Leon Draisaitl ist der gefeierte Mann
Der Deutsche überzeugt bei den Edmonton Oilers mit einem Hattrick in Spiel Sechs gegen die Anaheim Ducks
von Robin Patzwaldt @RobinPatzwaldt / NHL.com/de Autor
Wirklich beeindruckend! Leon Draisaitl erreichte ausgerechnet in dem für sein Team so wichtigen Spiel Sechs der Stanley Cup-Playoff-Serie gegen die Anaheim Ducks einen neuen persönlichen Karrierebestwert, konnte mit drei eigenen Treffern und zwei weiteren Assists, fünf Punkten in Summe also, einmal mehr überzeugen. Und er wurde damit letztendlich beim sportlich überlebenswichtigen 7:1-Erfolg der Edmonon Oilers zum gefeierten Helden des Abends.
Wie bedeutend diese sportliche Leistung ist, das erkennt man auch sehr schön an der Tatsache, dass es in der Geschichte der Franchise zuvor lediglich Größen wie Wayne Gretzky (9x), Jari Kurri (3x), Glenn Anderson (2x) und Paul Coffey gelang fünf Zähler in einem einzigen Playoff-Spiel beizusteuern. Draisaitl katapultierte sich damit also auch bereits endgültig in eine Reihe mit den Legenden der Oilers.
Die Tatsache ist auch umso bemerkenswerter, als er im Vorjahr ja noch als Streichkandidat im Kader der Franchise aus Alberta galt und sich, nachdem er vor der Saison noch ins 'Farmteam' geschickt wurde, erst langsam wieder in den NHL-Kader zurückkämpfen musste. Heutzutage so längst schon nicht mehr vorstellbar, aber doch noch keine zwei Jahre her das Ganze.
Alleine in der laufenden Serie gegen die Ducks erzielte der junge Deutsche inzwischen stolze 13 Punkte.
Video: ANA@EDM, Sp6: Draisaitl komplettiert Hattrick
Draisaitl lieferte gerade auch nun beim 7:1-Erfolg am Abend im Rogers Place auf beeindruckende Art und Weise. Und damit können die Oilers nun auch wieder voller Zuversicht in das anstehende, alles entscheidende Spiel Sieben in der Serie am Mittwoch gegen die Kalifornier gehen.
"Ich gehe einfach da raus und versuche immer mein Bestes zu geben" gab sich Held des Abends nach dem Spiel jedoch sehr bescheiden. "Manchmal hat man eben einfach Glück, da scheint einem ein Team besonders gut zu liegen."
Mit nun 16 Punkten führt der junge Stürmer die Oilers allerdings teamintern in den Playoffs inzwischen sogar an. Da dürfte also wohl deutlich mehr dahinter stecken als nur etwas Spielglück. Sechs Tore und 10 Assists fallen einem ja nicht einfach so zu. Schon gar nicht in den Playoffs in der besten Eishockeyliga der Welt.
Zu Beginn der KO-Phase agierte er noch zusammen mit Center Connor McDavid in einer Reihe. Doch zuletzt wurde er, um Ryan Getzlaf in Reihen der Ducks etwas einzubremsen vom Coach anders eingesetzt, wurde selber als Center auf das Eis geschickt. Recht erfolgreich, wie sich herausstellte, denn Getzlaf gelang am Abend kein Stich.
"Ich spiele überall gerne. Egal ob im Zentrum oder auf dem Flügel. Der Trainer kann mich dorthin stellen wo ich gebraucht werde. Ich habe überhaupt kein Problem damit, versuche überall mein Bestmögliches beizusteuern damit unser Team Erfolg hat.", so Draisaitl im Nachgang des Spiels am Sonntag.
