Chicago Blackhawks v Montreal Canadiens

Neun Schweizer NHL-Spieler gibt es derzeit in der NHL. Alphabetisch gelistet sind dies Stürmer Kevin Fiala (Los Angeles Kings), Stürmer Nico Hischier (New Jersey Devils), Verteidiger Roman Josi (Nashville Predators), Stürmer Philipp Kurashev (Chicago Blackhawks), Stürmer Timo Meier (Devils), Verteidiger J.J. Moser (Phoenix Coyotes), Stürmer Nino Niederreiter (Winnipeg Jets), Verteidiger Jonas Siegenthaler (Devils) und Stürmer Pius Suter (Vancouver Canucks). Hinzukommt Torhüter Akira Schmid (Devils), der in dieser Saison schon NHL-Einsätze hatte, allerdings derzeit im AHL-Farmteam angesiedelt ist. 

Sie alle sind mittlerweile erfahrene Spieler, die schon ein paar Jahre in der NHL aktiv sind und ihren Landsleuten eigentlich zeigen, wie man an einer Karriere in der besten Liga der Welt bastelt.

Wenn man allerdings die Namen von den Spielern durchgeht, die in den letzten Jahren ihre Zelte in Nordamerika abgebrochen haben und nun wieder in der Heimat spielen, dann könnten mehr Spieler aus der Schweiz in der NHL aktiv sein.

Ganz ohne Bewertung der einzelnen Fälle, Kenntnis der persönlichen Hintergründe und nur neutral als reine Tatsache aufgeführt, sind in den vergangenen Jahren u. a. folgende Spieler aus Nordamerika in die Schweiz zurückgekehrt: Dean Kukan, Calvin Thürkauf, Gregory Hofmann, Denis Malgin, Sven Andrighetto, Noah Rod und Tobias Geisser. Teilweise waren sie sogar in der NHL aktiv, andere überhaupt nicht.

„Es gibt Spieler, die nach relativ kurzer Zeit in die Schweiz zurückgekommen sind. Als Schweizer habe ich manchmal das Gefühl, dass die Jungs zu früh aufgeben“, verdeutlicht dementsprechend auch die Schweizer Eishockeylegende Mark Streit im exklusiven Interview mit uns. „Wir haben sehr viel Qualität und in der NHL einige Topspieler, wie Nico, Roman, Kevin, Timo und Nino, aber mir fehlt ein wenig der Fortschritt.“

Der Verteidiger Streit hat als dritter Schweizer und erster Feldspieler des Landes im Jahr 2017 kurz vor seinem Karriereende mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup gewonnen. Auch sein Weg in die NHL war steinig. Selbst in der Schweiz musste er sich zu Beginn durchbeißen. Dann probierte er es in Nordamerika, kehrte jedoch in die Schweiz zurück, ehe er erneut den Schritt nach Übersee wagte, um mit 27 Jahren am 8. Oktober 2005 in der NHL für die Montreal Canadiens zu debütieren. Er legte in der Folge nahezu eine Bilderbuch-Karriere hin und wurde sogar Kapitän der New York Islanders. Seine weitere Station neben Montreal, die Islanders und Pittsburgh waren die Philadelphia Flyers.

Ottawa Senators v Philadelphia Flyers

„Ich weiß, dass häufig die Perspektive auf der Schweiz liegt, aber ich würde es einfach nur versuchen, den Weg in die NHL zu probieren“, empfiehlt Streit allen jungen Spielern. „Alles, was möglich ist, auf sich zu nehmen und zu investieren. In dieser Liga spielen zu können, ist das Größte, was dieser Sport zu bieten hat. Es ist das Topniveau und man spielt gegen die besten Spieler der Welt. Also ich würde den jungen Spieler sagen, um jeden Preis, den Weg in die NHL probieren, weil es jede Erfahrung, sei sie noch so schlecht, aber eben auch sehr gut, das Wert ist. Das Ganze ist kein Zuckerschlecken und man verdient nicht umsonst ein gutes Geld, aber der größte Reiz ist es einfach, in die beste Liga zu kommen und gegen die besten Spieler zu spielen. Das kann nichts toppen.“

