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Jede zweite Woche wirft NHL.com/de in der Rubrik International Ice einen Blick über den Tellerrand der NHL. Hier können sie mehr über Spieler in Europa lernen, die nur ein Tor, einen Save, oder eine Entscheidung von einer NHL-Karriere entfernt sind, oder dort bereits Erfahrung gesammelt haben.
In der heutigen Ausgabe geht es um den HC Kometa Brno.

Die zweitgrößte Stadt Tschechiens kann auf große Erfolge in der Eishockey-Geschichte des Landes zurückblicken, musste aber auch eine extrem lange Durststrecke ertragen. 1953 wurde der Club als Roter Stern Brno gegründet und setzte sich schnell als der absolut dominante Verein in der Tschechoslowakei durch. Zwischen 1955 und 1966 sammelte der Armeesportklub elf nationale Titel, lediglich 1959 gab es eine kurze Pause. In den folgenden drei Jahren kam noch ein Hattrick im Europapokal hinzu, sowie 1955 der Sieg im prestigeträchtigen Spengler Cup.
Doch danach ging es bergab mit dem ehemaligen Primus der Liga. Die Leistungen gingen immer weiter zurück, 1980 musste man den Abstieg in die zweite Liga hinnehmen und 2002 folgte gar noch der nächste Schritt nach unten in die dritte Spielklasse.

Libor Zabransky

Zuvor hatte der Verein mehrere Namens- und Eigentümerwechsel durchgemacht und unter massiven finanziellen Problemen gelitten. 2004 kam aber mit dem neuen Eigentümer Libor Zabransky, der selbst als Spieler aktiv war und für die St. Louis Blues auch 40 Mal in der NHL auflaufen durfte, wieder frischer Wind in den Verein. Er übernahm die Kontrolle, brachte das Team wieder in die Tipsport Extraliga, die höchste Spielklasse des Landes und ist derzeit nicht nur Eigentümer, sondern auch General Manager und Cheftrainer der Mannschaft.
Vergangene Saison fand man dann endgültig wieder zur Größe längst vergangener Zeiten zurück. Nach dem ersten Platz in der Hauptrunde setzte sich die Truppe in blau und weiß auch in den Playoffs souverän durch und fegte im Finale Bili Tygri Liberec, den Titelverteidiger, mit 4:0 Spielen vom Eis. Endlich war es also wieder so weit, endlich war der Meistertitel nach 51 Jahren wieder in Brünn. Es war der zwölfte nationale Titel und der erste, seit sich die Tschechoslowakische Republik aufgeteilt hatte.
Nun steht das Projekt Titelverteidigung an, und das hat nach Meinung der Experten und Buchmacher in Tschechien gute Erfolgsaussichten. Kometa wurde vor der Saison als Favorit gehandelt und gibt sich bisher alle Mühe den hohen Erwartungen gerecht zu werden. Zabransky und seine Schützlinge belegen mit 41 Punkten aus 23 Spielen derzeit den vierten Platz der Liga. Ocelari Trinec und Mountfield HK liegen einen, beziehungsweise zwei Punkte vor ihnen, lediglich der HC Skoda Plzen konnte sich ein kleines Polster von fünf Punkten vor den Zweitplatzierten aus Pilsen erarbeiten.
Auch auf internationalem Eis ist das Team jetzt wieder erfolgreich. In der Champions Hockey League musste zunächst der EV Zug die schmerzhafte Erfahrung machen, dass man die Tschechen keinesfalls unterschätzen sollte. Nach dem Sieg gegen die Schweizer im Achtelfinale, steht nun die schwere Aufgabe bevor, auch das finnische Team JYP Jyväskylä aus dem Turnier zu werfen.

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In der heimischen Liga fällt besonders die Offensive positiv auf. Kometa stellt das zweitbeste Powerplay der Liga (20,21%) und schießt bisher die zweitmeisten Tore. Ganze 71 Treffer konnten sie bereits verbuchen, was sie auch ihrem Topscorer zu verdanken haben, der kein unbekannter für Fans der NHL ist. Unter tschechischen Eishockeyfans wird es als einer der größten Geniestreiche der jüngeren Eishockeygeschichte gesehen, dass es Zabransky zur letzten Saison gelang Martin Erat nach Brünn zu locken. Der inzwischen 36-jährige Stürmer, der insgesamt 881 Mal in der NHL antrat und dabei 176 Tore erzielte, liegt mit sechs Toren und 24 Assists momentan auf dem fünften Platz der Liga.
Doch die Vereinsführung verlässt sich längst nicht allein auf Veteranen wie Erat, Michal Barinka oder Kapitän Leos Cernak. Unter Zabranskys Führung wird in Brünn seit über einem Jahrzehnt auf Nachhaltigkeit und Nachwuchsarbeit gesetzt. Das trägt nun Früchte. Der jüngste Spieler, den Kometa in der aktuellen Spielzeit einsetzte, Vojtech Strondala, ist erst 16 Jahre alt. Das junge Talent kommt neben einem Einsatz für die erste Mannschaft diese Saison bereits aus zehn Assists in 14 Partien für die U20, sowie zwei Tore und acht Vorlagen in nur fünf Begegnungen mit der U18.
Strondala ist aber bei weitem nicht das einzige vielversprechende Talent in den Reihen des Teams, was auch jenseits des Atlantiks nicht unbemerkt geblieben ist. Ganze sechs Spieler aus der Organisation stehen spätestens seit vergangenem Sommer unter Beobachtung der NHL-Scouts. Torwart Lukas Dostal, Verteidiger Daniel Kowalczyk und Filip Kral, sowie die Angreifer Adam Gajarsky, Karel Plasek und Matej Svoboda sind in das Visier der Talentsucher geraten.
Dostal und Gajarsky sind derzeit an Horacka Slavia Trebic in der zweiten Liga ausgeliehen, um Erfahrung gegen erwachsene Gegner zu sammeln, ein Kriterium, welches in der NHL besonders beachtet wird. Kowalczyk, Plasek und Svoboda kommen noch in erster Linie in der Nachwuchsabteilung zum Einsatz. Plasek durfte aber bereits ein erstes Mal die Luft der Extraliga schnuppern. Kral schaffte bereits den Sprung über den großen Teich und steht seit kurzem in Diensten der Spokane Chiefs in der Western Hockey League, wo er in 13 Spielen bisher zwei Tore und sieben Vorlagen sammelte.
Es sieht so aus, als würde sich Kometa immer mehr zu einem Aushängeschild des tschechischen Eishockeys entwickeln und zu internationaler Bekanntheit gelangen. Mit einer guten Mischung aus erfahrenen Anführern und jungen Talenten, sind die Chancen auf die Titelverteidigung äußerst gut und womöglich ist ja auch in der Champions Hockey League noch mehr möglich.