Einen Champion erkennt man in der Regel daran, dass er Dinge schafft, die für andere Mannschaften, wenn nicht unmöglich, aber doch irgendwie außer Reichweite sind. Die Florida Panthers haben zweimal hintereinander den Stanley Cup gewonnen. Und auch wenn sich das Team in dieser Saison noch etwas schwertut, so sollte man den Titelverteidiger nie unterschätzen oder gar in einem Spiel abschreiben. Diese Erfahrung haben am Freitagabend die Carolina Hurricanes machen müssen. Beim 4:3-Heimsieg der Panthers nach Penaltyschießen in der Amerant Bank Arena lagen die Gastgeber schon vermeintlich aussichtslos zurück. Und haben dann etwas geschafft, was der Franchise in ihrer Geschichte so noch nicht gelungen ist.

Drei Tore aufholen, das ist im Eishockey keine Seltenheit. Das geht auch gut in der schnellsten Mannschaftssportart der Welt. Man ist schnell vor des Gegners Tor, in der Regel in Sekunden. Drei Tore im letzten Drittel aufholen – auch das haben die Panthers schon geschafft. Vor dem Spiel gegen die Hurricanes war ihnen das am 2. April 2022 gegen die New Jersey Devils gelungen. Und auch gegen Carolina hat die Mannschaft von Trainer Paul Maurice die Fans lange warten lassen. So lange wie noch nie in der Historie der Franchise.

Marchands Initialzündung

Die Panthers drehten zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Partie, in der sie zehn Minuten vor der Schlusssirene mit drei Treffern in Rückstand lagen. Jordan Staal (12.) und Sebastian Aho (42., 48. PP) hatten die Gäste mit 3:0 in Führung gebracht. Für Aho war es das 45. NHL-Spiel in der Karriere, in dem er zwei Tore oder mehr erzielte. Damit schob er sich vorbei an Kevin Dineen auf Platz drei in der ewigen Bestenliste in der Geschichte der Carolina Hurricanes/Hartford Whalers.

Doch dann drehten die Gastgeber auf, angeführt von Brad Marchand. „Ich war schon sauer zehn Minuten vor Schluss. Wir haben nur eine gute Aktion gebraucht, um ins Spiel zu kommen. Und dann macht Marchand das, was er immer macht. Er ruft: ,Hey, wir brauchen nur ein Tor.‘ Er ist ein echt positiv denkender Typ“, beschrieb Maurice nach der Partie die Szene, die die Wende einleitete.

CAR@FLA: Reinhart gleicht in der letzten MInute des 3. aus

Es war schließlich dem Routinier selbst vorbehalten, die Aufholjagd einzuleiten. Mit 9:44 Minuten noch auf der Uhr im Schlussdrittel traf er zum 1:3. Es war Marchands 20. Saisontor. Damit wurde er der viertschnellste Spieler im Alter von 37 Jahren oder mehr, der die Marke von 20 Toren in einer Saison erreicht. 33 Spiele brauchte er dafür. Nur Alex Ovechkin (27 in der Saison 2024/25 und 31 2022/23 und Brendan Shanahan (27 2006/07) waren schneller. Aber Marchand ist der schnellste Spieler in dieser Altersklasse in der Geschichte der Panthers, der 20 Tore in einer Saison erreicht. Jaromir Jagr brauchte 2015/16 56 Partien, Joe Nieuwendyk 2005/06 57.

Der entscheidende Faktor

„Wir hatten nicht den Start, den wir erwartet hatten“, meinte Marchand. Es sei dann die Aufgabe der Führungsspieler, eben mit gutem Beispiel voranzugehen und ein Tor zu machen. Genau das tat er. „Das Großartige an unserer Gruppe ist, dass jeden Abend jemand anders für die Entscheidung sorgen kann. Das macht uns zu solch einer großartigen Mannschaft. Wir gewinnen und verlieren als Team“, betonte Marchand. Solche eine Leistung wie jetzt gegen Carolina gelinge nicht jeden Abend, aber wenn es passiere, sei es umso schöner.

Als entscheidenden Faktor für die furiose Aufholjagd nannte Marchand den Glauben im Team. „Damit fängt alles an. Wir wussten, dass wir nur ein Tor brauchten. Wir haben schon mal drei Tore in zehn Minuten geschossen. Also wussten wir, dass wir das noch mal schaffen können. Es braucht dann nicht viel für diese Mannschaft, ins Rollen zu kommen.“ Sam Bennett traf mit seinem zwölften Saisontor zum 2:3 (58.), und 42 Sekunden vor dem Ende sorgte Sam Reinhart mit seinem 18. Saisontor für den vielumjubelten Ausgleich. Es war der späteste Ausgleich seit dem Treffer drei Sekunden vor Schluss am 11. Januar dieses Jahres gegen die Boston Bruins. Im Shootout gelang Evan Rodrigues der entscheidende Treffer. Damit endete gleichzeitig auch die neun Spiele andauernde Siegesserie von Carolinas Keeper Brandon Bussi, der zwar mit 38 Saves eine neue Bestleistung aufstellte, aber die Niederlage nicht verhindern konnte. Ganz bitter: Die Hurricanes mussten außer der Niederlage auch noch den Verlust von Stürmer Seth Jarvis verkraften, der in der Verlängerung gegen das Tor prallte und dem Team wohl offenbar eine Weile fehlen wird.

CAR@FLA: Panthers nach Comeback im 3. zum Shootout-Sieg

„Das war ein großartiger Sieg für uns“, meinte Maurice. Als er den Keeper für einen zusätzlichen Feldspieler vom Eis genommen hatte, sei erst nicht viel gelaufen. Dann noch zwei Tore zu machen, sei wirklich gut. „An diesem Sieg heute war nichts einfach. Es waren einige Aktionen dabei, die mir nicht gefallen haben. Aber es waren auch ein paar Dinge, die nicht für uns gelaufen sind“, befand der Übungsleiter.

Führungsspieler reißen mit

„Man konnte es das ganze Spiel über bis zum Ende fühlen. Wir waren so laut auf der Bank. Wir geben einfach nicht auf. Wir haben wirklich das ganze Spiel über dran geglaubt, dass wir zurückkommen können, haben alles gegeben“, sagte Panthers-Stürmer Sam Bennett. Am Ende sei es ein verzweifeltes Anrennen gewesen. Aber das seien die Spiele, die am meisten Spaß machten. Die Hurricanes seien ein gutes Team. „Jedes Mal, wenn wir gegen ein Team spielen, das es womöglich in die Playoffs schafft, ist es schön, wenn wir als Sieger vom Eis gehen. Wir haben viel Erfahrung. Es sind viele Jungs dabei, die schon das eine oder andere Comeback mitgemacht haben. Das hilft enorm. Die Führungsspieler haben uns mitgezogen.“

In einer super engen Atlantic Division haben sich die Panthers durch den Sieg auf Platz zwei vorgeschoben und haben mit 40 Punkten nur einen Zähler Rückstand auf Spitzenreiter Detroit. Lange ausruhen auf dem Sieg können sich die Panthers nicht. Bereits heute empfangen sie die St. Louis Blues. Und am 23. Dezember geht es nach Carolina zur Revanche, ehe die Weihnachtspause ansteht. Die Hurricanes beenden heute ihren Drei-Spiele-Road-Trip bei den Tampa Bay Lightning.

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