Streit befürchtet, dass der ein oder andere Spieler es in der Zukunft bereuen könnte, wenn er nicht alles probiert hätte. „Wenn du mit 40 oder 50 wehmütig zurückschaust und nicht alles versucht hast, dann ist es zu spät“, erklärt er. „Die Karriere ist kurz und ein kurzes Zeitfenster. In dieser Zeit sollte man alles hineinlegen, um möglichst viel zu erleben. Und wenn man es mehrere Jahre versucht und nicht geklappt hat, dann hat man sich später nichts vorzuwerfen.“

Der 46-jährige Streit weiß wovon der spricht, denn er scheint vieles richtig gemacht zu haben. Ihm ist durchaus bewusst, dass es manchmal persönliche Gründe gibt, die Spieler zum Aufgeben zwingen und er möchte bestimmt niemand persönlich kritisieren. „Es gibt viele Eishockeyspieler, die in der Schweiz eine große Karriere hatten“, hebt er hervor. „Und daran gibt es bestimmt nichts auszusetzen. Mir geht es darum, dass das Schweizer Eishockey mehr Präsenz in Nordamerika haben könnte und einerseits die Spieler dadurch persönlich viel verpassen, andererseits der internationale Stellenwert der Schweiz gesteigert werden könnte.“

Er sieht eine Diskrepanz zwischen den Erfolgen der Schweizer Nationalmannschaften bei Weltmeisterschaften und der Spieleranzahl aus seinem Land in der NHL.

Ice Hockey Quarter Final - Day 13 - USA v Switzerland

„Wir feiern in der Nationalmannschaft und im U20-Bereich mittlerweile gute Erfolge, können mit den Top-Nationen mithalten, doch es fehlen Jungs, die jetzt langsam in die NHL nachrutschen“, stellt er fest. „Dagegen haben wir in der Schweiz viele gute Talente, was sicher unsere Liga attraktiv macht, doch wir könnten mehr in der NHL vertreten sein. Viele sind einfach zufrieden mit dem, was sie in der Schweiz haben. Das kann ich nicht verstehen. Mir ist schon klar, dass es nicht cool ist, fünf Jahre in der AHL zu spielen, aber so Beispiele wie beim Deutschen Tom Kühnhackl als zweifacher Stanley Cup Champion zeigen, dass meistens die Chance kommt und es sich lohnt. Ich fand es immer als das größte Ziel und habe dem fast alles untergeordnet. Das vermisse ich heute etwas, wenn die Spieler nach einem oder zwei Jahren in die Schweiz zurückkommen. Das finde ich schon schade.“

Hervorheben als positives Beispiel möchte Streit Verteidiger Moser, der jüngste unter den aktiven Schweizer NHL-Spielern. „Er macht seinen Weg in Phoenix. Ich finde das wunderbar und zeigt, wie es gehen kann“, betont er. „Er ist hochgezogen worden, hat seine Chance genutzt und ist mittlerweile der Hoffnungsträger in der Abwehr der Coyotes.“

Begeistert zeigt sich Streit auch von der Karriere von Yannick Weber, der sich lange Zeit in der NHL durchgebissen hat und mittlerweile seit 2021 noch sehr erfolgreich in der Schweiz bei den ZSC Lions spielt. „Der hat fast 500 Spiele in der NHL gemacht und stand im Stanley Cup Finale“, lobt Streit. „Für ihn war der Weg auch nicht immer einfach, stand oft auf der Kippe und hatte einige Stationen. Jetzt ruft er seine Leistungen Woche für Woche in der National League ab.“

Mit dem 26-jährigen Stürmer Thürkauf sorgt ein Rückkehrer aus Nordamerika in der Schweizer National League für viel Furore. „Wenn man zum Beispiel Calvin sieht, wie er beim HC Lugano spielt und ein Topscorer der Liga ist. Der hätte definitiv alle Voraussetzungen, um in der NHL bestehen zu können. Er bringt einfach alles mit“, ist Streit überzeugt und hofft, dass zukünftig wieder mehr Landsleute den Schritt nach Nordamerika wagen oder Rückkehrer, so wie er einst, einen zweiten Anlauf nehmen.

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