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Nico Sturm hat in den zurückliegenden neun Monaten für drei unterschiedliche Teams gespielt. Der Augsburger wurde Mitte März von den Minnesota Wild zu den Colorado Avalanche getradet, mit denen er den Stanley Cup gewann. Im Juli unterzeichnete der Center einen Dreijahresvertrag bei den San Jose Sharks. Im Interview mit NHL.com/de spricht der 27-Jährige über seine verschiedenen Stationen und den Saisonstart der Sharks.

Hallo Nico, die Sharks erlebten einen schwierigen Saisonstart mit fünf Niederlagen in Folge, haben sich danach aber stabilisiert und vielfach gute Ergebnisse eingefahren. Musste sich die Mannschaft erst einmal finden?
Ja, wir hatten sehr viele neue Gesichter. Es gab nicht nur viele neue Spieler, sondern auch Veränderungen im Trainerstab und im Management. Das soll keine Entschuldigung für den schlechten Saisonstart sein. Aber es hat ein bisschen gedauert, bis wir zu einem erfolgreichen Spielstil gefunden haben. Unser großes Manko war, dass wir uns selbst oft das Leben schwer gemacht haben. Wir sind eigentlich immer sehr gut im Spiel gewesen, auch gegen die absoluten Top-Mannschaften. Wir haben zum Beispiel in Vegas und Minnesota gewonnen. Aber es gab auch viele Partien, in denen wir lange gut dabei waren und das Spiel dann in den letzten Minuten hergeschenkt haben. Eigentlich müssten wir sieben, acht Punkte mehr haben.

SJS@MIN: Sturm trifft bei einem Konter

San Jose stand 2016 noch im Finale um den Stanley Cup, hat aber in den vergangenen drei Spielzeiten die Playoffs verpasst. Mit welchem Ziel seid ihr in die Saison gestartet?
Es geht darum, um die Playoffs mitzuspielen. Wir sind die Saison sehr realistisch angegangen. Keiner hat erwartet, dass wir der große Anwärter auf den Stanley Cup sind. Unsere Mannschaft befindet sich in einem Rebuild. Trotzdem wollen wir so erfolgreich wie möglich spielen. Die Playoffs sind noch immer das Ziel. Aber dazu müssen wir auch einmal eine Serie hinlegen. Wenn wir so weitermachen wie bislang, dürften die Playoffs bereits beim Allstar-Break unerreichbar sein.
Zu den Top-Scorern der Sharks zählt der Schweizer Timo Meier. Welchen Eindruck hast Du von ihm als Mitspieler?
Timo hat in der Offensive sehr große Stärken. Er hat das Selbstvertrauen, um mit der Scheibe auch einmal ins Risiko zu gehen und belohnt sich punktemäßig dafür. Insgesamt hatten wir zum Anfang der Saison noch Probleme mit dem Toreschießen. Das haben wir gut hinbekommen. Mittlerweile machen wir unsere Tore. Aber wir müssen defensiver besser werden.
Welche Spieler in Deiner Mannschaft sind die Anführer in der Kabine?
Ich selbst versuche ein solcher Spieler zu sein, der das Wort ergreift. Ansonsten sind das natürlich der Kapitän (Logan Couture) und der Coach. Erik Karlsson, Nick Bonino und Tomas Hertl zählen auch dazu. Es sind vorwiegend die Spieler, die schon länger da sind. Aber wie gesagt, auch ich habe mir das Ziel gesetzt, noch mehr in die Leader-Rolle hineinzuwachsen.

