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Seit der laufenden Saison trägt Stanley Cup Champion Nico Sturm das Trikot der San Jose Sharks. An neuer Wirkungsstätte ist der 27-jährige Augsburger direkt auf Kurs, ein Karriere-Jahr in der NHL zu spielen und blüht in einer verantwortungsvolleren Rolle auf.

Vertrauen zahlt sich aus: Sturm auf Karrierejahr-Kurs
Bei seinen vorausgegangenen NHL-Stationen bei den Minnesota Wild und Colorado Avalanche war Sturm ein Rollenspieler in der vierten Reihe. In San Jose bekleidete er diese Funktion nur in den ersten Spielen. Seit Mitte Oktober aber centert der deutsche Zwei-Wege-Stürmer die dritte Reihe, kommt regelmäßig im Penalty Killing zum Einsatz und darf sogar im zweiten Powerplay ran. Sowohl bei Gleichzahl als auch in den Special Teams spielt Sturm mit Nick Bonino zusammen, den er noch aus gemeinsamen Zeiten bei den Minnesota Wild kennt.
"Wenn du fünf, sechs Minuten mehr Eiszeit pro Spiel hast und auch im zweiten Powerplay aufs Eis geschickt wirst, dann ist es klar, dass du mehr Gelegenheiten hast, auf die Anzeigetafel zu kommen", sagt Sturm in einem gemeinsamen Interview mit NHL.com/de und Sky Sport. "Natürlich hat es auch was mit Selbstvertrauen zu tun, wenn du nicht mehr in einer eingeschränkten vierten Reihe spielst, wo es vor allem darum geht, die Pucks tief zu schießen. Ich kann mich jetzt auch mal was trauen, auch wenn es mal schief geht. Quinny (Trainer David Quinn, d. Red.) vertraut mir. Auch nach einem schlechten Spiel muss ich mir keine Sorgen machen, dass ich im nächsten Spiel nicht mehr spiele oder meine Eiszeit reduziert wird. Natürlich spüre ich das Vertrauen. Das ist ein Riesenunterschied."
Dieses Vertrauen spiegelt sich auch in Sturms Scoring-Ausbeute wider. Aktuell steht er bei 16 Scorerpunkten (elf Tore, fünf Assists) in 41 Spielen und ist damit der fünfbeste Torjäger und achtbeste Scorer bei den Sharks. Behält der Blondschopf diese Quote bei, käme er bis zum Saisonende auf einen Karriere-Bestwert von hochgerechnet 29 Punkten (20-9-29).

SJS@CBJ: Sturm sorgt aus nächster Nähe für Führung

"In Sachen Tore hat es bis jetzt sehr gut geklappt", sagt Sturm. "Ich habe immer betont, dass gerade offensiv noch viel Verbesserungspotenzial bei mir vorhanden ist."
Defensivstürmer mit Führungsauftrag
Sturms Hauptaufgabengebiet bleibt aber die Defensivarbeit. Der 1,91 Meter große und 95 Kilogramm schwere Hüne strahlt nicht nur physische Präsenz aus, er spielt mit seiner Reichweite auch sehr gut gegen den Schläger. Das zusätzliche Selbstvertrauen ist dem Linksschützen anzusehen.
"Nico ist ein super Typ, er arbeitet sehr sehr hart", sagt der Schweizer Mitspieler Timo Meier über Sturm. "Er ist ein sehr guter Mannschaftsspieler, der jeden Tag für das Team kämpft, auf und neben dem Eis hart an seinem Spiel arbeitet. Es ist schön, ab und zu mal Deutsch mit ihm reden zu können."
Immer mehr füllt Sturm auch eine Führungsrolle aus. In San Jose genoss der Mittelstürmer von Anfang an großes Ansehen. "Natürlich hat der Stanley Cup Sieg sehr geholfen. Es ist eine sehr spezielle Erfahrung, die nicht viele Spieler machen dürfen. Im Mai werde ich 28 Jahre alt, bin also nicht mehr der Jüngste. Ich schaue auf und neben dem Eis, in der Kabine und im Kraftraum und auch in der Trainingsvorbereitung, dass ich ein Vorbild bin, dass die jungen Spieler zu mir aufschauen können. Gerade in unserer Situation, in der wir uns in einem Rebuild befinden, ist das sehr wichtig."
Kein Tank: Sturm und die Sharks wollen bis zum Ende Gas geben
Nach einem Umbruch im Sommer hinken die Sharks (14-25-10) im Playoff-Rennen in der Pacific Division doch weit hinterher (17 Punkte Rückstand auf einen Wildcard-Platz). "Wir hatten einen schweren Start mit fünf Niederlagen, das ist natürlich schon ein Loch, aus dem man nicht so einfach herauskommt", weiß Sturm, sagt aber auch: "Ich finde, dass wir in fast jeder Partie im Spiel waren. Eines unserer größten Probleme war, dass wir zum Ende der Spiele mit Führungen ganz schlecht umgegangen sind. Da haben wir mit Sicherheit schon acht, neun Punkte liegen lassen. Wenn man sich die Tabelle anschaut, dann sind es genau diese fehlenden Punkte, die eine große Lücke auf die Wildcard-Spots reißen."

