DE WJC Roundup 1227

Während der IIHF Juniorenweltmeisterschaft 2026 in Minnesota vom 26. Dezember 2025 bis 5. Januar 2026 wird NHL.com/de an den Vorrunden-Spieltagen und dem Viertelfinale jeweils 5 Erkenntnisse aus den Spielen zusammenstellen.

Heute: Der 2. Spieltag am 27.12.2025

Deutschlands Fehlstart und das Strafbank-Problem

Für die deutsche U20-Nationalmannschaft entwickelte sich der zweite Turniertag zu einer bitteren Lehrstunde in Sachen Bereitschaft und Konstanz. Nach dem respektablen Auftakt am Vortag verschlief das Team von Bundestrainer Tobias Abstreiter den Start gegen die Slowakei vollkommen. Bereits im ersten Drittel wurde deutlich, dass die körperliche und mentale Frische fehlte, um dem hohen Tempo des Gegners Paroli zu bieten. Das Schussverhältnis von 3:19 aus deutscher Sicht sprach eine deutliche Sprache und belegte die passive Haltung, mit der die DEB-Auswahl in die Partie ging. Nur dank einiger starker Paraden von Torhüter Linus Vieillard blieb der Rückstand zur ersten Pause mit 0:2 noch in einem halbwegs erträglichen Rahmen.

Die Mannschaft fand zu keinem Zeitpunkt zu ihrem Rhythmus, was Verteidiger Carlos Handel nach der Schlusssirene schonungslos analysierte. „Ich glaube nicht, dass wir so gut gespielt haben wie gestern“, gestand Handel offen ein. „Wir müssen von Anfang an besser spielen. Die Slowakei kam raus und wollte den Sieg mehr. Das ist der Grund, warum wir verloren haben.“

Diese fehlende Intensität in den Zweikämpfen und die gedankliche Langsamkeit führten dazu, dass die Slowaken das Spielgeschehen nach Belieben diktieren konnten. Zwar zeigte sich Deutschland im weiteren Verlauf bemüht, doch die Hypothek des schwachen ersten Abschnitts wog zu schwer, um gegen einen solch disziplinierten Gegner noch einmal zurückzukommen. Besonders die 14 Strafminuten im Spiel brachen den entstehenden deutschen Rhythmus immer wieder. Die Slowakei musste nur für vier Minuten in Unterzahl agieren und bestrafte die deutschen Undiszipliniertheiten gleich zweimal.

Die Erkenntnis für die kommenden Aufgaben gegen Schweden und die Schweiz ist klar: Ohne volle Konzentration ab der ersten Sekunde und mit zu vielen Strafzeiten wird es schwer Punkte einzufahren.

Chrenko macht den Unterschied

Während Deutschland mit sich selbst haderte, feierte die Slowakei einen Helden, der das Spiel fast im Alleingang entschied. Tomas Chrenko avancierte zum unbestrittenen „Game-Breaker“ in der Grand Casino Arena. Der Stürmer demonstrierte eindrucksvoll, was Effizienz auf diesem Niveau bedeutet. Seinen ersten Treffer erzielte er, als er einen freien Puck im hohen Slot eroberte, sich blitzschnell drehte und Vieillard mit einem überraschenden Schuss keine Abwehrchance ließ. Es war genau diese Kaltschnäuzigkeit im Abschluss, die den Deutschen an diesem Nachmittag fehlte. Chrenko wartete nicht auf die perfekte Gelegenheit, er kreierte sie sich durch Geistesgegenwart und Handlungsschnelligkeit selbst.

Seine Gala setzte er kurz vor Ende des ersten Drittels fort, als er im Powerplay, nur 47,3 Sekunden vor der Sirene, einen Pass von Adam Nemec direkt verwandelte. Dieser psychologisch wichtige Treffer brach den Willen der deutschen Mannschaft frühzeitig. Den Hattrick komplettierte Chrenko schließlich mit dem Glück des Tüchtigen, als sein Passversuch von Verteidiger Moritz Kretzschmar unglücklich ins eigene Netz abgefälscht wurde. Chrenkos Leistung war sinnbildlich für den Unterschied zwischen beiden Teams. Während Deutschland Chancen liegen ließ, nutzte der slowakische Angreifer jeden Zentimeter Raum, den man ihm gewährte, gnadenlos aus. Mit drei Toren sicherte er nicht nur den 4:1-Erfolg, sondern brachte sein Team in eine hervorragende Position im Kampf um das Viertelfinale.

