NJD@EDM: Draisaitl mit der Rückhand beim Breakaway

Leon Draisaitl muss sich schon daran gewöhnt haben, dass er häufig mit Wayne Gretzky verglichen wird, seitdem er schon im Juniorenbereich in Nordamerika von den Medien zum "German Gretzky", also den deutschen Gretzky, gekürt wurde. Da passte es ins Bild, dass der Kölner im NHL Draft 2014 an dritter Stelle an die Edmonton Oilers ging. Ausgerechnet das kanadische Team, mit dem der großartige Gretzky seine größten Erfolge, unter anderem vier Stanley Cup Titel holte und den Grundstein dafür legte, dass er heute immer noch die NHL-Statistiken mit insgesamt 2.857 Punkten (894 Tore, 1.963 Assists) in 1.487 Spielen der regulären Saison anführt, sowie viele Einzelrekorde dominiert.

Während Gretzkys Zeit bei den Oilers verbuchte der Kanadier sowohl die Rekordmarke von 92 Toren in einer regulären Saison als auch den Rekord von 215 Punkten. Als einziger Spieler in der Geschichte der NHL erzielte er über 200 Scorerpunkte in der regulären Saison und dies gelang ihm gleich vier Mal.
Es waren andere Zeiten, aber angesichts dieser Zahlen ist schon fraglich, ob es angebracht ist, wenn jemand mit Gretzky verglichen wird, der nicht annähernd in diese Sphären kommt und wohl nicht kommen wird. Doch wenn man die Bezeichnung German Gretzky dahingehend deutet, dass Draisaitl für das deutsche Eishockey das bedeutet und bedeuten wird, was einst Gretzky für das kanadische war, dann erlangt sie zunehmend seine volle Berechtigung. Wobei es sogar viele Talente in Kanada gibt und geben hat, die großartige Leistungen im Eishockey in der NHL vollbracht haben, aber es bis vor Jahren undenkbar war, dass ein Deutscher jemals als bester Spieler der NHL gehandelt wird. Und das derzeit völlig zurecht.
Draisaitl hat seinen Platz in den Geschichtsbüchern der Oilers bereits sicher, seitdem er den letzten Treffer in der alten Arena, Rexall Place, im April 2016 vor den Augen vieler ehemaliger Stars von Edmonton, wie Gretzky und Mark Messier, erzielte und hinterher von ihnen Gratulationen bekam. "Das war unglaublich. Ihnen die Hand zu schütteln, ist die coolste Sache, die ich jemals erlebt habe", schwärmte Draisaitl damals.

EDM@PIT: Draisaitl läuft allen davon und trifft in OT

Ein nächster Meilenstein gelang Draisaitl, als er in der abgelaufenen Saison 50 Tore erzielen konnte und diese Marke erst als fünfter Oilers-Spieler in der Geschichte und als erster seit - wem sonst - Gretzky und Jari Kurri in der Saison 1986/87 erreichte.
Kein Wunder, dass selbst ein Gretzky ins Schwärmen über den Deutschen und seinem Sturmpartner Connor McDavid gerät. "Mark und ich haben nie in der Art aufeinander geschaut, dass wir erwartet hätten, dass der andere dies oder das tut", sagte 'The Great One' letztens über sich und Messier. "Wir kannten nur unsere Rollen und was wir dem Eishockey-Klub zu bringen haben und haben uns diesbezüglich gepuscht und haben so mehr für die Gruppe erreicht."
"Man kann es jetzt auch bei den beiden sehen", fuhr Gretzky über Draisaitl und McDavid fort. "Sie sind sehr uneigennützig zum anderen. Sie haben keine Egos und so wichtig wie Connor für Leon ist, so ist es Leon für Connor. Vieles von den, was Mark und ich waren."
Solche Zitate von Gretzky sind natürlich ein Ritterschlag für Draisaitl, aber er baut selbst genug an seinem Status. Man muss sich vor Augen halten, dass er in der vergangenen Saison der einzige Spieler in der NHL mit 50 Toren und zeitgleich mindestens 100 Punkten (105) war. Draisaitl war zweiter hinter Alex Ovechkin bei den Treffern und vierter bei den Punkten hinter Nikita Kucherov, McDavid und Kane. Das deutet darauf hin, dass er zumindest der kompletteste Spieler der NHL als Passgeber und Torschütze war und es vielleicht weiterhin ist.

Draisaitl MW Video 118

Draisaitl erzielte am Freitag in der Begegnung gegen die New Jersey Devils (Endstand 4:0) das 1:0 in der 22. Minute und erklomm in der Saison im 18. Saisonspiel als zweiter Spieler nach David Pastrnak von den Boston Bruins die 30-Punkte-Marke. Er wurde der fünfte verschiedene Spieler in der Franchise-Geschichte und der erste seit 20 Jahren, der so viele Tore in den ersten 18 Saisonspielen markieren konnte (Gretzky 5x, Jarri Kurri 2x, Glenn Anderson 1x und Alexander Selivanov 1x).
Und wieder darf Gretzky nicht fehlen: Draisaitl ist der erste Edmonton-Spieler, der 30 Punkte in 18 oder weniger Spielen seit Gretzky in der Saison 1987/88 (10 Tore, 23 Assists, 33 Punkte in 13 Spielen) vollbringen konnte. Auch wenn hier deutlich wird, dass die Zahlen des Kanadiers im Vergleich beeindruckender sind, darf das die Leistung Draisaitls in keiner Weise schmälern und es verdeutlicht, dass der ihm einst gegebene Spitzname mehr und mehr Wirklichkeit wird, wenn auch in kleineren Dimensionen.
"Sie spielen ein komplett anderes Spiel", erklärte Gretzky. "Keiner spielt wie Connor. Er hat eine Geschwindigkeit, die kein anderer erreicht, vielleicht sogar jemals. Sein Spiel geht nur Nord-Süd. Leon nimmt Fahrt raus, wie es Patrick Kane macht. Aber es eine Sache Fahrt aus dem Spiel zu nehmen. Es ist eine andere Sache, die anderen Jungs dazu zu bringen auch Fahrt herauszunehmen, wie es Kane macht. Leon macht seine Beine breit und bremst alle und Connor geht hinein wie eine Lokomotive und gibt Vollgas."
Doch beide haben eines gemeinsam, was auch Gretzky und Messier auszeichnete: Den unbedingten Willen zu gewinnen. Zurzeit klappt das ganz gut, anders als in den beiden Vorjahren. Die Oilers führen mit 24 Punkten die Pacific Division an, eine Position, die sie gerne verteidigen möchten und nach zwei Jahren des Scheiterns erneut in die Stanley Cup Playoffs einziehen wollen. Denn alle Rekorde und Glanzleistungen verblassen irgendwann, wenn am Ende nicht um das große Ziel, den Stanley Cup, mitgespielt wird. So wie es Gretzky und Messier mehrfach schafften. Hier haben Draisaitl und Mc David noch etwas vor sich.