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Auf NHL.tv können Eishockey-Fans alle Spiele ihrer Lieblingsmannschaft live verfolgen. Oftmals stehen sogar verschiedene Kanäle zur Auswahl. So werden die Partien vieler Teams von ein und demselben Kommentator übertragen. Eine der einprägsamsten Stimmen ist die von Randy Hahn, der von Anfang an die San Jose Sharks als Reporter begleitet. Wie sein Nachname vermuten lässt, hat Hahn Wurzeln in Deutschland, über die er unter anderem im Interview mit NHL.com/de sprach.

Wurzeln in Deutschland
"Ich bin ein Rooster", lacht Hahn und meint damit nicht den DEL-Klub aus Iserlohn, sondern die Übersetzung seines Nachnamens. "Meine Eltern sind beide in Deutschland geboren. Meine Mutter kommt aus Dortmund, mein Vater aus Bielefeld. Mein Vater ist schon im Jahr 1926 nach Kanada emigriert, meine Mutter erst viel später nach dem zweiten Weltkrieg. Sie haben sich in Edmonton kennengelernt, geheiratet und ich wurde dann in Edmonton geboren."
Hahn ist zwar nicht in Deutschland geboren, trotzdem wurde in seinem Elternhaus deutsch gesprochen, weshalb er noch immer viel versteht und auch immer wieder fast akzentfreie Worte auf Deutsch in unserem Gespräch einstreut. Mittlerweile ist Kalifornien die Heimat des 61-Jährigen, der die Spiele der San Jose Sharks überträgt.
Ganz nah bei der Mannschaft
"In der regulären Saison mache ich etwa 80 Spiele. Eishockey ist also in sieben Monaten im Jahr mein Leben", erklärt Hahn, der auch alle Roadtrips und Auswärtsreisen mitmacht. "Ich fliege im selben Flugzeug und schlafe im selben Hotel wie die Spieler", erklärt der TV-Kommentator, der gerade deshalb sehr nahe an den Spielern dran ist. "Vielleicht ist es jetzt nicht mehr eng wie früher, denn auch ich werde älter, während die Liga immer jünger wird. Also wollen 20-Jährige mit 60-Jährigen wie mir wohl nicht mehr so viel Zeit verbringen. Früher waren die Spieler noch in meinem Alter, da war der Kontakt noch enger", so Hahn.
Seit Gründung der Franchise ist Hahn der Mann am Mikrofon und nennt sich auf Twitter bezeichnend "Shark Voice", also "Stimme der Sharks" (@sharkvoice). "Es ist meine 29. Saison. Ich bin von Anfang an dabei", sagt er mit glänzenden Augen. Dass sein Herz deshalb für San Jose schlägt, ist kein Geheimnis. Trotzdem bleibt Hahn Journalist und analysiert die Horror-Saison schonungslos ehrlich.