Schweizer Betonabwehr beeindruckt beim Debüt

Das Duell zwischen den USA und der Schweiz glich auf dem Papier dem Kampf zwischen David und Goliath. Mit einer historischen Bilanz von 25 Siegen bei nur zwei Niederlagen gingen die USA als haushoher Favorit in die Partie. Doch was die Zuschauer in der Arena zu sehen bekamen, war kein Schützenfest des Gastgebers, sondern ein beeindruckendes defensives Bollwerk der Eidgenossen. Bei ihrem ersten Auftritt bei dieser Weltmeisterschaft präsentierte sich die Schweizer Mannschaft taktisch hervorragend eingestellt und machte die Räume vor dem eigenen Tor extrem eng. Die USA, die am Vortag noch sechs Treffer erzielt hatten, bissen sich an der disziplinierten Struktur der Schweizer immer wieder die Zähne aus.

Der Moment, der die Sensation greifbar machte, ereignete sich im zweiten Drittel. Nachdem die USA mühsam in Führung gegangen waren, fasste sich Basile Sansonnens ein Herz. Sein eher harmlos wirkender Fernschuss fand den Weg durch den dichten Verkehr vor dem Tor und rutschte an US-Goalie Nicholas Kempf vorbei zum Ausgleich ins Netz. Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille in der Arena, als den Fans des Gastgebers bewusst wurde, dass dieses Spiel auf Messers Schneide stand. Auch wenn die USA am Ende durch einen Treffer aus spitzem Winkel von Will Zellers mit 2:1 gewannen, dürfen die Schweizer diesen Auftritt als moralischen Sieg verbuchen. Sie zwangen den Top-Favoriten bis zur letzten Sekunde, alles abzurufen, und bewiesen, dass sie an einem guten Tag jeden Gegner ärgern können.

Kanada entkommt der Blamage

Auch in der Gruppe B tat sich einer der großen Favoriten unerwartet schwer. Kanada musste gegen Außenseiter Lettland bis in die Verlängerung zittern, um einen knappen 2:1-Sieg einzufahren. Dabei war die spielerische Überlegenheit der Kanadier zwar offensichtlich, doch sie fanden kaum Mittel gegen die aufopferungsvoll kämpfenden Letten. Lettlands Trainer Artis Abols hatte sein Team perfekt eingestellt und die Defizite in der individuellen Klasse durch eine kluge Taktik kompensiert. „Wenn du eine Waffe mit 100 Kugeln hast, kannst du überall hinschießen. Aber wenn du eine Waffe mit zehn Kugeln hast, musst du clever sein“, beschrieb Abols seine Philosophie treffend. Seine Mannschaft blockte Schüsse, warf sich in jeden Passweg und frustrierte die kanadischen Stars über weite Strecken.

Dass es für Kanada nicht zur absoluten Blamage kam, verdankten sie der individuellen Klasse ihrer Top-Talente in der Verlängerung. Nachdem Lettland kurz vor Ende der regulären Spielzeit durch Rudolfs Berzkalns ausgeglichen hatte, drohte das Spiel zu kippen. Doch in der Extraschicht bewies Gavin McKenna Übersicht, als er Michael Hage mit einem präzisen Querpass bediente. Hage fackelte nicht lange und hämmerte den Puck per Direktabnahme in die Maschen. Es war ein Arbeitssieg, der den Kanadiern deutlich vor Augen führte, dass Talent allein nicht reicht, wenn der Gegner taktisch diszipliniert und mit Leidenschaft verteidigt. Die „zehn Kugeln“ der Letten hätten fast gereicht, um den Riesen zu stürzen.

Tschechien schießt sich den Frust von der Seele

Nach der schmerzhaften Auftaktniederlage gegen Kanada zeigte Tschechien die erhoffte Reaktion und meldete sich mit einem fulminanten 7:2-Kantersieg gegen Dänemark im Turnier an. Die Mannschaft von Trainer Patrik Augusta ließ von der ersten Minute an keine Zweifel aufkommen, wer das Eis als Sieger verlassen würde. Besonders die Offensive, die gegen Kanada noch phasenweise Ladehemmung hatte, feuerte aus allen Rohren. Mit unglaublichen 52 Torschüssen deckten die Tschechen das dänische Gehäuse ein und ließen dem Aufsteiger kaum Luft zum Atmen.

Ein entscheidender Faktor war dabei das Überzahlspiel, das an diesem Tag wie eine gut geölte Maschine funktionierte. Drei Powerplay-Tore unterstrichen die Qualität der Special Teams, die im weiteren Turnierverlauf noch wichtig werden könnten. Angeführt von Verteidiger Tomas Galvas, der mit einem Tor und zwei Vorlagen glänzte, spielte sich das Team den Frust von der Seele. Auch Vaclav Nestrasil trug sich in die Torschützenliste ein und feierte seinen Treffer mit einer selbstbewussten Geste, die zeigte: Das Selbstvertrauen ist zurück.

Dieser dominante Auftritt war genau die richtige Medizin vor dem schweren Duell gegen Finnland. Tschechien hat bewiesen, dass mit ihnen zu rechnen ist, wenn sie ihre PS aufs Eis bringen.