BOS Lindholm and mcavoy

Ein altes Sprichwort besagt, dass neue Besen gut kehren. Es wurde schnell auf den Sport übertragen, weil man sich mit dem Engagement eines neuen Trainers immer eine Leistungssteigerung des Teams erhofft. Das ist auch bei den Boston Bruins der Fall. Nach der Demission von Jim Montgomery darf sich jetzt Marco Sturm der Aufgabe widmen, das Team wieder in höhere Tabellenregionen zu führen.

„Ich war begeistert“, berichtet Hampus Lindholm über seine Reaktion, als er erfuhr, wer der neue Coach der Bruins wird. Der Deutsche bringe eine europäische Sicht auf die Dinge mit. Konkret beziehe er sich dabei auf eine etwas andere Art der Kommunikation der Europäer im Vergleich zu Menschen in Nordamerika.

Sturms Stallgeruch

Sturm, in Dingolfing geboren, hat 938 NHL-Spiele als Aktiver vorzuweisen. Bei seinen Stationen in San Jose, Boston, Los Angeles, Vancouver und Florida brachte er es zwischen 1997 und 2012 auf 242 Tore und 245 Vorlagen. Alleine für die Bruins legte er vier Saisons mit mindestens jeweils 20 Treffern aufs Eis, kam in 302 Partien auf 106 Tore und 87 Vorlagen. Nach seiner aktiven Karriere schloss er sich als Trainer der Organisation der Los Angeles Kings an. Von 2018 bis 2022 war er dort Assistenztrainer. Von 2022 bis 2025 war er dann hauptverantwortlicher Übungsleiter bei den Ontario Reign, dem AHL-Farmteam der Kings.

Die Bruins sind seine erste Station als Chefcoach in der NHL. Er ist damit der 30. Trainer in der Historie des Original Six-Teams und der 14., der zuvor auch das markante Trikot mit dem B auf der Brust getragen hat. Das wird ihm die Eingewöhnungszeit deutlich verkürzt haben. Die Spieler sind überzeugt, dass ihm das bei seiner neuen Aufgabe hilft: „Er weiß, was es heißt, ein Bruin zu sein. Er war ja schon mal hier“, sagt Lindholm. Er erwarte, dass der neue Coach einen Mix aus seinen bisherigen Trainererfahrungen und dem europäischen Stil einbringt. „Dann wird es interessant, zu sehen, was dabei herauskommt.“

BOS Marco Sturm

McAvoys Bitte

„Das Wichtigste ist jetzt, Marco eine Chance zu geben, die Situation zu bestimmen“, betont Lindholms Verteidigerkollege Charlie McAvoy. Entscheidend sei, wie der Coach die Botschaft rüberbringe, wie die Mannschaft künftig spielen solle. Dass das gelingen wird, davon ist der US-Amerikaner überzeugt. „Ich habe in unseren Videomeetings schon viele gute Sachen gesehen“, verrät er.

„Er ist gut. Er hat hier lange Zeit gespielt“, lobt auch Verteidiger Nikita Zadorov den neuen Coach. Aber es sei dessen erste Erfahrung als Hauptverantwortlicher hinter der Bande. „Er ist noch dabei, sich einzufinden. Er versucht, jeden zu kennenzulernen und herauszufinden, was er von uns sehen will.“ Sturm sei gerade heraus und fair. „Er will, dass wir schnell und aggressiv sind. Bruins-Eishockey eben.“

Streben nach Perfektion auf dem Eis

Zum generellen System, das der neue Trainer spielen lassen will, könne man zu dem frühen Zeitpunkt der Vorbereitung noch nichts sagen, meint McAvoy. Sturm habe seine Schützlinge zu Beginn nicht gleich überfrachtet mit taktischen Anweisungen. Aber auch in diesem Punkt bleibt McAvoy ganz gelassen: „Es gehört zum Beruf eines Eishockeyprofis dazu, dass man intelligent genug ist, sich einem neuen System anzupassen. Das muss man im Vorbeigehen lernen.“

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Immerhin: Sturm habe bei den ersten Einheiten des Öfteren die Übung unterbrochen, wenn ihm etwas missfiel und wenn die Spieler nicht auf ihren entsprechenden Positionen zu finden gewesen seien. „Wir müssen auf dem Eis nach Perfektion streben. Das muss die mentale Ausgangslage für einen Spieler sein. Wenn wir das nicht erreichen, fein, dann müssen wir eben noch mal von vorne anfangen.“

Angst davor, dass es zu komplex werden könne, habe er nicht: „Für die Stürmer ist es schwieriger. Sie rotieren viel mehr. Ich spiele rechter Verteidiger. Kein anderer ist auf der Position.“ Außerdem seien die Verteidiger ja auch viel schlauer als die Stürmer meint er mit einem Lachen.

Große Erwartungen

Sturm und sein Team wissen, dass die Erwartungen in der Sportstadt Boston traditionell hoch sind. 76 Punkte und Schlusslicht von der Atlantic Division und gemeinsam mit Philadelphia der Eastern Conference wie in der vergangenen Saison – das ist nicht der Anspruch bei den Bruins. „In der vergangenen Saison ist nicht gerade viel für uns gelaufen“, erinnert sich Lindholm. Er selbst kam verletzungsbedingt nur auf 17 Einsätze (3-4-7). In der neuen Spielzeit könnten die Bruins ohne Druck aufspielen.

Dass einige Beobachter die Bruins auch in dieser Spielzeit wieder auf den hinteren Rängen sehen, belastet die Spieler nicht. „Es ist jedes Jahr das gleiche“, sagt McAvoy. Die Leute suchen sich eben jemanden aus, der gut sei, und jemanden, der schlecht sei. „Unsere Erwartungen an uns selbst ändern sich deshalb aber nicht. Solange wir die Boston Bruins sind, wird sich das nicht ändern. Und darauf sind wir auch sehr stolz. Wir glauben fest daran, was wir alles erreichen können, wenn wir gute Leistungen abliefern.“

Bei dieser Mission wird auch viel auf die neuen Führungsspieler ankommen, zu denen auch Lindholm und McAvoy gehören. Die Mannschaft geht ohne ihre langjährigen Ikonen Brad Marchand, der jetzt in Florida spielt, und Patrice Bergeron, der seine Karriere vor zwei Jahren beendet hat, in die Vorbereitung. „Wir haben einen guten Kern an Spielern, die schon bei erfolgreichen Teams waren“, sagt Lindholm. Diese wüssten, was es bedeute, in der NHL zu gewinnen. In die Anführer-Rolle zu kommen, könne man nicht erzwingen. „Das wird sich automatisch einpendeln.“ Die gleichen Typen wie Marchand und Bergeron werde man nicht bekommen. „Aber es gibt definitiv Wege, wie man diese Lücken mit verschiedenen Spielern füllen kann. Es gibt Chancen für andere Spieler, einen Schritt nach vorne zu machen und die Rolle womöglich anders zu interpretieren.“ Das ist eine Entwicklung, von der auch der neue Trainer der Bruins durchaus profitieren kann.

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