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Am 1. Januar 2017 eröffnete die National Hockey League mit dem Eröffnungsbully zum Scotiabank NHL Centennial Classic die Feierlichkeiten zur Jahrhundertsaison. Seit ihrer Gründung im Jahr 1917 sah die Liga zahlreiche Kultpersönlichkeiten.
Während dem Jahr 2017 wird euch NHL.com/de jeden Samstag mit zahlreichen Geschichten über die vergangenen 100 Jahre versorgen.
In dieser Rubrik werfen wir das Licht auf diejenigen, welche die deutsche, österreichische oder Schweizer Fahne in der Geschichte der Liga hoch gehalten haben. In dieser Ausgabe: Uli Hiemer.

Uli Hiemer wurde am 21. September 1962 in Füssen geboren. Während seiner Kindheit kam er über seinen Bruder zum Eishockey, das er mit sechs Jahren zu spielen begann. Bereits als Kind träumte er davon Profi in dieser Sportart zu werden und einmal in der NHL zu spielen.
"So etwas war in Deutschland zu dieser Zeit überhaupt undenkbar", sagte Hiemer kürzlich im Interview mit fuessenaktuell.de. "Aber ich habe es realisieren können."
Schon zu seiner Zeit waren bei den Junioren-Nationalmannschaften, die Hiemer durchlief Scouts aus den USA anwesend, die schon bald auf das Talent des Verteidigers aufmerksam wurden. Dave Smith, der in der Saison 1979-80 als Trainer in Füssen gearbeitet hat, empfahl schließlich Hiemer sein Glück in Nordamerika zu suchen.
"Ich habe mich allerdings nicht getraut", erzählte Hiemer. "Es war mir mit 17 Jahren zu früh dort rüber zu gehen. Das war noch alles sehr weit weg. Aber so kam der erste Kontakt zu Stande."
Nach der Eishockey-Weltmeisterschaft 1983 in Deutschland, Hiemer war bereits 1981 zu den Kölner Haien gewechselt, entschied er sich, im Sommer 1984 den Schritt in die NHL zu machen. Als der Entschluss bereits gefallen war, lernte er seine heutige Frau Karin kennen und es war nicht einfach deren Eltern zu erklären, dass er die Tochter nach nur sechs Monaten Beziehung mit in die USA nehmen würde. Den Bund für das Leben haben sie erst einige Jahre später geschlossen.
"Doch es war schon ein Fehler zu glauben, dass man rüber geht und gleich NHL spielt, denn der Schritt vom Spielniveau war riesig", sagte Hiemer weiter. "Heutzutage macht es natürlich Sinn zuvor in den Juniorenligen zu spielen und dann langsam den Aufstieg zu machen."
Seine Wunschteams wären solche wie die Montreal Canadiens, Toronto Maple Leafs oder Boston Bruins gewesen, aber das konnte er sich nicht raussuchen. Gezogen hatten ihn nämlich bereits beim NHL Entry Draft 1981 die Colorado Rockies in der dritten Runde an insgesamt 48. Position. Die Franchise wurde 1982 zu den New Jersey Devils.
"Ich bin rüber geflogen und der Besitzer wollte mich kennenlernen, weil das nicht üblich war, dass Europäer, speziell deutsche Spieler, in dem Team spielen", schilderte Hiemer die Geschehnisse. "Er hatte in der Schweiz studiert und konnte deutsch. Er hatte sein Büro im World Trade Center, das es heute nicht mehr gibt. Wir sind ins Restaurant nach oben gefahren und haben dort mit Blick über New York miteinander gegessen, nur damit er mich und meine Frau kennenlernt."

Anscheinend passte der Eindruck und Hiemer erhielt ab der Saison 1984-85 einen Vertrag. "Dann war allerdings der Spaß vorbei und mir wurde knallhart gesagt, was sie von mir erwarten und dass ich meine Leistung bringen müsse", sagte er. "Dort wirst du wesentlich härter angepackt als hier in Deutschland und damals sowieso. Es zählt nur die Leistung."
Die Sprache wäre weniger ein Problem gewesen, denn über die Gespräche mit den Kanadiern in Füssen oder Köln wäre er im Englischen schon ganz gut drin gewesen. "Natürlich war es am Anfang etwas schwierig", räumte Hiemer ein. "In der Kabine wurde ich wegen meinem deutschen Slang immer etwas veräppelt. Aber es war viel Spaß dabei und man lernt schnell."
Zwei Spiele blieben Hiemer, der auch teilweise nur im Farmteam in der AHL eingesetzt wurde in besonderer Erinnerung. Sein erstes NHL-Spiel, das er gegen die New York Islanders bestritt und sie mit 6-2 verloren. "Ich glaube, ich war bei vier Gegentoren auf dem Eis", sagte er. "Ein Abend zum Vergessen. Ich war aber auch tierisch nervös. Das Spiel war so schnell, auch durch die kleine Eisfläche, dass man vom Drumherum wenig mitbekommen hat."
Hiemer stand auch gegen die ganz Großen auf dem Eis. So hätte er sich zum Ziel gesetzt, das Wayne Gretzky keinen Punkt machen solle, während er auf dem Eis sei. Gegen diesen Ausnahmespieler ein schier unmögliches Unterfangen, das natürlich zum Scheitern verurteilt war. In seiner gesamten Zeit bei den Devils haben sie überhaupt nur einmal gegen die Edmonton Oilers gewinnen können.
"Mit Mark Messier hatte ich auch nach der Karriere noch Kontakt", sagte Hiemer. "Mit Gretzky nicht, aber gegen Mario Lemieux habe ich meinen einzigen Hattrick erzielt. Drei Tore für einen Verteidiger. Das war Wahnsinn, aber wir haben das Spiel 7-6 verloren. Jetzt kann ich drüber lachen, aber damals war es ein Drama."
Hiemer kam in den drei Jahren von 1984 bis 1987 auf 143 Spiele für die Devils mit 19 Toren und 54 Assists. Im AHL Farmteam musste er 41 Spiele absolvieren. Dort gelangen ihm neun Tore und fünf Vorlagen. Ein Playoff-Spiel war ihm aufgrund der stets verpassten Qualifikation nicht vergönnt.
"Es war schon eine Herausforderung, das Leben dort drüben zu der Zeit zu meistern", sagte Hiemer heute rückblickend. "Aber es war ein tolles Erlebnis, das ich nicht missen will. In der Metropole New York zu leben hatte etwas und wir sind eigentlich einmal im Jahr drüben in unserer Stadt."
Trotz der Rückkehr 1987 nach Deutschland zur Düsseldorfer EG haben die Hiemers ein paar Jahre später in New York geheiratet und auch heute noch Freunde dort, die sie gerne besuchen.
Im Sommer 1996 nach seiner sechsten Deutschen Meisterschaft erklärte er seinen Rücktritt vom aktiven Eishockey. Nur zwei Monate später wurde mit Uwe Krupp von den Colorado Avalanche der erste Deutsche Stanley Cup Sieger. Vielleicht auch ein kleiner Verdienst Hiemers durch seine eingenommene Vorreiterrolle.
Zur Ergänzung sei noch erwähnt, dass Udo Kießling in der Saison 1981-82 für die Minnesota North Stars als erster Deutscher in der NHL auflief, allerdings nur ein Spiel absolvierte und so kaum als dauerhafter NHL-Spieler angesehen werden kann. Diese Rolle gebührt eindeutig Hiemer.