Draisaitl Stutzle Seider 8 30

Tim Stützle von den Ottawa Senators, Moritz Seider von den Detroit Red Wings und nicht zuletzt Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers stehen wie kaum andere für den Erfolg des deutschen Eishockeys in diesen Tagen. Die drei sind nicht nur die am höchsten jemals in einem NHL Draft ausgewählten Spieler aus Deutschland (Draisaitl 2014 und Stützle 2020 jeweils an Nr. 3 und Seider 2019 an Nr. 6), sondern sind auch die Aushängeschilder ihres Landes. Der Auszeichnung von Verteidiger Seider mit der Calder Trophy als der beste Neuling der NHL in der Saison 2021/22 bedeutete den vierten wichtigen NHL-Award für einen deutschen Spieler in drei Jahren, nach dem Gewinn der Art Ross (bester Scorer), Hart Memorial Trophy (MVP) und dem Ted Lindsay Award (Spieler MVP) in 2020 durch Draisaitl.

Nicht nur diese Fakten, sondern auch weitere beeindruckende Zahlen, verweisen auf den zunehmenden Einfluss, den deutsche Spieler in der NHL gewinnen. Vor 20 Jahren markierten sechs Deutsche in der NHL-Saison (Marco Sturm, Jochen Hecht, Uwe Krupp, Sascha Goc, Sven Butenschön, Jason Holland) insgesamt 82 Punkte. Vor 10 Jahren erzielten sechs Deutsche (Christian Ehrhoff, Marcel Goc, Dennis Seidenberg, Alexander Sulzer, Jochen Hecht, Marco Sturm) zusammen 104 Zähler. Vergangene Spielzeit sammelten sechs Deutsche (Draisaitl, Stützle, Seider, Nico Sturm, Lukas Reichel, JJ Peterka) insgesamt 239 Punkte. Mit Nico Sturm hat in diesem Sommer ein Deutscher zum fünften Mal in den letzten elf Jahren den Stanley Cup in die Höhe stemmen können.

Draisaitls Top 5 Tore in 2021/22

"Ich denke, es zeigt, dass wir Spieler haben, die (in ihren NHL-Teams) eine wichtige Rolle einnehmen: Top-D-Pairing, Top-6 (Stürmer) mit viel Eiszeit", erwähnt Draisaitl bei der NHL European Player Media Tour in Paris am vergangenen Mittwoch mit diesen Zahlen konfrontiert. "Und es kommen immer mehr dazu. Und hoffentlich werden es in ein paar Jahren noch mehr sein."
Auch Stützle war wie Seider und Draisaitl in Paris zugegen, wo sich die Hautevolee der europäischen NHL-Spieler am 24. August zu einem Pressetermin traf. Er ist begeistert, welche Entwicklung die Spieler aus seinem Land in den letzten Jahrzehnten zurückgelegt haben. "Ich meine, es ist toll zu sehen, dass wir Jungs wie Mo, Leon und Nico haben", verdeutlicht er. "Was auch toll zu beobachten ist, dass wir unser gemeinsames Potenzial da draußen haben. Das nächste Jahr wird also wirklich gut für das deutsche Eishockey werden. Und ja, man kann den Hype in Deutschland wirklich sehen, jeder, der ein Eishockey-Fan ist, ist super aufgeregt über das, was hier passiert, also ja, es wird sicher eine Menge Spaß machen, zu sehen, wie sich das noch entwickelt."