TBL@SJS: Sturm im zweiten Drittel erfolgreich

Du bist als frischgebackener Stanley-Cup-Champion nach San Jose gewechselt. Hast Du bei den Sharks dadurch eine andere Rolle als zuvor in Colorado oder Minnesota?
Ja, definitiv. In Minnesota war ich irgendwie immer der Rookie. Das hat sich dort in drei Jahren nicht verändert. Und zwar unabhängig davon, wie gut oder schlecht meine Leistungen waren. In Colorado war es erstmals so, dass ich als ein Puzzleteil gesehen wurde, der bestimmte Attribute mitbringt und der Mannschaft dadurch helfen kann. Ich denke, das sieht man jetzt auch in San Jose so. Natürlich haben wir hier nicht die gleiche Qualität wie in Colorado. Aber der Trainer vertraut mir, ich bekomme viel Eiszeit und versuche auch für die jungen Spieler ein Vorbild zu sein. Nicht nur auf dem Eis, sondern außerhalb.
Lebt es sich in San Jose, wo das SAP Center von Palmen umgeben ist, am angenehmsten?
Im Winter natürlich schon. In Minnesota hat es mir auch sehr gut gefallen. Gerade im Sommer ist es dort mit den schönen Seen überragend. Ich bin auch immer gerne im Sommer zum Trainieren dort. Aber während der Saison ist es hier in Kalifornien sehr angenehm. Es ist zwar gerade nicht unbedingt das Wetter, um mit der Badehose am Strand zu liegen. Aber man kann sich ganz easy mit einem leichten Pulli an den Pool legen und ganz entspannt ein Buch lesen.
Inwiefern unterscheiden sich die Fans in San Jose von denen in Colorado und Minnesota?
San Jose hat eine sehr lange und erfolgreiche Zeit gehabt, bis sie 2016 im Finale standen. Wenn der Erfolg dann fehlt, ist die Arena natürlich nicht immer voll. Die Fans kommen immer dann, wenn der Erfolg da ist. Das ist unser Ziel. Aber das geht nicht von einem Monat auf den anderen.

SJS@NYI: Sturm verwandelt den Nachschuss per Rückhand

Nun stehen Euch zwei Spiele gegen Mannschaften bevor, die ebenfalls einen deutschen Spieler unter Vertrag haben. Erst trefft ihr am heutigen Samstag auf die Ottawa Senators mit Tim Stutzle, dann auf die Buffalo Sabres mit JJ Peterka. Wie ist aus der Ferne Dein Eindruck von diesen beiden jungen Spielern, die beim NHL Draft 2020 in der 1. und 2. Runde gepickt wurden?
Ich habe noch nie gegen JJ gespielt und kann daher gar nicht so viel über ihn sagen. Aber er macht seine Punkte. Das ist für einen Rookie sehr beeindruckend. Und Tim ist einer der besten Spieler seiner Mannschaft, vielleicht sogar der beste Spieler. Er ist ein absolutes Offensivtalent. Wenn er die Scheibe hat, ist er immer gefährlich. Er ist der Spieler, bei dem wir schauen müssen, dass er den Puck so wenig wie möglich hat. Wir müssen ihn bereits in seiner eigenen Zone gut abschirmen. Das ist grundsätzlich wichtig bei Spielern, die stock- und schusstechnisch so stark sind wie er.
Du konntest zuletzt nicht auf dem Eis mitmischen. Werden wir Dich bald wieder auf dem Spielfeld sehen?
Das hoffe ich. Ich bin jedenfalls fit und möchte spielen. Daher ist es frustrierend, nicht zu spielen. Gerade weil ich persönlich den wahrscheinlich besten Saisonstart meiner Karriere hatte. Aber nach einer Gehirnerschütterung sind die Ärzte eben vorsichtig.
Letzte Frage: Welche NHL-Mannschaft hat Dich in dieser Saison am meisten beeindruckt und wäre daher ein Stanley-Cup-Anwärter?
Der Saisonstart der New Jersey Devils ist überraschend. Dass sie als junge Mannschaft besser sein würden als zuletzt, war zu erwarten. Aber dass sie nun so einen starken Record haben, hat vermutlich auch die besten Experten überrascht. Die Boston Bruins hatte vielleicht auch niemand so richtig auf dem Schirm. Aber sie haben alle 13 Heimspiele gewonnen. Daher würde ich diese zwei Mannschaften nennen.