Torhüterdebatte bei den St. Louis Blues
Stammkraft Jake Allen schwächelte zuletzt, bekam nun eine Denkpause verordnet
von Robin Patzwaldt @RobinPatzwaldt / NHL.com/de Autor
Alles könnte so schön sein bei den St. Louis Blues. Auf dem Papier hat man nämlich eigentlich inzwischen eine Mannschaft beisammen, der man einen langen Anlauf auf den Stanley Cup im Frühsommer 2017 endlich einmal zutrauen könnte. Nicht wenige Beobachter hatten die Franchise daher auch mit auf dem Zettel, wenn es um die Titelvergabe in diesem Jahr ging. Und es lief phasenweise ja auch ganz gut bei den Jungs von Coach Ken Hitchcock.
Doch die Torhüterposition bereitete jüngst immer wieder Kopfzerbrechen. Es zeigten sich dort so große Probleme, dass man jüngst sogar auf den ansonsten in der AHL bei den Chicago Wolves tätigen Pheonix Copley im Gehäuse zurückgriff.
Dieser war von der Aktion dann auch offenkundig so überrascht, dass er nicht einmal eine passende Torhütermaske mit im Gepäck hatte, das Spiel am Abend in Winnipeg, welches die Blues letztendlich auch mit 3:5 Toren verloren, in seiner AHL-Maske absolvierte. Doch um eines hier auch ganz klar zu sagen, an ihm lag es in dieser Begegnung nicht, dass die Jungs aus St. Louis letztendlich einmal mehr den Kürzeren zogen, erneut fünf Gegentreffer zulassen mussten.
Copley erfuhr von seinem Einsatz erst am Freitag, nachdem die Blues in der Niederlage gegen Washington am Donnerstag erneut große Schwierigkeiten in der Defensive offenbarten, Stammtorwart Jake Allen früh vom Eis nahmen, ihn nun für den jüngsten Roadtrip gar nicht erst in den Kader nominierten.
Video: SJS@STL: Allen beraubt Nieto mit Stock
Dieser darf die Zeit nun ganz offiziell nutzen um sich einem völligen Neustart zu unterziehen. Insgeheim dürfte er die Zeit allerdings vermutlich auch nutzen, um sich daheim seinem jüngst neu geborenen Baby zu widmen.
Sein Stellvertreter Copley betonte in dieser Woche bereits auf Nachfragen hin die besondere Rolle des Torhüters im Eishockey: "Als Torhüter ist man grundsätzlich immer alleine. Jeder macht einmal eine solche Phase durch. Als Konkurrent freut man sich nie, wenn der Teamkollege eine schwache Phase hat. Jedem von uns geht das aber manchmal so. Man kann sich nur auf seine eigenen Leistungen konzentrieren und das Beste geben."
"Natürlich spiele ich gerne selber, will weiter hart an mir arbeiten und dann sehen wohin mich das am Ende führt."
Nun, in seinem ersten NHL-Start in Winnipeg hat es nicht zum Sieg gereicht. Die Probleme der Blues gehen somit weiter. Zwar belegt das Team aktuell immer noch einen der beiden Wildcard-Plätze im Westen, doch die Konkurrenz ist den Blues in Form der Teams aus Calgary, Los Angeles, Vancouver, Winnipeg und auch Dallas noch immer dicht auf den Fersen.
Und überhaupt hatte man die Blues ja deutlich weiter vorne erwartet. Noch gibt es zwar auch ausreichend Zeit sich in der Tabelle deutlicher zu steigern, vor den Playoffs in Form zu kommen. Doch wer dann der Torhüter der Franchise sein wird, ob man vielleicht noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv wird, wie viele Beobachter aktuell vermuten, dass steht derzeit noch in den Sternen.
Erst einmal geht es darum überhaupt wieder mehr defensive Stabilität zu erlangen. Diesbezüglich haben auch die fünf Gegentore in Winnipeg heute leider keinerlei Fortschritte gebracht. Eher im Gegenteil. Nach einer ordentlichen Torhüterleistung verlagerte sich die kritische Leistungsanalyse eher in Richtung der Abwehrspieler.
