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Die Detroit Red Wings im Wandel

Die Traditionsfranchise aus Michigan steht vor vielen großen Herausforderungen und dem Ende einer Ära

von Robin Patzwaldt @RobinPatzwaldt / NHL.com/de Autor

In diesem Frühjahr wird in Michigan ein Kapitel Eishockeygeschichte beendet. Nicht nur, dass die Detroit Red Wings zum ersten Mal seit gut einem Vierteljahrhundert mit ziemlicher Sicherheit einmal wieder die Playoffs der NHL komplett verpassen werden, gleichzeitig zieht die Franchise dann auch von der altehrwürdigen Joe Louis-Arena in den im kommenden Herbst neu eröffnenden neuen Eishockeytempel namens Little Caesars Arena.

Dementsprechend ist die Stimmungslage aktuell in Detroit. Daran konnte auch der 4:2-Erfog der 'Wings' gegen den Erzrivalen, die Chicago Blackhawks' am Abend nichts ändern. Ganz im Gegenteil. Der Sieg sorgte, als kleine Wiedergutmachung für die deftige 1:6-Klatsche in Boston gegen die Bruins zuvor, bei vielen Beobachtern in der Halle und vor den Fernseheräten in aller Welt für wohlig sentimentale Stimmung rund um dieses 'Original Six'-Duell mit dem Titelträger von 2010, 2013 und 2015, dem letzten Kräftemessen dieser Art an diesem geschichtsträchtigen Ort.

Vergleichbare Erfolge der Red Wings sind inzwischen schon etwas länger her, und beim langsamen tabellarischen Absturz der letzten Jahre, der nun in der erstmaligen Nichtteilnahme an der KO-Runde münden wird, auch so rasch wohl nicht mehr zu erwarten.

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Das hat auch Darren Helm jüngst schon zu bestätigt: "Wir müssen aber trotzdem da rausgehen und uns immer voll reinhängen. Ganz unabhängig davon ob wir ein Playoff-Team sind oder auch nicht. Wie sind ja trotzdem noch immer ein sehr stolzes Team hier und wollen und müssen bis zum Schluss immer alles geben auf dem Eis."

Die Traditionsfranchise aus Michigan nimmt also nicht nur von der alten Halle Abschied, sondern auch ein Stück weit von der erfolgsverwöhnten Vergangenheit. Zukunft derzeit völlig offen.

Es wird schnellstmöglich ein neues Team aufgebaut werden müssen, wenn man in Detroit zukünftig wieder große Titel und Erfolge feiern möchte. Dementsprechend schwelgen viele Beteiligte, Team, Fans und auch Medienvertretern aktuell besonders gerne und viel in der glorreichen Vergangenheit. Wer sich in der Nacht die TV-Übertragung des Spiels angesehen hat, der wird es bezeugen können.

Einen neuen Anlauf auf den Stanley Cup nehmen? Das dürfte vermutlich noch Jahre entfernt sein. Über Jahre hinweg sind die Red Wings nun ein Opfer ihrer eigenen Erfolge geworden. Gute Draft-Möglichkeiten waren in den letzten Jahren selten, kommen hier die tabellarisch tiefer platzierten Teams doch im Regelfall zuvor zum Zuge.

Die lange Serie an ununterbrochenen Endrundenteilnahmen hat die Franchise aus Michigan langsam 'vergreisen' lassen. Junge Nachwuchsspieler waren zumeist nicht solche Hochkaräter, wie sie andere Franchises hinzu bekamen.

Über Jahre hinweg waren die Red Wings das letzte Team, welches aus der Vor-Salary-Cap-Zeiten diesem Mechanismus der stetigen Umwälzung der Kräfteverhältnisse in der Liga irgendwie wiederstehen konnte. Während die anderen ehemals 'großen' Teams wie z.B. auch die Colorado Avalanche, welche in ihrer Hochzeit ebenfalls ein Hauptkonkurrent an der Spitze der NHL war, diesem System schon vor Jahren Tribut zollen mussten, von frisch aufgebauten, jungen Teams in der Tabelle überholt wurden, so ihrerseits zu einem Neuaufbau gezwungen wurden, steht dieses den Detroit Red Wings nun auch noch kurz bevor.

Dass dies nun ausgerechnet quasi zeitgleich mit dem Umzug in die neue Arena vonstattengehen muss, das ist natürlich nicht gerade ideal, aber vielleicht dann letztendlich auch Chance und Risiko zugleich, kann man nun doch einen klaren Schnitt machen, in neuer Umgebung, mit neuem Personal, den Neuaufbau angehen, die Fans in der schönen neuen Umgebung neu begeistern.

