Stammer

Gute Nachrichten für alle bis auf Goalies und Verteidiger: In der NHL fallen aktuell so viele Tore, wie schon lange nicht mehr. Nach mittlerweile über einem Monat in der neuen Saison 2017/18 fällt eine Zwischenbilanz für die Angriffsreihen der NHL-Clubs äußerst erfreulich aus: In den ersten 274 Partien fielen insgesamt 1.661 Treffer, womit jede Mannschaft im Durchschnitt 3,03 Tore pro Spiel erzielte.

Die Ausbeute ist deutlich ertragreicher als noch in den Vorjahren. Seit der Saison 2005/06, als die Teams durchschnittlich 3,08 Tore pro Spiel schossen, war die Quote nicht mehr auf einem ähnlich hohen Wert wie heute.
Im Gegensatz zum Vorjahr, als dieser Wert bei 2,77 lag, bedeutet die vorläufige Torquote in 2017/18 ein Plus von knapp zehn Prozent. Natürlich verwundern diese Zahlen nicht, wenn man berücksichtigt, dass die Schiedsrichter in den vergangenen Wochen strenger durchgriffen und deutlich mehr Strafzeiten verhängten, als in den vergangenen Spielzeiten. Durchschnittlich profitiert ein Team von 3,51 Überzahlgelegenheiten - 0,52 mehr als in der Vorsaison.
Dennoch, so sehr die Schlussfolgerung von der Foulspiel- zu der Torquote einleuchten mag, so sehr stiftet ein detaillierter Blick auf die Spielerstatistiken Verwirrung. Weil die Fans aktuell so viele Tore bejubeln dürfen, liegt die Vermutung nahe, dass die Stürmer hungriger aufs Toreschießen sind als früher. Doch weit gefehlt: Anders als gedacht, zeichneten sich in den ersten sechs Wochen in der neuen Saison die Topscorer weniger dadurch aus, dass sie die Torsirene selber aufheulen lassen, sondern setzten viel öfter ihre Mitspieler in Szene.
Steven Stamkos (8 Tore, 23 Assists), Johnny Gaudreau (7 Tore, 17 Assists), Phil Kessel (8 Tore, 16 Assists), Blake Wheeler (5 Tore, 18 Assists), Brayden Schenn (5 Tore, 17 Assists), die in der NHL-Scorerliste in den Top-Ten rangieren, haben allesamt etwas gemeinsam: Sie bereiten deutlich mehr Tore vor, als sie selber erzielen. Einzig Nikita Kucherov (16 Tore, 14 Assists) tanzt aus der Reihe und lässt es sich nicht nehmen, häufiger selbst einzunetzen, als den Pass zu suchen.

Während in der Vorsaison zu diesem Zeitpunkt nur zwei Spieler (Tyler Seguin und Mark Scheifele) über 20 Scorerpunkte auf ihrem Konto hatten, sind es aktuell 16 und Kucherov ist der einzige, der mehr Tore schießt als vorbereitet. Im Vorjahr waren die Topscorer noch viel gieriger und kaum einer verbuchte Mitte November doppelt so viele Assists wie Tore.
Mit seiner Ausbeute von 1,72 Punkten pro Spiel, die er vornehmlich mit Vorlagen sammelte, macht Stamkos derzeit vor, wie man einen Topwert ergattern kann und etliche Spieler ziehen ihm nach. Sollte Stamkos seine Produktivität bis zum Saisonende durchhalten, wird er einen historischen Wert erreichen. Seit der Saison 2000/01 gelang keinem Spieler ein besserer Punkteschnitt (bei über 50 Punkten). Damals erreichte Pittsburgh Penguins Franchiselegende Mario Lemieux mit 35 Toren und 41 Assists in 43 Spielen eine Quote von 1,77.
Weil Tampa Bay Lightning Center Stamkos früher weniger als genialer Vorlagengeber, denn als eiskalter Vollstrecker in Erscheinung trat, ist die Entwicklung besonders verblüffend. Seit der mittlerweile 27-jährige Kanadier in 2008 der Liga beitrat, erzielte er bis auf wenige Ausnahmen immer mehr Tore selbst und so lässt der Blick auf die aktuelle Scorerliste tatsächlich einen Sinneswandel erahnen.