General Manager Doug Armstrong und Coach Hitchcock sahen große Teile der Verantwortung zuletzt offenbar in der Rolle von Allen. Nicht ganz so unbegründet, wie es nach der 3:7-Pleite gegen Washington erschien, bei der der Stammtorhüter bereits zum dritten Mal in Folge und zum vierten Mal in den vergangenen sechs Spielen frühzeitig ausgewechselt wurde.
"Wir wollen es aber auch nicht überbewerten, wir geben ihm schlich einmal eine Pause zum Durchschnaufen jetzt" sagte Armstrong vor dem Spiel am Abend dazu, versuchte die Aufregung und die Diskussionen rund um diese Entscheidung noch einzugrenzen.
Wobei 10 Gegentore bei 36 Torschüssen und eine Fangquote von 72% aus den letzten drei Spielen ja schon bedenklich sind. Zumindest für einen Spitzentorhüter.
"Er soll sich jetzt erst einmal beruhigen und etwas Abstand gewinnen" ergänzte der General Manager danach noch einmal. Nicht jedoch ganz ohne zukünftig mehr Leistung einzufordern. "Er muss sich steigern. Er hat heute erst einmal abseits des Teams trainiert. Da kann er etwas zur Ruhe kommen."
Nach der Niederlage in Winnipeg am Samstag haben die Blues nun bis zum Dienstag Pause, müssen dann in Pittsburgh beim Titelverteidiger antreten. Auch nicht gerade ein ideales Spiel für eine nach defensiver Stabilität suchende Franchise in der NHL.
Eine bemerkenswerte Entwicklung eines Teams, welches im Vorjahr noch als das abwehrstärkste der Liga galt. Damals lag die Save-Percentage bei knapp 92%, aktuell nur noch bei rund 88%, was aktuell den letzten Platz in dieser Statistik bedeutet. Logische Erklärungen dafür zu finden fällt schwer.
Allen, der die jüngsten Vorgänge rund um seine Person gegenüber den Medienvertretern derzeit nicht weiter kommentieren möchte, verzeichnet derzeit eine Statistik von 17-12-3, bei 2,8 Gegentoren im Schnitt.
Coach Hitchcock schützt seine Stammkraft derzeit noch in der Öffentlichkeit: "Er muss nur wieder frei im Kopf werden. Da hilft aktuell auch kein Training um ehrlich zu sein. Da muss es nur irgendwie Klick im Kopf machen, dann läuft es auch wieder besser."
Und grundsätzlich will man an ihm wohl auch festhalten, wie Armstrong betont: "Er wird auf lange Sicht unser Torhüter bleiben. So eine Entscheidung trifft man ja nicht kurzfristig. Wir werden ihm alle Unterstützung geben." Keine überraschenden Aussagen, wenn man bedenkt, dass der GM den Vertrag des Torhüters ja kürzlich erst für vier Jahre verpflichtet hat, ihm ein Salär von insgesamt 17,4 Mio. US$ zugesichert hat.
Viele Beobachter hinterfragen inzwischen allerdings die Entscheidung vom 24. Juni 2016, nur eine Woche nachdem man Torwart Brian Elliott an die Calgary Flames abgegeben hatte.
Ob Copley, der in der AHL eine Bilanz von 11-4-1 und eine Fangquote von rund 92% vorzuweisen hat da die Antwort sein kann, das erscheint fraglich. Das Vertrauen in den eigentlichen Backup von allen, Carter Hutton, scheint aktuell jedenfalls auch nicht sonderlich groß zu sein, denn dieser saß heute auch wieder nur auf der Bank, bekam nicht das Vertrauen von Coach Hitchcock für das Auswärtsspiel bei den Jets.
Jedoch hat diese Aktion unzweifelhaft die Sinne der Mitspieler geschärft, den Finger auch nach außen deutlich sichtbar in die Wunde gelegt. Die damit verbundene Botschaft an die Mannschaft war nicht zu übersehen.
Die Clubführung schreckt offensichtlich selbst vor so unkonventionellen Maßnahmen nicht zurück um das Team endlich wachzurütteln. Die nächsten Wochen werden entscheidend werden, ob auch tatsächlich wieder mehr Ruhe bei den Blues einkehren kann. Welcher Torhüter das dann allerdings mit bewerkstelligen kann, das erscheint aktuell jedoch noch völlig unklar.