Stützles Top 5 Tore in 2021/22

Seider sieht in erster Linie den wichtigen Vorbildeffekt, den der zunehmende Erfolg auf die kommenden Generationen haben kann. "Es ist einfach cool zu sehen, dass deutsche Eishockeyspieler in der Liga an erster Stelle stehen. Die Leute bekommen einfach das Vertrauen in ihren Teams viele Minuten zu spielen, und es dabei spielt keine Rolle mehr, ob man ein Deutscher oder ein Schweizer ist, oder ob man aus Nordamerika kommt. Von daher denke ich, dass es eine Motivation für junge Kinder in Deutschland sein sollte, zu versuchen, die gleichen Schritte zu machen wie wir."
In der höchsten Managementebene der NHL betrachten sie durchaus interessiert, was sich in Deutschland tut und wollen das zu ihrem Vorteil nutzen. "Deutschland ist ein wirklich wichtiger Markt für uns", betont NHL Deputy Commissioner Bill Daly, der ebenfalls in Paris zugegen war. "Der Eishockeysport ist in Deutschland präsenter und stärker vertreten als beispielsweise in Frankreich. Wir denken also, dass der deutsche Markt längerfristig eine echte Perspektive für uns darstellt. Die prominenten deutschstämmigen Spieler, die wir jetzt in der Liga haben, sprechen für die Entwicklung der Prozesse und Programme in Deutschland, sowohl im Jugendhockey als auch in der Profiliga. Die DEL hat großartige Arbeit bei der Entwicklung von Spielern für uns geleistet. Wir haben eine langjährige Beziehung zu den Deutschen in der Spielerentwicklung, und sie stellen uns gerne die Spieler zur Verfügung, die aus ihrer Liga gedraftet werden oder die nach Nordamerika kommen. Und wir zahlen gerne für sie. Es ist also eine gute, gesunde und starke Beziehung, und die Zukunft des Eishockeys in Deutschland ist rosig."
Draisaitl, der derzeit die größte Aufmerksamkeit der Medien in Deutschland auch außerhalb des Eishockeys genießt, gibt sich auf die Frage, ob er das Gesicht des deutschen Eishockeys sei, entsprechend seines Naturells bescheiden und lacht erst einmal. "Ich werde nicht sagen, dass ich es bin", wiegelt der Kölner ab. "Wenn die Leute das so darstellen wollen oder es so sehen - klar, ich würde gerne mehr Kindern helfen, in ihrer Heimat Eishockey zu spielen, keine Frage. Aber ich werde hier nicht sitzen und sagen, dass ich das Gesicht des deutschen Eishockeys bin."
Aber Maßstab für die aufkommenden Spieler, Stürmerkollegen wie Stützle, Reichel und Peterka ist er durch seine in den vergangenen vier Jahren im Schnitt erreichten 1,4 Punkte pro Spiel schon? "Wenn ich das bin, ist das großartig", merkt Draisaitl an. "Ich hoffe, sie können mich übertreffen, noch besser werden als ich. Aber Stützle ist ein sehr talentierter junger Spieler, der schon zu Beginn seiner Karriere einige Erfolge verbuchen konnte. Die Jungs werden nur noch besser werden."
Seider ist sich durchaus bewusst, dass er bisher eine Traum-Karriere absolviert hat und regt an, dass mehr junge Spieler in seine Fußstapfen treten, ohne die Grundlagen einer guten Bildung zu vergessen. "Ich glaube, das war das Hauptziel, einfach einen Abschluss zu machen und in dieser Zeit Eishockey zu spielen", skizziert er den Weg. "Die Chance, in jungen Jahren in Mannheim zu spielen, war auch etwas ganz Besonderes. Aber dann hat man gemerkt: Okay, es kommen Scouts zu den Spielen. Man trifft sich mit einigen europäischen Scouts und fliegt zum Scouting Combine, das war neu für mich. Ich wusste nicht, wie es dort abläuft, und ja, es war auf jeden Fall etwas Besonderes und sollte ein Traum für jeden jungen Spieler sein."

Seiders Top 5 Spielzüge in 2021/22

Seider ist sich durchaus bewusst, dass in Deutschland seine Leistungen und die der anderen mittlerweile intensiv beobachtet werden. "Die Leute sehen sich immer NHL-Highlights an und wissen über die Liga Bescheid", ist er sich sicher. "Und das ist einfach so cool, das zu sehen. Ich weiß, dass die Leute in Deutschland um 1 Uhr morgens aufstehen, um dein Spiel zu sehen, und ja, das ist einfach etwas Besonderes für mich, und das treibt mich an und lässt mich weitermachen."