Alleine im NHL Entry Draft des Jahres 2017 besitzen die 'Wings' inzwischen übrigens stolze 11 Picks. Allerdings ist davon auch wieder nur einer in der ersten Runde angesiedelt.

General Manager Ken Holland kennt die herausfordernde Situation nur zu genau: "Im Draft geht es ja um 18-Jährige. Das Resultat dieser Aktivitäten kann man häufig erst in Jahren erkennen. Wir brauchen da Geduld. Und auch der Free Agent Markt gibt nur ganz selten wirkliche Stars her" bestätigte er kürzlich der Detroit Fee Press.

Wenn diese erfolgreiche Ära nun im Frühjahr erst einmal zu Ende geht, dann sind die Red Wings, und das darf man dabei ja natürlich nicht vergessen, das erfolgreichste Team des letzten Vierteljahrhunderts in der besten Eishockeyliga der Welt. Sechs Mal erreichte man seit 1990 das Stanley Cup Finale, ging dabei viermal als Gewinner des heißbegehrten Stanley Cups daraus hervor.

Dessen ist sich auch Tomas Tatar soweit klar: "Wenn man dieses Logo auf der Brust trägt, dann ist man sich der großen Ehre immer voll bewusst. Da will man sich selbst und der ganzen Welt beweisen, dass man das verdient hat. Ganz unabhängig davon wie viele Spiele es noch sind oder auch wie der Tabellenstand ist."

Die letzte wirklich starke Saison des Teams aus Detroit war allerdings bereits das Jahr 2013. Immerhin kam man damals noch bis ins Halbfinale der Western Conference. Dort verspielte man dann allerdings einen zwischenzeitlichen 3:1-Vorsprung in der Serie gegen den gestrigen Gegner, die Chicago Blackhawks, den Erzrivalen. Chicago setzte sich damals in der Verlängerung von Spiel 7 durch und gewann anschließend den Titel. Seither kam von den Wings dann nicht mehr allzu viel.

Nach starken Jahren ging der Schwung etwas verloren. Nun ist es damit wohl endgültig erst einmal vorbei. Auch wenn es zu einzelnen positiven Überraschungen wie dem Erfolg am Freitagabend natürlich immer noch einmal reichen kann.

Seit 2013 beendete man die KO-Runde in der NHL stets in der ersten Runde. Auch die bis dahin verbliebenen Stars Pavel Datsyuk und Johan Franzen gingen dem Team verlustig. Trainer Mike Babcock ebenso, trainiert inzwischen bekanntlich das junge und aufstrebende Team aus Toronto.

Stattdesseen engagierte man Jeff Blashill, welcher zuvor noch gänzlich ohne Trainererfahrung in der Liga war. Über die Gründe für Babcocks Abgang diskutiert man in Detroit heute noch. Viele hätten ihn gerne behalten.

Am 1.März, zur Trading Deadline, war das Signal recht eindeutig. "Auch ich wäre lieber Käufer gewesen" gibt GM Holland unumwunden zu. Doch das war er eben diesmal nicht mehr.

Der Neuanfang in Detroit wird kommen. Wie er jedoch genau aussehen wird, darüber muss aktuell noch spekuliert werden. Der Zustand des Teams ist also ähnlich dem der neuen Halle. Man erkennt zwar schon Umrisse, aber die Details, die Feinheiten sind noch nicht wirklich ausgearbeitet.

Etwas trösten kann Fans der Franchise aktuell allerdings die Tatsache, dass Detroit durchaus eine gute Tradition darin hat Talente zu entdecken und zu sich zu holen.

Und hierbei kann sicherlich auch die neue Halle, welche einer kürzlich veröffentlichten Animation nach wirklich spektakulär werden dürfte, ein Stück weit helfen. Die alte Joe Louis Arena, machen wir uns nichts vor, lebt seit Jahren schon nur noch von der Geschichte. Sie konnte zuletzt weder für Spieler, Fans noch für Sponsoren ein echter Anziehungspunkt sein.

Wenn es gelingt, dass die Red Wings das neue Gebäude möglichst nahtlos rasch mit jungem Talent und Leben zu füllen, so wie es die Edmonton Oilers ja gerade vor machen, die vor Saisonbeginn ebenfalls in eine neue Arena umgezogen waren, dann könnte es auch Detroit in relativ kurzer Zeit wieder gelingen für hoffnungsvolle Gesichter im März und April zu sorgen, während man diesmal lediglich die letzten neun Heimspiele im alten 'Wohnzimmer' etwas wehmütig herunterzählen kann.

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