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Ein echtes NHL-Spektakel

Die Pittsburgh Penguins und die Washington Capitals erfreuen beim 8:7 die Fans, aber sicherlich nicht ihre Trainer

von Robin Patzwaldt @RobinPatzwaldt / NHL.com/de Autor

Was für ein Eishockeyspektakel! Mit letztendlich sage und schreibe 8:7 Toren bezwangen die Pittsburgh Penguins in ihrem Heimspiel am Abend die Washington Capitals. Viele Beobachter fühlten sich in die 'gute alte Zeit' zurückversetzt, als Eishockey noch weniger taktischen Einschränkungen der Trainer unterlag, das Spiel eher weit offen und frei von langen Abtastphasen und geduldigem Warten auf den entscheidenden Fehler im System des Gegners war.

Es war übrigens das torreichste NHL-Spiel seit dem 27. Oktober 2011, als die Winnipeg Jets damals die Philadelphia Flyers mit sage und schreibe 9:8 schlagen konnten. Eher ein Randaspekt dabei, wenn auch ein nicht unwichtiger, war hinterher, dass es den Penguins somit auch in ihrem dreizehnten Heimspiel in Serie gelang zumindest einen Punkt zu ergattern. Denn damit sind und bleiben die Titelverteidiger die Mannschaft in der Liga mit der besten Heimbilanz (19-2-2).

Den beiden beteiligten Trainern hingegen dürfte ein so offen geführtes Spiel vermutlich deutlich weniger gefallen haben als den Zuschauern, welche gestern in Pittsburgh vollends auf ihre Kosten kamen. Zudem stellt sich bei einem solchen Spiel die Frage, ob so etwas wohl in den Playoffs auch möglich wäre. Vermutlich eher unwahrscheinlich, wenn auch natürlich nicht ausgeschlossen.

Der gestrige Sieg der Gastgeber beendete zudem die Serien beider Teams auf die wohl spektakulärste denkbare Weise. Nach zuvor neun Erfolgen in Serie kassierten die Gäste aus der US-Hauptstadt somit einmal wieder eine Niederlage. Die Pittsburgh Penguins hingegen, welche zuvor ihrerseits drei Mal sieglos blieben, durften nach dem Torfestival endlich mal wieder ausgelassen jubeln, feierten entsprechend gemeinsam mit ihren Fans in der eigenen Halle.

Conor Sheary sorgte nach rund dreißig gespielten Sekunden in der Verlängerung für die abrupte Entscheidung in einem Spiel, welches zu den spektakulärsten seit Jahren gezählt haben dürfte, sicherlich aber wohl das kurioseste der bisherigen Saison war.

Ein Spiel, in dem Superstar Evgeni Malkin im zweite Drittel seinen 11. Karriere-Hattrick erzielen konnte und Kollege Sidney Crosby mit seinem 27. Saisontreffer die Führung in der Torjägerliste ausbauen konnte, zudem auch noch weitere zwei Assists zum glücklichen Erfolg beisteuern konnte. 0:3 lagen die Gastgeber zwischenzeitlich bereits zurück, um dann nach 40 Minuten plötzlich mit 6:5 in Führung zu liegen. Die sechs Treffer der 'Pens' fielen dabei in lediglich elf Minuten. Das waren mehr Gegentreffer in dieser kleinen Zeitspanne für die Gäste als zuvor in einem ganzen Spiel der bisherigen Saison. Ein wahres Albtraumspiel für die beteiligten Torhüter also. Ein seltener Feiertag hingegen für alle Offensivkräfte beider Teams.

 Video: WSH@PIT: Malkin erzielt im 2. Drittel einen Hattrick

Ein Spiel, das so einen kuriosen Verlauf nahm, dass die Spieler nach dem Spiel erst einmal scheinbar ungläubig in die Runde schauten, bevor sie wirklich glauben konnten das es nun tatsächlich vorbei war und das Eis dann in Richtung Umkleide verließen.

"Ich hörte die Leute jubeln, doch ich wusste gar nicht mit 100%iger Sicherheit, dass die Scheibe wirklich drin war. Ich konnte es schlicht nicht sehen" sagte der Siegtorschütze nach der Begegnung. Es war sein bereits zweiter Treffer des Abends. Zudem hatte auch Sheary noch einen Assist gutgeschrieben bekommen.