Viele Verletzte, schwache Torwartleistung, zu wenig Tore
"Ich wünschte, ich wüsste, warum es dieses Jahr nicht läuft. Es ist eine Kombination aus verschiedenen Dingen: Wir sind nicht gut in die Saison gestartet. Spieler sind frisch von Verletzungen zurückgekommen, andere haben sich im weiteren Verlauf verletzt. Es ist schon früh ein wenig außer Kontrolle geraten. Wir haben nie wirklich zu unserem Stil und unserem System gefunden. Wir schießen zu wenig Tore und sind wir ehrlich: Wir hatten bislang keine guten Torhüter-Leistungen. Vor allem von unserem eigentlichen Starter Martin Jones, der eine schlechte Saison spielt. Erst als Aaron Dell die Chance bekam, öfter zu spielen, wurde es besser."
Die schwache Saison habe sich außerdem schon über den Sommer abgezeichnet. "Schon in der Sommerpause haben wir drei Rechtsaußen verloren: Joe Pavelski, Joonas Donskoi und Gustav Nyquist, die alle auf rechts gespielt haben. Diese konnten wir nicht mit etablierten NHL-Profis ersetzen. Wir haben gehofft, dass junge Spieler aus der AHL oder den Juniorenligen überraschen und einspringen könnten. Doch das ist noch nicht passiert. Wir hatten gehofft, dass es schneller gehen würde. Das hat uns wehgetan."
Mit einer Aufholjagd und einer dazugehörigen Playoff-Qualifikation hat Hahn bereits vor Wochen abgeschlossen. "Nein. Ich glaube nicht mehr daran", so Hahn. "Wir haben das ganze Jahr keine Konstanz gezeigt."
Hahn lobt Bergmann und Meier
Eine dieser jungen AHL-Hoffnungen ist der Deutsche Lean Bergmann, der seit dieser Woche zurück in der NHL ist. Seinen Werdegang hat Hahn genau verfolgt. "Mir hat gefallen, was ich gesehen habe. Er war schon im Training Camp gut und war einer dieser jungen Hoffnungsträger. Ich dachte, vielleicht könnte er die Lücke füllen. Er ist physisch stark, ein Dritt- oder Viertreihen-Spieler. Aber bei unserem Fehlstart hatte er es genauso wie alle anderen Spieler schwer. Wenn du dann noch kein Vertrauen von deinem Trainer hast, werden eher bei jungen Spielern Veränderungen vorgenommen als bei gestandenen Spielern, die sie besser kennen. Deshalb musste er zurück zu den Barracuda. Vielleicht ist das das Beste für ihn. Er muss viel spielen und sich an die nordamerikanischen Profi-Verhältnisse gewöhnen. Vielleicht braucht er noch ein Jahr. Ich hoffe, dass er nächstes Jahr einen Kaderplatz erhalten wird."
Den Weg über das Farmteam San Jose Barracuda zu den San Jose Sharks ging ebenfalls Timo Meier. Der Schweizer hat sich mittlerweile nicht nur als Stammspieler, sondern auch als Leistungsträger etabliert. Nach seiner bislang stärksten NHL-Saison 2018/19 mit 66 Scorerpunkten (30 Tore, 36 Assists) in 78 Spielen, unterschrieb Meier einen über 24 Millionen US-Dollar dotierten Vierjahresvertrag. "Timo hat eine schwere Saison nach einem starken und beeindruckenden Jahr. Er hat im Sommer einen großen Vertrag unterschrieben. Ich denke, dass das mit Druck einhergeht. Jeder hat ihn angeschaut und noch mehr Tore erwartet. Es ist wohl eine mentale Sache", glaubt Hahn. "Wie unser ganzes Team hatte auch er einen schwachen Start. Er ist noch nicht auf dem Niveau von letzter Saison. Aber er ist ein Junge, der so viel Potenzial hat und immer noch so jung ist. Wenn er im Sommer hart trainiert und sich auf die neue Saison vorbereitet, dann erwarte ich ihn in alter Stärke zurück."

SJS@WPG: Meier nutzt Nachschuss zur Sharks-Führung

Das Eishockey-Wunder gegen Vegas als Karriere-Highlight
Dann soll es auch wieder in die Stanley Cup Playoffs gehen. Dort nämlich erlebte Hahn, der immerhin auch schon Fußball-Weltmeisterschaftsspiele kommentierte, sein bisheriges Karriere-Highlight: In den Playoffs 2019 spielten die Sharks gegen die Vegas Golden Knights. Im alles entscheidenden Spiel 7 lag San Jose Mitte des dritten Drittels bereits mit 0:3 in Rückstand, doch dann passierte ein Eishockey-Wunder und Team Teal kam noch weiter (5:4 n.V.). "Es war das unglaublichste Sport-Event, das ich in meinem gesamten Leben erlebt habe", sagt Hahn noch immer ungläubig kopfschüttelnd. "Ich habe ein Weltmeisterschaftsspiel in Italien übertragen, Argentinien gegen Brasilien in Mailand, mit Diego Maradona auf dem Feld. Tausende von Fans haben geschrien. Aber dieses Spiel war nichts dagegen. Komm schon, es steht 0:3 bei noch zehn Minuten auf der Uhr - es war vorbei. Und plötzlich war es das nicht mehr. Ein unglaubliches Spiel!"
Regelmäßige Rückkehr nach Deutschland
Die Verbindung nach Deutschland hat Hahn übrigens nie abreißen lassen. Regelmäßig kehrt er in das Geburtsland seiner Eltern zurück. Allerdings schaffte er es noch nie nach Dortmund oder Bielefeld. "Ich war schon neunmal wieder zurück in Deutschland", berichtet Hahn. "Es ist mir fast peinlich, das zu sagen, aber ich war jedes Mal auf der Wies'n. In der Bay Area sind wir eine Clique, die immer wieder Ausflüge zum Oktoberfest nach München macht. Anfangs waren wir noch sechs Mann, jetzt reisen wir mit 100 Leuten von San Francisco aus an, um im Hacker Pschorr zu trinken."