SJS@ARI: Sturm gleicht im zweiten Drittel aus

Mental keine einfache Situation: Einerseits besteht eine kleine Rest-Hoffnung auf die Stanley Cup Playoffs, auf der anderen Seite würde bei einem sportlich schlechten Abschneiden ein höheres Draft-Recht im hochklassig-eingestuften NHL Draft 2023 winken. Auf ein sogenanntes "Tanking", also absichtlich schlecht zu spielen, um früher draften zu können, will sich Sturm aber nicht einlassen: "Natürlich muss man ehrlich sein: Wir brauchen nicht auf die Tabelle schauen und vom Stanley Cup träumen. Ein Tank kommt für uns aber nicht in Frage. Dafür sind wir Spieler zu stolz. Ich gehe davon aus, dass wir bis zum 13. April mit einer guten Einstellung spielen werden.
"Kein Ring für den Supermarkt": Sturm sehnt Übergabe entgegen
Einen persönlichen Höhepunkt in der laufenden Saison wird Sturm übrigens am 8. März beim Spiel bei den Colorado Avalanche erleben. Dann nämlich bekommt auch der Mittelstürmer endlich seinen Stanley-Cup-Ring ausgehändigt.
"Ich glaube, ich bin der letzte, der ihn bekommt", lacht Sturm. "Das ist jetzt kein Ring, den man in den Supermarkt anzieht. Aber er wird sicherlich einen speziellen Platz bekommen. Gerade jetzt, wo der Stanley Cup ganz weit weg erscheint, weiß man so etwas umso mehr zu schätzen. Es wird sicherlich nochmal ganz speziell werden, die Jungs und den Stab zu sehen. Ich habe gute Erinnerungen an die letzte Saison."
Meilenstein für Deutschland und große Sorgen um den AEV
Sollte San Jose die Playoffs verpassen, könnte Sturm bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2023 für Deutschland auflaufen. Es wäre eine längst-überfällige Premiere in der A-Nationalmannschaft. "Das", sagt er, "ist ein Meilenstein, den ich sehr gerne erreichen würde."
Sorgen bereitet dem Augsburger dagegen sein Heimatverein: Die Panther stecken in der DEL knietief im Abstiegskampf und müssen um den Verbleib in Deutschlands höchster Spielklasse bangen. Darauf angesprochen wird Sturm plötzlich ernst und nachdenklich. "Ich verfolge es sehr eng. Mein kleiner Bruder ist Nachwuchstrainer beim AEV und immer im Stadion. Ab und zu kann ich die Spiele live anschauen, ansonsten hole ich mir die Scouting-Reports von meinem Bruder. Ich habe eine sehr enge Verbindung zum Verein, zu den Betreuern und auch zu manchen Spielern. Ich drücke ihnen ganz fest die Daumen. Es wäre sehr sehr schade für den Eishockey- und Sport-Standort Augsburg. Noch haben sie ein paar Spiele Zeit. Meine Daumen sind gedrückt."