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Es war die unbestritten spektakulärste Nachricht des ersten Tages der diesjährigen Free Agency in der NHL: Der bisherige Kapitän der New York Islanders, John Tavares, wird sich ab sofort den Toronto Maple Leafs anschließen. Mit dem Franchise aus der eishockeybegeisterten Stadt einigte sich der begehrte Stürmer auf einen Siebenjahresvertrag, der ihm insgesamt stolze $77 Millionen einbringen wird.

Die Freude in Toronto war dementsprechend riesig. Kein wirkliches Wunder, wenn ein Spieler der ein Team unbestritten direkt ein gutes Stück besser machen kann, neu zum Kader der eigenen Mannschaft stößt. Fans und Verantwortliche zeigten sich gleichermaßen begeistert, geradezu euphorisiert, als die Nachricht der erfolgten Vertragsunterschrift am Sonntagmittag die Runde machte.
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Der 27-Jährige war in den letzten Jahren das verlässliche Rückgrat eines sportlich zuletzt eher schwächelnden Teams in Brooklyn. Er verbuchte dort in 508 Spielen immerhin beachtliche 500 Punkte. Und das bei einem Team, das in der Liga schon lange keine nennenswerte Rolle mehr spielen konnte - eine somit nicht hoch genug einzuschätzende sportliche Leistung.
In diesem Zeitraum liegt Tavares ligaweit auf Rang sechs der Punktesammler. Die Saison 2017/18, die die Islanders weit außerhalb der Stanley Cup Playoff-Plätze abschlossen, beendete Tavares mit dem zweitbesten Ergebnis seiner Karriere. Seine 84 Punkte konnte er zuvor lediglich einmal, in der Saison 2014/15, übertreffen.
Dass die Interessenten bei dem Center mit dem auslaufenden Vertrag sprichwörtlich Schlange standen, verwunderte nicht. Am Ende entschied sich Tavares für eine Rückkehr in seine Heimat. Schon als Kind schwärmte der ehemalige Nr.1-Pick, der in Mississauga (Ontario) aufwuchs, von den Leafs. Am Sonntag machte ein Foto in den sozialen Netzwerken die Runde, das Tavares als Kind in Maple Leafs Bettwäsche schlafend zeigte. Es überrascht nicht, dass sich der Spieler bei einer extra am Nachmittag (Ortszeit) einberufenen Pressekonferenz überaus emotional zeigte.

"Das war für mich eine Herzensangelegenheit. Ich habe alle Gespräche über meine Zukunft in den letzten Tagen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Offenheit geführt", so Tavares. "Am Ende war es jedoch eine recht klare Entscheidung. Ich habe einfach mein Herz sprechen lassen, wollte dorthin zurückkehren, wo ich dieses tolle Spiel lieben gelernt habe."
Doch haben sicherlich nicht nur die Emotionen diese wegweisende Entscheidung beeinflusst. Schließlich kann Toronto mit seiner zuletzt deutlich aufsteigenden Franchise einem so ambitionierten Spieler wie Tavares, inzwischen auch wieder die deutlich erkennbare sportliche Perspektive auf den Gewinn eines Stanley Cups bieten.
Zusammen mit talentierten, jungen Teamkameraden die Entwicklung der Leafs voranzutreiben, das war ein zusätzlicher Aspekt, der Tavares noch weiter motiviert. "Klar, die Mannschaft ist hervorragend. Ich habe mich natürlich im Vorfeld mit den Zielen und Strategien der Macher hier auseinandergesetzt. Ich denke, dass ich hier sehr gut reinpasse und helfen kann den sportlichen Erfolg zu vergrößern."

Spielt man die Namen im Kader der Leafs einmal kurz in Gedanken durch, dann erscheinen die Möglichkeiten tatsächlich gigantisch. Auston Matthews und seine Kollegen dürfen sich auf die kommende Saison freuen.
Ganz anders stellt sich die Situation auf Long Island dar. Zwar konnte das Franchise kürzlich durch die Verpflichtung von Meistertrainer Barry Trotz, den die Islanders von den Washington Capitals zu sich holen konnten, kurzfristig eine Aufbruchstimmung erzeugen, doch sind die Baustellen im Kader durch den Abgang des langjährigen Teamkapitäns jetzt wieder deutlich größer geworden.
Ein wichtiger Ankerpunkt des Teams muss nun zusätzlich ersetzt werden. Einen Spieler von der herausragenden Klasse eines Tavares, kann ein weniger hochkarätig aufgestelltes Team allerdings nicht auf Anhieb vollständig kompensieren.

Trotzdem gaben sich heute die Offiziellen der Islanders als faire Verlierer des Kampfes um die Dienste ihres bisherigen Topstars. "Wir danken John für seine Verdienste hier im Klub und wünschen ihm für seine Zukunft nur das Allerbeste", ließ beispielsweise der neue GM des Teams, Lou Lamoriello der Öffentlichkeit wissen.
Wie es in seinem Inneren wirklich ausgesehen haben mag, darüber kann nur spekuliert werden. Logisch, dass der Abgang für ihn nicht gänzlich unerwartet gekommen sein dürfte. Schließlich hatte Tavares monatelang gezögert, seinen auslaufenden Vertrag vorzeitig zu verlängern. Mit dem Verpassen der Stanley Cup Playoffs im vergangenen April deutete sich spätestens an, dass der Kapitän im Sommer von Bord gehen könnte.
Das Franchise wird vermutlich nicht gänzlich unvorbereitet sein. Trotzdem ist es jetzt erst einmal schwer den Optimismus zu fördern. Zumindest so lange, bis adäquater Ersatz für den scheidenden Kapitän sichtbar wird.
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Es könnte ein längerer Aufbauprozess ins Haus stehen, auch wenn Tavares heute in Toronto sein Ex-Team ausdrücklich lobte. "Es ist mir sehr schwer gefallen der vertrauten Umgebung auf Wiedersehen zu sagen. Ich lasse dort viele tolle Leute zurück. Die Mannschaft hat zudem sehr viel Potential. Das schmerzt mich. Ich habe mir die Entscheidung auch alles andere als leicht gemacht. Die Islanders haben eine große Zukunft vor sich. Doch es war jetzt für mich einfach der richtige Zeitpunkt diese Entscheidung zu treffen."
Inwieweit Tavares Recht hat, oder ob er einfach nur nett und höflich sein wollte im Moment der Trennung, das werden wir spätestens mit dem Start der neuen Saison erfahren. Dann werden wir rasch sehen, inwieweit der begehrte Topstar den Leafs tatsächlich nach vorne hilft und wie sehr die Islanders unter seinem Abgang zu leiden haben.
Noch ist es zu früh dies endgültig zu beurteilen. Doch vieles deutet darauf hin, dass der Entschluss von Tavares für beide Teams zunächst einmal recht drastische Konsequenzen haben dürfte.