechkin Linksaußen Luc Robitaille auf dem zwölften Platz der ewigen Bestenliste in der NHL bei den Torschützen und hat damit nur noch ehemalige Center und Rechtsaußen vor sich. Das Faszinierende ist, dass der russische Stürmer dafür 333 Spiele weniger als der langjährige Star der Los Angeles Kings benötigte. Es ist ein weiterer Meilenstein für Ovechkin, der auf dem besten Weg ist, in die Top 10 vorzudringen und vielleicht sogar noch mehr erreichen kann.
Es lief das dritte Drittel und die Capitals lagen gegen Toronto mit 2:3 im Rückstand, da zündete T.J. Oshie nach einem Puckgewinn im eigenen Drittel den Turbo, überquerte weitgehend unbehelligt die neutrale Zone, drang ins gegnerische Drittel ein und umkurvte Verteidiger Morgan Rielly. Ovechkin wusste, was kommen könnte und lief zur Seite des Tores, erhielt prompt das Zuspiel seines Teamkameraden und schoss zum Ausgleich ein.
Es ist nicht nur dieser ausgesprochene Torinstinkt wie in dieser Szene, der Ovechkin zu dem werden ließ, was er heute ist, sondern ebenso sein unglaublich harter und präziser Schuss, gerade bei einer Direktabnahme. Das zeigte er schließlich in der Verlängerung beim Siegtor, als die Capitals in Überzahl waren. Wie immer bezog er Stellung in seinem Wohnzimmer, dem linken Bullykreis, und hämmerte das Zuspiel von Dmitry Orlov unhaltbar für Torontos Torhüter Frederik Andersen in die Maschen.
Video: WSH@EDM: Ovechkin schießt sein 250. Powerplaytor
"Natürlich wollen mich die Jungs bedienen", erzählte Ovechkin. "Ich hatte einen schönen Schuss, er ging durch ihre Verteidigung und überwand auch den Torhüter."
Dass solche Situationen fast nicht zu verteidigen sind, mussten schon viele Gegner und deren Trainer feststellen. Natürlich können sie sich darauf einstellen, weil sie wissen, was kommen wird, doch dann ergibt sich eben eine andere Problematik, wie Ovechkin als offenes Geheimnis einräumt.
"Meine Arbeit ist, den Puck zu schießen, solche Momente zu schaffen und für mein Team zu treffen", erläuterte Ovechkin. "Die Jungs wissen, dass ich bereit bin, wenn ich freistehe. Wenn sie mich abdecken, dann sind eben andere frei und so konnten wir unsere Chemie entwickeln, viele Tore schießen und versuchen, Spiele zu gewinnen."
Ovechkin, der 251 Powerplay-Tore in der NHL und in acht Spielzeiten mindestens 50 Treffer erzielt hat, liegt bei 669 Toren in 1.098 Spielen der regulären Saison. Sein Schnitt beträgt 0,609 Tore pro Spiel und liegt damit leicht höher als der von Rekord-Torschütze Wayne Gretzky, der 894 Tore in 1.487 Partien (0,601) vorweisen konnte. Ist ein mögliches Ziel für den 34-Jährigen die Topplatzierung anzugreifen? Dies wies er im Sommerinterview mit NHL.com/de zurück. "Er ist immer noch zu weit weg", sagte er darauf angesprochen im September kurz und bündig und verdeutlichte, dass er sich dazu vielleicht Gedanken mache, wenn sein Vertrag am Ende der nächsten Saison ausgelaufen sei.
Normal wäre ohnehin, dass die Quote zum Ende der Laufbahn zurückgeht, wie es auch bei Gretzky der Fall war, der in den letzten fünf Jahren seiner Karriere noch knapp über 0,25 Tore pro Spiel lag. Doch was ist bei Ovechkin schon normal, der mit 34 Jahren so spielt und fast nach Belieben trifft, wie ein zehn Jahre jüngerer? Hinzu kommt, dass Gretzkys Rekord für die Ewigkeit in einer anderen Epoche aufgestellt wurde, als noch mehr Tore in der NHL fielen, weswegen Ovechkins Zahlen noch beeindruckender sind.
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Doch bester Linksaußen und Jagd auf die Torjäger-Krone sind nicht die einzigen Aspekte für Ovechkin. Meilensteine sind für ihn generell wichtig, wenngleich die ewige Torschützenliste einen besonderen Stellenwert hat. "Man will seinen Namen auf einige dieser Rekorde so lange wie möglich setzen, richtig?", sagte er. "Wenn ich in den Top 10 landen würde, wäre das großartig. Wenn es die Top 5 werden, umso besser."
Und die nächsten Rekorde winken schon. Es fehlen nur noch 21 Tore zum zehnten Platz, den Mario Lemieux mit 690 Toren innehat, dazwischen liegt Teemu Selanne mit 684 und danach folgen Steve Yzerman (692) und Mark Messier (694), ebenfalls bereits in Reichweite. Läuft es gut in dieser Saison und Ovechkin erreicht wieder die 50 Tore, dann hätte er sogar den 7. Platz von Mike Gartner (708) eingenommen.
Video: WSH@CGY: Ovechkin hat die schnelle Antwort der Caps
Ovechkins zweites Tor am Dienstag war sein 23. Treffer in einer Overtime der regulären Saison. Er verbuchte außerdem den 35. Punkt (23 Tore, 12 Assists) seiner Karriere in der Verlängerung und zog mit Jaromir Jagr (19 Tore, 16 Assist) auf dem zweiten Platz der ewigen Bestenliste gleich. Zwei mickrige Zähler fehlen Ovechkin zum Rekord von Patrik Elias (16 Tore, 21 Assists, 37 Punkte).
Außerdem war die Begegnung in Toronto das 135. Spiel von Ovechkin in der regulären Saison, in dem er mehrmals traf, wodurch er mit Mike Gartner auf dem siebten Platz in der NHL-Geschichte gleichzog. Vier weitere Spiele dieser Art von Ovechkin und er hat Marcel Dionne (139) auf dem sechsten Platz eingeholt.
Unabhängig davon, wie am Ende die Torschützenliste der Besten aussehen wird, die Rekordjagd von Ovechkin wird in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen.