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Die Gefühlslage rund um die Detroit Red Wings ist aktuell recht kompliziert. Einerseits ist man dort derzeit etwas wehmütig und sogar traurig, weil die Traditionsfranchise aus der besten Eishockeyliga der Welt in diesem Frühjahr erstmals seit dem Jahre 1990 wieder die Playoffs verpasst hat, und natürlich auch und besonders, weil man die geliebte Heimstätte, die 'Joe Louis Arena', über den Sommer verlassen musste. Andererseits ist das Umfeld dort genauso aufgeregt, weil die nun anstehende offizielle Inbetriebnahme der nagelneuen 'Little Caesars Arena' für die Franchise ein absolut positives Highlight darstellt.
Doch egal wie man den Schwerpunkt für sich ganz persönlich als Beobachter hier setzen mag, es ist zweifelsohne das Ende einer geschichtsträchtigen und äußerst emotionalen Ära in Detroit, die Zeit für einen sportlichen und organisatorischen Neuanfang ist da.

Und in einem solch krassen Wechsel, da liegt eben immer auch ein Stück weit Fluch und Segen zugleich. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass diese Übergangsphasen in der Geschichte eines Teams bzw. einer Franchise immer besonders spannend und ereignisreich verliefen.
Teilweise gelingt der Start in eine neue, ruhmreiche Epoche dabei ziemlich rasch, teilweise ist das Ende einer solchen Zeitspanne mit einer längeren Umbauphase, mit einer größeren Durststrecke verbunden gewesen.
Spontan erinnert man sich hier an den Umzug der Toronto Maple Leafs vom alten 'Maple Leafs Garden' in das neue 'Air Canada Centre'. Einen riesigen Einschnitt in die Franchisegeschichte der 'Leafs', den die Anhänger teilweise heute noch bedauern. Und das nach stolzen 18 Jahren.
Da die großen Erfolge der Franchise, in diesem Falle natürlich die Titelgewinne in der NHL, jedoch alle noch in der Zeit vor dem Einzug in die neue Heimat liegen, träumen viele Anhänger halt noch immer von den 'guten alten Zeiten' im historischen Stadion.

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Das erscheint für Außenstehende vielleicht verwunderlich, denn wer einmal einen Blick auf die alte Eishalle geworfen hat, der würde das moderne 'Air Canada Centre' dem Altbau ein paar Straßen weiter jederzeit vorziehen.
Aber wo große Emotionen im Spiel sind, da ist die Logik eben längst nicht immer gefragt.
Ein ganz ähnliches Szenario könnte nun auch den 'Wings' drohen. Zumal die Mannschaft auch hier sportlich eher in einem Tal steckt, deren Ausmaße aktuell noch nicht wirklich abzusehen sind. Es könnte tatsächlich ein paar Jahre dauern, bis man als Anhänger des Teams wieder von ganz großen Erlebnissen im neuen Eispalast träumen darf.
Ähnlichen Trennungsschmerz machten zuletzt übrigens bekanntlich auch die New York Islanders durch. Auch hier zog man im Jahre 2015 erst vom völlig veralteten "Nassau Veterans Memorial Coliseum" auf Long Island in das deutlich modernere ' Barclays Center' nach Brooklyn um.
Viele Fans der Franchise lehnten die moderne, deutlich komfortablere Halle jedoch ab, wollten dem Team nicht dorthin folgen. Dabei hätte den 'Isles'-Fans eine zeitgemäßere Umgebung grundsätzlich unbestritten gut zu Gesicht gestanden. Die Erinnerungen an die Erfolgszeiten der 1980er-Jahre beeinflusste hier die Beurteilung der grundsätzlich positiven Aktion bei einigen Anhängern genauso erheblich.

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Doch nicht nur das Ende einer Ära in Bezug auf Stadion bzw. Halle eines Teams kann eine nur schwer zu überwindende Hürde in der langfristigen Entwicklung einer Mannschaft darstellen. Auch das Karriereende eines verdienten Führungsspielers bedeutet allzu häufig einen so gravierenden Einschnitt in die Geschicke der Organisation, dass der Betrachter es rückblickend in die Ära vor und nach der Entscheidung einteilen möchte.
Immer dann, wenn sogenannte Franchisespieler wie zum Beispiel von Kaliber eines Joe Sakic (in Colorado), Steve Yzerman (Detroit), Scott Stevens (New Jersey) oder auch eines Mark Messier (u.a. New York Rangers) die Schlittschuhe an den sprichwörtlichen Nagel hängen, dann besteht die Gefahr eines sportlichen Bruchs im Team.
Wer wird das Team in Zukunft führen, wer die Verantwortung auf dem Eis tragen, wenn es wirklich darauf ankommt? Spieler dieser Güte findet man selbst in der besten Eishockeyliga der Welt nicht in allzu großer Anzahl.
Der Abgang eines solchen Akteurs ist also für alle Teams ein kritischer Schritt. Wenn eine solche Ära endet, dann sind nicht wenige Teams schon in eine längere Umbauphase gerutscht, dann mussten Fans nicht selten durch ein ungeahnt langes Tal schreiten.
Früher oder später sind bisher alle Teams der Liga wieder nach oben gekommen, doch auf Knopfdruck gelingt das Vorhaben nur äußerst selten.
Blicken wir nun noch einmal auf unser Ausgangsbeispiel, die Red Wings aus der Motor-City Detroit, dann ist festzustellen, dass das Team derzeit eigentlich in beiden Punkten betroffen ist.
Führungsspieler sind über den Zenit ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit, die Traditionsspielstätte wird gegen eine supermoderne Arena getauscht, deren Räume es nun erst einmal mit neuen Träumen und Emotionen zu füllen gilt. Das ist so gesehen eine recht extreme Situation für das Team.
Doch bei aller berechtigten Sorge vor den großen Umstellungen und der damit verbundenen Arbeit liegt in einem solchen Komplettumbruch immer die riesige Chance etwas ganz neues aufzubauen, etwas Stück Sportgeschichte ganz neu zu entwickeln.
Und genau das zu beobachten, das wird in und um Detroit in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren mit Sicherheit sehr spannend sein. Die Beispiele aus der Vergangenheit beweisen das.