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Die Vancouver Canucks zelebrieren seit Montag die "Legends Week" (Legenden-Woche). Dessen Höhepunkt ist am Mittwochabend (Ortszeit) die höchste Ehre, die einem Eishockey-Spieler zuteilwerden kann: Die Trikots von Henrik und Daniel Sedin werden in einer Zeremonie in der Rogers Arena unter das Hallendach gezogen. Die Zwillinge hatten bei den Canucks eine Ära geprägt. Zum Start in die Sedin-Woche wurde eine Legenden-Umkleidekabine im Stadion eingeweiht.

Eine Umkleidekabine für Legenden
Normalerweise ist die Rogers Arena im Herzen von Vancouver an einem Montagmorgen wie leergefegt. Nicht aber an diesem Tag: Zahlreiche lokale Journalisten, darunter auch viele Kollegen aus Schweden hatten sich schon vor neun Uhr früh in der Heimspielstätte der Canucks eingefunden. Diese hatten zum "Kaffee mit den Sedins" eingeladen. Treffpunkt war die Sektion 316 im Oberrang, wo der Klub einen "Legends Locker Room" (Legenden-Umkleidekabine) eingerichtet hatte.
Dort sind Vereins-Ikonen wie Stan Smyle, Trevor Linden, "The Russian Rocket" Pavel Bure und Markus Naslund verewigt. Auf einem nachgebauten Kabinenplatz finden sich deren Trikots, Helm und Handschuhe sowie bewegende Geschichten zu ihren Karrieren. Besagte Legenden-Kabine wurde nun um zwei Plätze erweitert: Die Nummer 33 von Henrik sowie die 22 von Daniel Sedin prangern auf den Trikots, Infotafeln und Bildschirmen.

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Der Aufstieg zum Legenden-Status
Es ist kurz nach neun Uhr, als sich alle Blicke auf den Umlauf richten. Henrik in einem dunkelgrauen Poloshirt sowie Daniel in einem blauen Hemd laufen gutgelaunt auf die Journalistenschar zu. Sie wirken keineswegs wie Lichtgestalten, sondern eher wie zwei schwedische Hockey-Jungs, die zu einer Stippvisite an der alten Wirkungsstätte vorbeischauen. Die Sedin-Zwillinge werden herzlich empfangen, greifen sich einen Kaffee und führen lockere Gespräche. Ihr Auftritt wirkt dabei nicht gezwungen. Insgesamt sollten sich die Sedin-Brüder geduldig über eine Stunde Zeit für Fotos und Interviews nehmen. Sowohl auf Englisch als auch auf Schwedisch.
Auf die anstehenden Feierlichkeiten angesprochen, sagte Daniel: "Das bedeutet uns alles." Die Sedins wurden gemeinsam im Jahr 1999 von den Canucks gedraftet: Daniel an zweiter Stelle, Henrik direkt danach an dritter Position. Seitdem blieben die Zwillinge immer zusammen. Sie spielten in derselben Reihe - aus Jungs wurden Männer, aus Männern wurden Führungsspieler und aus Führungsspielern wurden Legenden. Henrik gewann im Jahr 2010 die Art Ross Trophy (meiste Scorerpunkte in der regulären Saison) sowie die Hart Trophy (wertvollster Spieler der Hauptrunde), Daniel beerbte seinen Bruder ein Jahr später und staubte 2011 die Art Ross Trophy ab. "Wir haben nicht darüber nachgedacht", erinnerte sich Henrik. "Zwillinge kommen in die NHL, werden vom selben Team gedraftet und gewinnen Scoring-Titel in darauffolgenden Jahren? Für uns war das ganz normal."
Alleine gut, zusammen besser
Center Henrik ist bis heute Vancouvers Franchise-Rekordspieler in Sachen Spiele (1330), Scorerpunkte (1070) und Assists (830). Flügelspieler Daniel ist der beste Torjäger (393) in der Canucks-Historie und folgt in Sachen Spiele (1306), Assists (648) und Punkte (1041) auf Rang zwei hinter Henrik.
Doch nicht nur als Individualisten, sondern vor allem als Brüder-Paar waren die Sedins kaum zu stoppen. Ihr Zusammenspiel war ligaweit gefürchtet. Henrik und Daniel fanden sich auf dem Eis blind. Schnell war deshalb von der "Sedinery" die Rede. Die beiden 39-Jährigen sind die einzigen Gebrüder in der NHL-Geschichte, die jeweils die Schallmauer von 1000 Scorerpunkten durchbrachen.
"Ich denke, dass ich ohne ihn nicht hier wäre", sagte Henrik über die Symbiose mit Daniel. "Er hat mich angetrieben. Es war schwer, auf NHL-Level zu trainieren, aber jemanden an deiner Seite zu wissen, der in jedem Level auf demselben Niveau ist, egal ob an der Beinpresse oder beim Radfahren, war wichtig. Wir sind uns so ähnlich. An jedem Tag, auch im Sommer, hat er mich angetrieben, damit ich der Beste werde - und ich habe ihn angetrieben."

Trikot-Zeremonie als Höhepunkt
So war auch klar, dass die Karriere nach der Saison 2017/18 im Paarflug beendet wurde. In ihrem letzten Heimspiel setzten die beiden Schweden noch einmal ein emotionales Ausrufezeichen: Henrik servierte Daniels Siegtor in der Overtime (4:3 n.V. gegen die Arizona Coyotes).
Fast zwei Jahre nach ihrem Karriereende wird den Sedins nun die ultimative Ehre zuteil: Beim Spiel gegen die Chicago Blackhawks in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (4.30 Uhr MEZ, live bei NHL.tv) wird die 22 und die 33 unter das Hallendach gezogen. Ein Akt für die Ewigkeit, denn ihre Nummern dürfen fortan von keinem anderen Spieler des Klubs mehr getragen werden.
Einen Vorgeschmack darauf gab es bereits am Montag, als Smyle, Linden und Naslund - Bure konnte nicht persönlich anwesend sein - kurz vor dem ersten Bully mit neuen Bannern geehrt wurden. Das Team scheint das befeuert zu haben: Im Anschluss fegten die Canucks die Nashville Predators mit 6:2 vom Eis. In einer Unterbrechung im ersten Drittel gab es einen Highlight-Film über die Sedins, danach wurden beide auf dem Video-Würfel eingeblendet. Die Rogers Arena wurde laut und zeigte stehende Ovationen. Kaum auszudenken, wie Vancouver bei der Sedin-Zeremonie reagieren wird.