Video: ANA@EDM, Sp6: Oilers 5-Tore Flut im 1. Drittel
Seine Treffer erzielte er dabei u.a. bei einem Konter in der dritten Spielminute zur extrem wichtigen 1:0-Führung für die Oilers und auch zum beruhigenden 2:0 in der achten Spielminute des Eröffnungsdrittels. Zudem assistierte er mannschaftsdienlich beim Treffer von Mark Letestu im Powerplay in der 19. Spielminute (5:0) und beim sechsten Treffer in der ersten Spielminute des Mittelabschnitts. Die Krönung des Abends, die Vollendung des Hattricks, gelang dann mit dem Tor zum 7:1 im zweiten Spielabschnitt.
"Wir waren alle sehr gut heute, die gesamte Mannschaft. Ohne die Jungs hätte ich sicherlich keinen einzigen Zähler ergattert heute" übte er sich weiter in Bescheidenheit nach dem Spiel.
Nach dem bitter enttäuschenden 3:4 vor wenigen Tagen in Kalifornien zeigten die Jungs aus Edmonton tatsächlich eine beeindruckende Reaktion als Team. Damals verspielte man in den Schlussminuten bekanntlich noch eine scheinbar beruhigende 3:0-Führung, musste sich nach langer Verlängerung am Ende dann sogar noch den Ducks endgültig geschlagen geben. Davon war man in dieser Nacht meilenweit entfernt.
Nach dem bitteren Rückschlag im Honda Center zeigte sich kürzlich übrigens auch bereits die deutlich gestiegene Bedeutung des Deutschen in den Reihen der Oilers.
Zusammen mit Kapitän McDavid kauerte Draisaitl damals zunächst geknickt an der Bank der Gäste und betrauerte die Pleite. Doch schon nach wenigen Minuten rafften sich beide dann wieder gemeinsam auf, McDavid gab ihm noch einen aufmunternden Klapps auf die Schulter und man verließ gemeinsam und erhobenen Hauptes die Arena.
"Er hat mir gesagt, dass wir noch einmal nach Anaheim zu Spiel Sieben zurückkehren werden, dass es das noch nicht war" berichtete Draisaitl gegenüber den Kollegen von NHL.com.
"Das zeigt seinen herausragenden Charakter. Wir waren natürlich alle frustriert, das ist ja klar. Doch so leicht kriegt man uns eben nicht unter. Wir erholen uns von solchen Rückschlägen. Das ist so unsere Art."
Und das der Erfolg von Draisaitl in Spiel Sechs vom Sonntag ja beileibe auch kein reiner Zufall ist, das zeigt ja auch schon die Tatsache, dass ihm auch schon im ersten Spiel gegen Anaheim, beim 5:3-Sieg damals, stolze vier Zähle gelungen waren. Damals war er mit einem eigenen Treffer und der Assists am Teamerfolg ebenfalls bereits massiv beteiligt.
Letestu lobte Draisatl nachdem Spiel vom Sonntag dann auch fast schon überschwänglich: "Man hat ihm direkt in den ersten Minuten angemerkt, dass er sich heute sehr viel vorgenommen hatte. Seine ersten beiden Tore haben das dann natürlich eindrucksvoll unterstrichen. Er hat uns alle mitgerissen heute."
"Er hat sich großartig entwickelt, ist eine große Nummer für uns inzwischen" bekräftigt auch Kollege Milan Lucic. "Heute brauchten wir das ganz besonders, aber er überzeugt ja schon die ganze Saison über mit tollen Listungen. Doch jetzt hat er auch geliefert als es ganz besonders wichtig für uns war.
Ein sehr schönes Kompliment für den Deutschen, gerade auch von einem so routinierten Mannschaftskameraden. Nicht das er es noch gebraucht hätte. Aber auch das wird ihn sicherlich innerlich freuen. Wenn er es bei all seiner an den Tag gelegten Bescheidenheit sicherlich auch nicht an die ganz große Glocke hängen wird.
Leon Draisaitl ist inzwischen eben längst kein Streichkandidat bei den Edmonton Oilers mehr.