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Vor dem Saisonstart in der vergangenen Woche war Mark Streit noch offensichtlich optimistisch. In seiner sympathischen Art verriet er mit einem Lächeln im Gesicht in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen, dass er den Kampf um die Positionen in Team der Montreal Canadiens annehmen würde, räumte aber zugleich ein, dass es möglichweise seine letzte Saison in der NHL werden könnte.
Der 39-jährige Verteidiger hätte wohl zu diesem Zeitpunkt kaum daran gedacht, dass er nur etwas mehr als eine Woche später erneut vor einer schwierigen Phase in seiner Karriere stehen würde. Bereits am Mittwoch gab es erste Gerüchte, die Canadiens würden Streit traden wollen.

Ein Blick zurück. Im Juni gewann Streit zusammen mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup, obwohl er zuvor eine schwere Zeit in den Playoffs durchmachte und bis auf drei Partien die Spiele von der Tribüne aus mit ansehen musste. Trotzdem erhielt er seinen Tag mit dem Pokal, den er Anfang August in seiner Heimatstadt Bern zelebrierte. Die Penguins erreichten mit einer Sondergenehmigung der NHL außerdem, dass Streit auf der Trophäe mit seinem Namen verewigt wurde. Eine große und berechtigte Ehre!
Ende Juli konnte er nach langer Suche einen Vertrag mit einjähriger Laufzeit in Montreal unterschreiben und sein Engagement in der NHL so verlängern. Streit zeigte sich begeistert angesichts der Tatsache, dass er dorthin zurückkehren würde, wo seine erfolgreiche Karriere in der NHL im Jahr 2005 begann.
Nicht im Traum wäre ihm eingefallen, dass sie dort mit ihm so schlecht umgehen würden und er nach nur zwei Saisonspielen auf das Abstellgleis manövriert werden würde. Es ist schwer nachzuvollziehen, warum und weshalb die Canadiens diesen Schritt vollzogen haben. Eine offizielle Stellungnahme gibt es dazu nicht.
Der Anspruch in Montreal an die Canadiens ist groß und die Fans, sowie die Presse verfolgen alle Schritte genauestens und teilweise mit Argwohn. Weil sie in den vergangenen Jahren immer wieder an ihren eigenen Ansprüchen, um den Stanley Cup mitspielen zu wollen, jäh gescheitert sind, ist die Stimmungslage extrem angespannt. Der verpatzte Saisonstart mit drei Niederlagen in vier Spielen und 13 Gegentoren macht die Situation nicht besser. General Manager Marc Bergevin und der als Hoffnungsträger im Frühjahr verpflichtete Trainer Claude Julien stehen bereits gewaltig unter Druck.

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Gut möglich, dass Streit hierbei als Bauernopfer dient, doch so richtig will diese Maßnahme nicht überzeugen, wenn man einen neu verpflichteten Aktiven bereits nach zwei Spielen, in denen er wahrlich nicht der Grund des Versagens war, schon wieder schasst. Andererseits ist der Berner durch seinen für NHL-Verhältnisse geringen Verdienst in Höhe von jährlich 700.000 Euro die billigste Variante, das Exempel zu statuieren.
Am Donnerstag wurde Streit, nachdem ein Transfer woanders hin nicht zustande kam, auf die Waiverliste gesetzt. Da auch in den darauf folgenden 24 Stunden kein anderes Team zugreifen wollte, müsste er nun theoretisch seinen Dienst im Farmteam Laval Rocket in der AHL antreten. Der Saisonbeginn ist allerdings ein denkbar schlechter Zeitpunkt zum Wechsel angeboten zu werden, denn die Mannschaften haben eher zu viel Auswahl an Spielern als zu wenig.
Streit bat um Bedenkzeit über das Wochenende. Es wird spekuliert, dass er sich den Weg ins Farmteam nicht mehr zumuten wird. Doch denkbar ist alles und es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung ausfällt. Er spiele noch zu gern Eishockey, hatte er auf dem Eis nach dem Stanley Cup Gewinn in Juni, auf ein mögliches Karriereende angesprochen, gesagt. Ob die Freude an seinem Sport durch die jüngsten Vorfälle verraucht ist, wird sich zeigen.
Eine Option wäre auch die Vertragsauflösung und ein Engagement in der heimischen Nationalliga A, wo einige Vereine ihn sicherlich mit Handkuss nehmen würden. Das hatte Streit im Sommer zwar ausgeschlossen, doch die Möglichkeit dadurch im Frühjahr an den Olympischen Spielen 2018 in Pjöngjang teilzunehmen, könnte ein Anreiz für diese Konstellation sein.
Wie immer sich Streit auch entscheiden wird, sein Ruf und die Reputation als einer der besten Schweizer Eishockeyspieler, der vielen seiner Landsleute den Weg in die NHL ebnete, wird ihm nicht zu nehmen sein.