Sven Andrighetto im Glück
Der Schweizer Stürmer blüht bei den Colorado Avalanche regelrecht auf
von Robin Patzwaldt @RobinPatzwaldt / NHL.com/de Autor
Sven Andrighetto gehört eindeutig zu den bisherigen Gewinnern der letzten Monate in der besten Eishockeyliga der Welt. Am Montag, beim 4:0-Sieg in Boston, war er erster Schweizer Torschütze der noch jungen NHL-Saison. Dieses spezielle Highlight krönt zusätzlich die Tatsache, dass er in den ersten Begegnungen der laufenden Saison auch den angestrebten Platz in den zwei Top-Reihen ergattern konnte.
Und auch beim 6:3-Sieg der Colorado Avalanche im direkten Rückspiel gegen die Bruins am Mittwoch lief es für ihn wie geschmiert. Ihm gelangen die Saisontore Zwei und Drei.
Der junge Schweizer erzielte nach 33 Minuten im Powerplay nach einem schönem Durchspiel im Slot das 3:1. 94 Sekunden vor Schluss gelang dem Zürcher Stürmer auch noch das 5:3, indem er den Puck nach gewonnenem Bully in der eigenen Zone in das leere Tor bugsierte.
Video: BOS@COL: Andrighetto trifft im Powerplay
Diese Entwicklung kommt schon etwas überraschend, wenn man denn berücksichtigt, dass der 24-Jährige vor noch gar nicht allzu langer Zeit am Scheideweg seiner Nordamerika-Karriere zu stehen schien.
Denn noch im Januar 2017 konnte der Stürmer allerhöchstens heimlich davon träumen, ein wichtiger, ein regelmäßiger Bestandteil einer NHL-Franchise zu sein. In Montreal lief es bei den traditionsreichen Canadiens für ihn einfach nicht wirklich rund. Er schien zu diesem Zeitpunkt keine wirkliche Perspektive mehr im Team zu haben, diente häufig nur als eine Art Lückenbüßer. Lange wurde in dieser Phase auch öffentlich darüber spekuliert, ob sein im Sommer auslaufender Vertrag denn wohl verlängert werden würde.
Im März erfolgte dann der überraschende Transfer zu den sportlich kriselnden Colorado Avalanche. Eine Entwicklung, von der der Schweizer im Rückblick sehr profitiert hat.
Vor wenigen Wochen wurde sein Vertrag in Denver bis zum Sommer 2019 verlängert. Diese Perspektive hat er in erster Linie dem tollen Saisonendspurt zu verdanken, den er bei den 'Avs' ablieferte. 16 Scorerpunkte in nur 19 Spielen, das muss man erst einmal vorweisen können. Die Verantwortlichen in Colorado überzeugte diese Bilanz offenbar vollends.
Video: COL@BOS: Andrighetto trifft zuerst
In der noch jungen Spielzeit tat er sich zunächst in den ersten Spielen noch schwer an der Seite von Mikko Rantanen und Nathan MacKinnon. Trotz nun ausreichender Eiszeit haperte es am Anfang noch etwas mit dem Spielverständnis.
Die Vorbereitung hatte es bei den Avalanche grundsätzlich jedoch in sich, wie er gegenüber dem Internetportal 'Der Bund' in der Schweiz bestätigte. "So was Intensives hatte ich in vier Camps in Montreal nicht erlebt", beteuerte der Züricher dort.
Offenbar hatte man sich bei der Franchise so einiges vorgenommen, nachdem man in der Vorsaison die Playoffs sehr deutlich verpasste, man sogar ganz am Tabellenende der 30er-Liga herumdümpelte.
Den sportlichen Rückschritt zu einem tabellarisch abgeschlagenen Team bereute Andrighetto nach eigener Aussage jedoch zu keinem Zeitpunkt: "Vielleicht sollte ich es nicht so sagen, aber das, was ich in Colorado erlebte, war in meiner Situation für mich wichtiger, als mit Montreal in den Playoffs zu stehen, vielleicht sogar ein oder zwei Runden zu überstehen, danach aber vor einer ungewissen Zukunft zu sein."
In Montreal fühlte er sich mit seinen geringen Einsatzzeiten zu überflüssig, war oft recht frustriert, wie er im Rückblick bekennt. "Aber dann sagte ich mir: Hallo, du bist in der NHL, du kannst doch nicht motzen!"
Dabei erinnerte er sich auch häufig zurück an seine Anfänge, als er in der Schweiz noch davon träumte es einmal in die NHL zu schaffen, wie er bei 'Der Bund' erklärte. "Alle Stationen haben mich geprägt. Ich bin sicher, dass es jungen Spielern gut tut, unten durch zu müssen. Ich musste zwischen NHL und AHL gefühlte 1000 Mal rauf und runter. Ich musste kämpfen, Erfolge stiegen mir darum nie zu Kopf."
Eine Erkenntnis, von der er nun profitiert. Am vorläufigen Ende seines bisher häufig so holprig verlaufenden Weges, scheint der 24-Jährige für seinen Kampfeswillen und sein Durchsetzungsvermögen nun endlich reich belohnt zu werden.
Zurück an seine schwierigen Anfänge in Nordamerika, wo er häufig in der Provinz unterklassig auflaufen musste, erinnert er sich jedoch immer noch lebhaft und mit einem sympathischen Augenzwinkern. "Diese Reisen vergesse ich nie mehr, umso mehr schätze ich das Leben in der NHL. Es ist derart schön, ich habe mir vorgenommen, es in keinem Moment als sicher anzusehen, sondern jeden Augenblick zu schätzen."
Und das kann er aktuell ganz gut, verläuft der Saisonstart für das Team der 'Avs' doch insgesamt sehr erfolgreich bisher. Dem 4:2-Sieg bei den hoch gehandelten New York Rangers zum Auftakt ließ man nun bereits einen weiteren Erfolg in Boston folgen, bei dem Andrighetto es zudem unter die Torschützen schaffte.
Lediglich das 1:4 in New Jersey am Samstagmittag stört die Auftaktbilanz etwas. Doch für den bescheidenen Schweizer wird das sprichwörtliche Glas derzeit mehr als halbvoll sein. Der 24-Jährige scheint sein Glück beim Team aus Colorado vorerst gefunden zu haben. Wünschen wir ihm, dass das noch lange so bleiben möge.