Und acht Gegentreffer für die ambitionierten Capitals sind auch eher eine Seltenheit. Genauer gesagt gab es dies so schon seit inzwischen 11 Jahren nicht mehr. "Das zweite Drittel gehört zu den verrücktesten Dingen, die ich im Hockey je gesehen habe" bilanzierte auch Mike Sullivan, der Coach des Titelverteidigers aus Pittsburgh, hinterher.

Lars Eller traf gleich doppelt für Pittsburgh, und T.J. Oshie, Brett Connolly, Nicklas Backstrom, Justin Williams und Andre Burakovsky jeweils einfach. Selbst die Verteidiger Justin Schultz und Trevor Daley konnten an diesem Abend neue persönliche Punktbilanzen erzielen. Schultz gelangen gleich vier Assists, Daley deren drei.

Video: WSH@PIT: Williams täuscht Verteidiger und trifft

Der deutsche Torhüter Philipp Grubauer, seines Zeichens bekanntermaßen einer der besten Backups der Liga, erlöste zwischenzeitlich einen entnervt wirkenden Braden Holtby, der im Mitteldrittel das Eis vorzeitig verließ.

Vor dem Spiel galt die Defensive der Hauptstädter noch als die statistisch beste der Liga, nach dem Spiel gestern stellten sich diesbezüglich nun aber ungewohnt viele Fragen. War das ein einmaliger Ausrutscher? Kann sich das Wiederholen? Haben die Penguins gar den Schlüssel gefunden, der die Defensive der Caps zum Wackeln bringen kann?

Nach einem ersten Treffer von Malkin in der 27. Minute eröffneten sich jedenfalls die Möglichkeiten für die Pinguine. Und nicht nur für diese. Beide Teams erzielten acht Treffer binnen elf Minuten. Sechs davon waren für die Hausherren. Plötzlich war die schöne Drei-Tore-Führung der Gäste Makulatur, hatte sich der deutliche Vorsprung gar in einen 5:6-Rückstand gedreht.

Am Ende des Drittels notierten die Statistiker das erste mit sechs Treffern für Pittsburgh seit dem März 2000, als ein solches Kunststück dem Team zuletzt einmal gegen die New York Islanders gelang.

Doch wer gedacht hätte, dass Spiel sei durch einen Treffer von Crosby im Schlussdrittel zum 7:5 dann quasi vorentschieden, der sollte sich auch mit dieser Annahme einmal mehr getäuscht haben. Zwei weitere Treffer der Gäste durch Oshie und Eller sicherten den 'Caps' noch die Verlängerung, und damit zumindest auch den einen Punkt, den auch sie nach so einem Spektakel ja nun wirklich objektiv verdient haben.

Video: WSH@PIT: Pens treffen im 2. Drittel sechs Mal

Trösten mochte sie dieser Zähler hinterher wohl nicht so wirklich. Zu bitter waren die sechs Gegentore in so kurzer Zeit. "Bei uns lief zuletzt vieles über Spiele hinweg richtig gut, aber was uns da im zweiten Spielabschnitt heute passiert ist, das war dann aber auch mal so richtig übel" grämte sich beispielsweise Eller nachher deutlich.
In St. Louis haben die Capitals bereits am Donnerstagabend gegen die dortigen Blues die Gelegenheit es wieder deutlich besser zu machen. Das dürfte naturgemäß ihr Anspruch sein. Vor allem eben auch in der Abwehr. Nach den in dieser Saison bisher gezeigten konstant guten Leistungen gibt es zudem nach diesem wirklich von beiden Mannschaften ausnahmsweise einmal vogelwild geführtem Spitzenspiel allerdings keinerlei grundlegende Zweifel an ihren defensiven Fähigkeiten.

Den Fans hat das Spektakel nun etwas unverhofft einmal wieder gezeigt wie schön Eishockey sein kann, wenn es taktisch völlig unverkrampft und offensiv gespielt wird. Und in diesem Punkt ist es dann einfach ein großer Vorteil, wenn man kein Trainer eines der beteiligten Teams ist. Als Fan darf man sich über ein solches Spiel nämlich ohne ein schlechtes Gewissen zu haben schlicht und einfach nur freuen!

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