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NHL.com/de erzählt in einer regelmäßigen Serie die Top 5 Olympischen Momente in der Geschichte Deutschlands und der Schweiz. Diese Woche Moment Nr. 4.

Die Olympischen Winterspiele 1928 werden in der Geschichte des Schweizer Eishockeys immer eine große Rolle spielen. Es war das erste Mal, dass die Nationalmannschaft bei einem Großturnier eine Medaille gewann. Damit nicht genug: Es war auch das erste Mal, dass die Olympischen Winterspiele in der Schweiz, genauer gesagt in St. Moritz, ausgetragen wurden.
Damals konnte niemand ahnen, dass sich fast die gleiche Geschichte 20 Jahre später wiederholen würde. Auch die Olympischen Winterspiele 1948 fanden in St. Moritz statt. Erneut gewann die Schweiz dabei die Bronzemedaille. Es waren bis heute die beiden einzigen Medaillen, die die Schweiz jemals im Eishockey bei Olympia gewinnen konnte.
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Doch zurück in das Jahr 1928. Und damit in eine Zeit, in der Walt Disney die legendäre Mickey Mouse erfand, in der der Boxer Max Schmeling deutscher Meister im Schwergewicht wurde und die Comedian Harmonists ihren ersten Auftritt im Berliner Großen Schauspielhaus hatten.
Zu jener Zeit fanden die ersten eigenständigen Winterspiele statt, die kein Bestandteil der Sommerspiele gewesen sind. Und zwar vom 11. bis zum 19. Februar 1928.
Ausgerechnet in jenen Tagen war es in St. Moritz außergewöhnlich mild. Und zwar so sehr, dass der Zeitplan der Winterspiele immer wieder angepasst werden musste. Besonders hart betroffen war der 10.000-Meter-Eisschnelllauf, der abgebrochen und später nicht wiederholt werden konnte. Auch im Bobfahren waren lediglich zwei der geplanten vier Wertungsläufe durchführbar.
Zahlreiche Ehrengäste kamen nach St. Moritz, um der Eröffnungsfeier und den Wettkämpfen beizuwohnen. In der Ehrenloge nahm zum Beispiel auch Heinrich zu Mecklenburg, der Ehemann der niederländischen Königin Wilhelmina, seinen Platz ein, weil Amsterdam im selben Jahr der Gastgeber der Winterspiele gewesen ist.
Die damaligen Winterspiele brachten viele neue Stars hervor. Da war zum Beispiel die norwegische Eiskunstläuferin Sonja Henie, die im Alter von 15 Jahren bereits zum zweiten Mal an den Olympischen Winterspielen teilnahm und die Goldmedaille gewann. Ebenfalls zu nennen ist ihr Landsmann und Skiläufer Johan Grøttumsbråten, der gleich zwei Goldmedaillen abräumte.
Die Schweizer allerdings fieberten vor allem mit ihrer Eishockey-Nationalmannschaft mit.
Schauplatz des Eishockey-Turniers war das Eisstadion Badrutts Park, welches heute in dieser Form nicht mehr existiert. Der berühmte Möbeldesigner Rolf Sachs ließ das Gebäude später restaurieren und wohnt seitdem darin. Die Aufschrift "Stadion St. Moritz" ist allerdings noch immer vorhanden und erinnert an die damalige Zeit.
Der große Favorit des Eishockey-Turniers war Kanada, welcher bereits im Jahre 1924 Gold gewann und sich aus einem Team der University of Toronto zusammengesetzt hatte. Als Titelverteidiger waren sie automatisch für die Finalrunde qualifiziert.
Die Schweizer hingegen mussten den beschwerlichen Weg durch die Vorrunde gehen. In der Gruppe C trennte sich die Schweiz mit Österreich zunächst 4:4, bezwang danach Deutschland mit 1:0 und belegte somit Platz 1 in der Gruppe. Somit stand die Schweiz in der Finalrunde und traf dort auf Großbritannien, Schweden und die Schweiz.

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Die Briten erwiesen sich als machbare Aufgabe. Nach einem ersten torlosen Drittel übernahm die Schweiz die Spielkontrolle. Louis Dufour und Albert Geromini sorgten zur zweiten Drittelpause für einen Zwischenstand von 2:0. Im dritten Spielabschnitt erhöhten Anton Morosani und erneut Dufour auf 4:0.
Doch die Aufgaben wurden schwieriger: Im zweiten Duell wartete Schweden. Diese hatten einen Tag zuvor zwar mit einem vernichtenden 0:11 gegen die übermächtigen Kanadier verloren, waren dafür aber in den beiden Vorrundenspielen ungeschlagen. Auch gegen die Schweiz konnten sie sich durch jeweils zwei Tore von Gustaf Johansson und Birger Holmqvist durchsetzen.
Das letzte Spiel fand am Tage darauf gegen Kanada statt.
Für den Schweizer Nationaltrainer Bobby Bell war dies ein ganz besonderes Spiel, weil der damals 23-Jährige aus Kanada stammt. Als Amateur hatte er in seinem Heimatland selber Eishockey gespielt, besuchte mit seinem Team im Jahre 1927 Europa und wurde bei dieser Gelegenheit direkt vom Schweizer Eishockeyverband als Trainer verpflichtet.
Später wurde Bell als der erste Reichstrainer der deutschen Nationalmannschaft bekannt. Mit diesem Team holte er die Bronzemedaillen bei den Europameisterschaften 1936, 1937, 1938 und 1939. Als der 2. Weltkrieg begonnen hatte, floh er 1940 nach Belgien und wollte von dort aus zurück nach Kanada gelangen. Dort allerdings wurde er als deutscher Spion festgenommen und kurz darauf von französischen Soldaten ermordet.
Dieses grausame Schicksal war logischerweise noch nicht abzusehen, als er seine Mannschaft am 19. Februar auf das Spiel gegen Kanada einstimmte. Wie erwartet erwiesen sich die Nordamerikaner als zu stark. Alleine der Flügelstürmer Dave Trottier, der in der NHL für die Montreal Maroons und später für die Detroit Red Wings spielte, brachte den Puck fünf Mal im gegnerischen Tor unter. Der Endstand aus Sicht der Schweiz: 0:13.
Während die Kanadier erneut mit drei Siegen aus drei Spielen und einem Torverhältnis von 38:0 die Goldmedaille gewannen, belegte die Schweiz den dritten Platz und bekam somit die Bronzemedaille umgehängt.
Dies ist bis heute eines der größten Erfolge der Swiss Ice Hockey Federation.