Connor Bedard CAN GER

Normalerweise spielen bei der U20-Junioren-Weltmeisterschaft Spieler, die 19 oder mindestens 18 Jahre alt sind, wenn sie dem jüngeren Jahrgang angehören. Es gibt aber ein paar außergewöhnliche Talente, die früher in das Geschehen dieses Turniers einsteigen.

Connor Bedard war im vergangenen Jahr bei der später wegen zu vieler Corona-Fälle abgebrochenen U20-Junioren-WM 2022 gerade einmal 16 Jahre alt. Man sollte meinen, eine Eishockey-Nation wie Kanada mit vielen starken Talenten, sollte es nicht nötig haben, einen solch jungen Spieler nominieren zu müssen. Doch die Wahrheit ist eine andere: Bedard ist einfach zu gut, um gegen die zwei bis drei Jahre ältere Konkurrenz nicht nur problemlos mitzuhalten, sondern eben auch zu performen und dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken.
So schoss er vor zwölf Monaten ein Tor im Gruppenspiel gegen Österreich und wurde zum zweiten Spieler nach Wayne Gretzky, der als 16-Jähriger bei einer Junioren-WM ein Tor erzielen konnte. Das abgebrochene Turnier beendete er nach zwei Einsätzen mit vier Toren und einem Assist auf dem zweiten Platz der Scorerliste.

