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Der Startschuss zur NHL-Saison 2017/18 steht zwar noch nicht unmittelbar vor der Tür, doch die Nachwuchs-Camps sind absolviert und die Trainingscamps in Sichtweite. Wir denken, dass es das Beste ist, die Sommerhitze im August mit Analysen eurer Lieblingsteams zu bekämpfen. Jeden Tag liefert NHL.com/de im Rahmen der Serie 31 in 31 fundierte Einschätzungen zu einer Mannschaft.
Wo geht die Reise für den Liganeuling Vegas Golden Knights hin? Können die Pittsburgh Penguins ihre dritte Meisterschaft in Folge feiern? Welche Teams sind für eine Überraschung gut? All diese Fragen werden in den täglichen Artikeln beantwortet.

Heute analysieren wir die Chicago Blackhawks.
Bilanz 2016/17: 50-23-9, 1. Platz in der Central Division
Playoffs 2017: 1. Runde Western Conference; 0:4 gegen die Nashville Predators
Trainer: Joel Quenneville, seit Oktober 2008
Neuzugänge: Brandon Saad, Patrick Sharp, Connor Murphy, Anton Forsberg, Lance Bouma, Tommy Wingels, Jan Rutta, David Kampf
Abgänge: Artemi Panarin, Niklas Hjalmarsson, Scott Darling, Marcus Kruger, Trevor van Riemsdyk, Johnny Oduya, Tyler Motte, Brian Campbell
Wo sie herkommen:
Für viele Branchenkenner galten die Blackhawks nach der erfolgreichen Hauptrunde 2016/17 als heißer Anwärter auf den Stanley Cup. Mit 109 Punkten hatten sie nicht nur den ersten Platz in der Central Division belegt, sie waren damit zugleich das Maß aller Dinge in der gesamten Western Conference. Zu Beginn der Playoffs wartete mit den Nashville Predators eine zwar unangenehme, aber nach allgemeiner Einschätzung lösbare Aufgabe für den sechsfachen Champion. Doch Chicago erlebte gegen den Rivalen aus der Musikstadt ein Waterloo. Ohne einen einzigen Sieg und mit nur drei mickrigen Toren in vier Spielen schied der Titelaspirant bereits in der ersten Runde sang- und klanglos aus. Damit scheiterte der Klub zum zweiten Mal in Folge beim Playoff-Auftakt.
Was sie änderten:
Das Debakel hatte unmittelbar Konsequenzen für den Trainerstab. Die Blackhawks trennten sich von Assistenzcoach Mike Kitchen und dem verantwortlichen Mann an der Bande von Chicagos AHL-Filiale in Rockford, Ted Dent. Ulf Samuelsson und Don Granato wurden als neue Co-Trainer bei den Blackhawks eingestellt. Der erst 32-jährige Jeremy Colliton übernahm die sportliche Leitung im Farmteam. Kein Thema, zumindest nach außen hin, war dagegen eine Demission von Meistermacher Joel Quenneville. Er hatte den Klub 2009, 2013 und 2015 zu drei Triumphen im Stanley Cup geführt und besitzt deshalb immer noch Kultstatus.