Bei der Neuauflage im August war Bedard, der am 17. Juli 2005 geboren wurde, bereits 17 und leistete mit vier Toren sowie vier Assists in sieben Spielen seinen Beitrag für Kanada zum Gewinn der Goldmedaille.
Wenn es eines weiteren Beweises bedurft hätte, dass Bedard zunehmend besser wird und in seiner Leistungsfähigkeit zulegt, dann erbringt er ihn in diesen Tagen. Bei der Junioren-WM 2023 in Halifax und Moncton trumpfte der aus North Vancouver stammende Stürmer in der Gruppenphase auf wie kein Zweiter.
Im ersten Spiel am Montag wurden die Kanadier noch geschockt. Sie verloren überraschend ihr Auftaktmatch in der Gruppe A gegen Tschechien mit 2:5. Doch neben Shane Wright (Nr. 4 im NHL Draft 2022; Seattle Kraken) traf auch Bedard zum zwischenzeitlichen 2:3-Anschluss.
Die Wut über den kanadischen Fehlstart bekamen mit Deutschland und Österreich am Mittwoch und Donnerstag die nächsten Gegner zu spüren. Es hatte den Eindruck, dass beide Partien ganz im Zeichen von Bedard standen. Die vorwiegend kanadischen Zuschauer feierten den Jungstar bereits mit lautstarken "M-V-P"-Rufen (MVP = Most Valuable Player = wertvollster Spieler).
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Beim 11:2-Sieg gegen Deutschland verbuchte Bedard sieben Punkte (drei Tore, vier Assists) und stellte damit den kanadischen Einzelspielrekord ein. Vor ihm haben das Kunststück vier seiner Landsleute geschafft (Dave Andreychuk gegen Norwegen, drei Tore, vier Assists, 4. Januar 1983; Brenden Morrow gegen Kasachstan, zwei Tore, fünf Assists, 2. Januar 1999; Mike Cammalleri gegen Frankreich, drei Tore, vier Assists, 25. Dezember 2001; Gabriel Bourque gegen Lettland, drei Tore, vier Assists, 26. Dezember 2009).
"Ich finde es cool", meinte Bedard, als er nach dem Spiel gegen Deutschland darauf angesprochen wurde. "Es gibt natürlich ein paar ziemlich gute Namen auf dieser Liste. Aber es ist vor allem schön, einen Sieg zu holen. Ich hatte ein paar ziemlich glückliche Treffer, es war einfach einer dieser Abende."
Der etwas mehr als 18 Monate ältere Wright freute sich mit über die Leistung seines Teamkollegen. "Ich habe mit ihm gescherzt, dass er in diesem Spiel sieben Punkte erzielt hat und ich in diesem Jahr insgesamt sechs Punkte", erzählte der Angreifer, der in dieser Saison zwei Punkte (ein Tor, ein Assist) für die Kraken und vier Tore für Coachella Valley in der AHL erzielen konnte.
"Es war ein unglaubliches Spiel und ziemlich verrückt, was er da draußen gemacht hat. Es war mit Sicherheit ein besonderer Abend", führte Wright weiter aus. "Er könnte wahrscheinlich auch in dieser Liga (der NHL) ein paar Punkte pro Spiel machen. Da gibt es nicht viel mehr dazu zu sagen. Er ist einfach ein spezieller Spieler. Ich habe nicht viele individuelle Leistungen wie die seinen gesehen."
Und Bedard machte nur 24 Stunden später dort weiter, wo er am Tag zuvor aufgehört hatte. Gegen Österreich steuerte er zum 11:0-Sieg seiner Kanadier zwei Tore und vier Assists zu weiteren sechs Punkten bei. An Silverster im letzten Gruppenspiel gegen Schweden (5:1) drückte Bedard der Partie erneut seinen Stempel auf. Er bereitete drei kanadische Tore in den ersten zwölf Minuten des Spiels vor und legte im dritten Drittel noch ein viertes selbst nach. Seine Gesamtbilanz der Vorrunde laut damit beeindruckende sechs Tore und zwölf Assists.
Mit insgesamt 15 Toren hat Bedard bereits den kanadischen Rekord bei Junioren-Weltmeisterschaften gebrochen, der bisher von Jordan Eberle gehalten wurde. Das alles hat er in nur 13 Spielen geschafft. Zwei weitere kanadische Rekorde hat er eingestellt: die meisten Punkte aller Zeiten (31), womit er mit Eric Lindros (12 Tore, 19 Assists in 21 Spielen) gleichzieht, und die meisten Punkte bei einer U20-WM (18), gehalten von Dale McCourt und Brayden Schenn.
Sein Mitspieler Adam Fantilli, der im College-Hockey auf der Jagd nach eigenen Rekorden ist und in der Draft-Klasse 2023 ebenfalls sehr hoch eingestuft wird, ist im Vergleich dazu praktisch verblasst. Er steht nach den vier Spielen bei einem Tor und zwei Assists und muss neidlos anerkennen, was Bedard zu leisten im Stande ist, wenn er es nicht schon vorher gewusst hat. "Was er macht, ist so besonders und die Art und Weise, wie er es macht, ist erstaunlich, also haben wir im Moment nichts als ein anerkennendes Lächeln für ihn übrig", betonte Fantilli.
Logan Stankoven, der amtierende CHL-Spieler des Jahres und der einzige Stürmer im Team Kanada, der mit Bedard an allen drei World Juniors teilgenommen hat, ist fast 900 Tage älter als Bedard. Er hat in diesen drei Turnieren beeindruckende 19 Punkte erzielt, was seinen Status als einer der besten Nachwuchsspieler unterstreicht. Doch Bedard hat jetzt bereits 31 Zähler auf dem Konto.
"Ich war dankbar, dass ich heute Abend in einer Reihe mit ihm stand", gab Stankoven nach der Begegnung mit Deutschland fast demütig zu Protokoll.
Bedard befindet sich nicht erst ab dem Viertelfinale gegen die Slowakei am Montag (Di. 0:30 Uhr MEZ) auf einer besonderen Mission. Nicht nur sein zweites Gold bei den U20-Junioren-WM will er erreichen, sondern auch weitere U-20-Rekorde in Angriff nehmen.
Der Kanadier Jason Botterill gewann von 1994 bis 1996 drei Goldmedaillen in Folge bei der IIHF Junioren-Weltmeisterschaft. Das könnte der am schwersten zu erreichende Einzelrekord sein. Vielleicht wird er sogar nie erreicht werden, doch wenn dann könnte Bedard es schaffen.
In 2023 jährt sich der Tag der Rekorde der Schweden Peter Forsberg (24 Assists, 31 Punkte) und Markus Naslund (13 Tore), die in einem einzigen Turnier erzielt wurden, zum 20. Mal. Diese werden für Bedard nur schwer zu erreichen sein, doch beide waren damals im älteren Jahrgang und schon 19 Jahre alt.
Die Bestleistung von Jaromir Jagr aus dem Jahr 1990, immerhin später zweitbester Scorer der NHL aller Zeiten, könnte zum Beispiel fallen und ist bereits eingestellt. Der Tscheche holte im Alter von ebenfalls unter 18 Jahren insgesamt 18 Punkte (5 Tore, 13 Assists) in sieben Partien in einem Turnier. Die NHL-Legenden Gretzky und Eric Lindros, die unter 18 Jahren jeweils 17 Punkte erzielten, hat Bedard schon überholt. NHL-Größen wie Connor McDavid (11 Punkte in sieben Spielen), Mario Lemieux (10 Punkte in sieben Spielen) und Sidney Crosby (neun Punkte in sechs Spielen) hat er hinter sich gelassen. Nur ein weiterer Beweis, wie gut er ist.