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Eine Hiobsbotschaft ereilte die Blackhawks am 21. Juni. Stürmer Marian Hossa teilte mit, dass er wegen einer schweren Hauterkrankung die bevorstehende Saison auslassen müsse. Im schlimmsten Fall droht ihm sogar das Karriereende. Um die Lücke zu füllen, die der Routinier hinterlässt, griff General Manager Stan Bowman beherzt auf dem Free-Agent-Markt zu. Mit Patrick Sharp, Tommy Wingels und Lance Bouma stießen drei erfahrene Angreifer zu den Blackhawks. Sharp trug bereits von 2005 bis 2015 das Trikot mit dem Indianerkopf. Nach dem dritten Stanley-Cup-Gewinn mit Chicago war er zu den Dallas Stars gewechselt.
Kurz vor dem NHL Draft 2017 machte die Franchise aus dem US-Bundesstaat Illinois mit zwei Blockbuster-Trades von sich reden.
Verteidiger Niklas Hjalmarsson, ebenfalls dreimal Meister mit den Blackhawks, wechselte zu den Arizona Coyotes. Von dort kamen im Gegenzug Defensivspieler Connor Murphy und Center Laurent Dauphin. Für noch mehr Aufsehen und teilweise Unverständnis in den eigenen Reihen sorgte der Transfer von Außenstürmer Artemi Panarin. Der Russe zählte seit seinem NHL-Debüt 2015 zu den punktbesten Angreifern im Klub und der Liga. 2016 erhielt er die Calder Trophy als bester Rookie der Saison. Panarin spielt künftig ebenso wie sein Stürmerkollege Tyler Motte für die Columbus Blue Jackets. Dafür holten die Blackhawks Offensivmann Brandon Saad und Torhüter Anton Forsberg aus Ohio. Saad - ebenfalls ein Heimkehrer an den Lake Michigan - soll zusammen mit Jonathan Toews und Richard Panik die Top-Formation im Angriff bilden.

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Ein wichtiger Grund für die Manöver dürften dem Kostenfaktor geschuldet sein. Murphy (fünf Jahre) und Saad (vier) haben jeweils deutlich längere Restlaufzeiten ihres Vertrags als Hjalmarsson und Panarin (jeweils zwei). Hinzu kommt, dass Murphy mit 24 sechs Jahre jünger ist der Schwede Hjalmarsson und seine beste Zeit noch vor sich hat.
Wie sie abschneiden könnten:
Die Blackhawks stehen vor einer Saison mit mannigfaltigen Herausforderungen. Coach Quenneville stehen mehrere etablierte Kräfte auf Schlüsselpositionen nicht mehr zur Verfügung. Darüber hinaus muss er eine stattliche Zahl neuer Leute integrieren. Als Vorteil könnte sich erweisen, dass mit Saad und Sharp zwei Top-Zugänge den Trainer, das Team und das Umfeld bestens kennen und deshalb keine lange Anlaufzeit benötigen sollten.
Viel wird zudem davon abhängen, ob Kapitän Toews es schafft, an alte Glanzzeiten anzuknüpfen. In den vergangenen zwei Spielzeiten blieb der 29-jährige Center jeweils unter der 60-Punkte-Marke. Chicagos Hoffnungen ruhen nun darauf, dass ihm Nebenmann Saad zu neuem Schwung verhilft. Die beiden standen bereits von 2011 bis 2015 zusammen in einer Angriffsformation.

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Als Achillesverse hatte sich in der Saison 2016/17 die Defensive erwiesen. Wirklich gelöst ist dieses Problem nach Lage der Dinge bisher nicht. Im Gegenteil: Nominell verfügen die Blackhawks in der kommenden Spielzeit über noch weniger Erfahrung in diesem Bereich als in der Vorsaison. Mit Duncan Keith, Brent Seabrook und Michal Rozsival stehen in der Abwehr nur noch drei Stanley-Cup-Sieger im Kader. Hinzu kommt, dass Rozsival inzwischen 38 Jahre alt ist und nicht mehr als Mann der Zukunft gilt.
Besonders schmerzhaft war deshalb der Abgang von Trevor van Riemsdyk. Ihn verloren die Blackhawks beim NHL Expansion Draft an die Vegas Golden Knights. Mindestens drei Plätze in der Verteidigung nehmen daher Spieler ein, die erst über ein oder zwei Jahre Erfahrung in der NHL verfügen. Dazu zählen Gustav Forsling und Michal Kempny.
Trotz des Umbruchs gehören die Blackhawks nach wie vor zu den Top-Teams in der Western Conference. Als natürlicher Anwärter auf den Stanley Cup zählen sie diesmal allerdings nicht. Womöglich liegt aber genau in dieser geringeren Erwartungshaltung ein Vorteil.