Draisaitl holt 110 Punkte zum Gewinn der Ross Trophy

Die Erfolgsstory von Leon Draisaitl ist um ein bemerkenswertes Kapitel reicher. Als erster deutscher Spieler in der Geschichte der NHL sicherte er sich die Art Ross Trophy für den erfolgreichsten Scorer einer regulären Saison. Der Angreifer der Edmonton Oilers sammelte 110 Punkte (43 Tore, 67 Assists) in der Hauptrunde 2019/20, die wegen der Corona-Pandemie am 12. März zunächst unterbrochen und nun für beendet erklärt wurde.

Mit dieser phänomenalen Saisonausbeute verbesserte Draisaitl seine persönliche NHL-Bestleistung und seinen deutschen Rekord aus dem Vorjahr (105 Punkte). In der Scorerwertung der Liga verwies der Kölner seinen Teamkollegen Connor McDavid (97) und Artemi Panarin (95) von den New York Rangers mit deutlichem Abstand auf die Plätze zwei und drei.

Draisaitl ist der dritte Spieler der Oilers, der die Art Ross Trophy gewonnen hat. Wayne Gretzky holte sie von 1980/81 bis 1986/87 sieben Mal in Folge. In den Spielzeiten 2016/17 und 2017/18 ging sie jeweils an McDavid.

Außerdem entschied Draisaitl in dieser Saison die NHL-Gesamtwertung bei den Assists und den Powerplay-Punkten (44) für sich. Den Spitzenrang bei den Siegtreffern (10) teilt er sich mit David Pastrnak von den Boston Bruins. In 56 von 71 Spielen tauchte sein Name auf dem Scoresheet auf, davon in 33 Partien mehr als einmal. Zum 8:3-Auswärtssieg seiner Mannschaft am 2. März bei den Nashville Predators steuerte er gleich fünf Punkte (vier Tore, eine Vorlage) bei. Nach insgesamt 422 Einsätzen in der regulären Saison stehen für ihn 422 Zähler (168 Tore, 254 Vorlagen) und damit im Schnitt exakt ein Punkt pro Spiel zu Buche.

"Als kleiner Junge träumt man natürlich von solchen Sachen", sagte Draisaitl zum Gewinn der Art Ross Trophy. "Ich war eigentlich immer eher der Typ für den letzten Pass. Aber ich wusste schon früh in meiner NHL-Karriere, dass ich auch ab und zu schießen muss. Sonst wäre ich irgendwann zu berechenbar gewesen. Deshalb habe ich konstant am Abschluss gearbeitet. Alles in allem bin ich Jahr für Jahr ein besserer Eishockeyspieler geworden und für mich persönlich ist es das Wichtigste, so nah wie möglich an meine Grenzen heranzukommen."

EDM@CAR: Draisaitl schießt perfekt ein

Einer, der Draisaitl die Art Ross Trophy besonders gönnt, ist Marco Sturm. Der langjährige NHL-Profi und aktuelle Assistenzcoach der Los Angeles Kings war bis vor drei Jahren deutscher Rekordhalter in Sachen Scorerpunkte innerhalb einer regulären Saison. Dann kam Draisaitl und stach ihn aus.

"Das ist natürlich überragend für Leon", kommentierte Sturm den Trophy-Gewinn des Oilers-Stürmers. "Auf gewisse Weise finde ich es überraschend, da er noch in einem sehr jungen Alter ist. Wenn man ihn dann spielen sieht, ist es allerdings keine Überraschung mehr. Ich persönlich freue mich sehr für ihn. Er hat es nicht immer leicht in einem kanadischen Markt, in dem ein unglaublicher Druck herrscht. Leon hat in dieser Saison gezeigt, dass er das Team führen kann. Hut ab vor seiner Leistung. Mit seiner Art und seinem offensiven Eishockey macht er den Zuschauern und nicht zuletzt uns Trainern viel Freude."

Dennis Seidenberg, der 2011 mit den Boston Bruins den Stanley Cup gewann und bis Ende der vergangenen Saison bei den New York Islanders unter Vertrag stand, ist ebenfalls begeistert, dass Draisaitl die Art Ross Trophy sein Eigen nennen darf. "Es ist eine super Geschichte für Leon und bei der Hart Trophy ist er ja auch noch im Rennen. Es ist einfach sensationell mit anzuschauen, was er die gesamte Saison über geleistet hat. Natürlich hatte er zwischendurch mal einen Durchhänger. Aber das ist normal. Doch wenn man wie er so viele Punkte auf dem Konto hat, dann gewinnt man verdient eine Trophäe."

EDM@NSH: Draisaitl mit vier Toren zum Sieg

Anerkennung bekommt Draisaitl nicht nur von altgedienten Cracks, sondern auch von jungen Akteuren. "Er wird mit Sicherheit der beste deutsche Spieler aller Zeiten sein", meinte Leon Gawanke, der zur Organisation der Winnipeg Jets gehört und diese Saison in der AHL in Manitoba zum Einsatz kam. "Ich verfolge ihn seit Jahren. Für mich war es vollkommen klar, dass er irgendwann ganz oben stehen würde. Für unser gesamtes deutsches Eishockey ist es toll, dass wir mit ihm einen solchen Superstar haben."

"Er macht einen klasse Job und ist ein Vorbild für mich", sagte Tim Stützle von den Adler Mannheim über Draisaitl. Der Rookie des Jahres in der DEL ist in der Rangliste der internationalen Skater für den NHL Draft 2020 auf Position eins gesetzt worden. Damit hat er gute Chancen, der an höchster Stelle gedraftete deutsche Nachwuchsspieler aller Zeiten zu werden. Das ist bislang Draisaitl, den die Oilers 2014 in der ersten Runde an Gesamtposition drei auswählten. Der frischgebackene Inhaber der Art Ross Trophy würde es mit Sicherheit verschmerzen, wenn ihn Stützle beim Draft-Ranking übertrumpft.

Glückwünsche vom Deutschen Eishockey Bund übermittelte Präsident Franz Reindl: "Herzliche Gratulation und große Anerkennung! Leon hat eine sensationelle, stabile und herausragende Leistung gezeigt und die Auszeichnung absolut verdient. Dieses höchste NHL-Prädikat zu bekommen, ist für jeden Spieler eines der größten Ziele, die man erreichen kann. Leon hat sich diesen Traum erfüllt. Für den deutschen Eishockeysport ist das großartig und hat eine überragende Strahlkraft mit Vorbildcharakter. Ich bin sehr stolz auf Leon und seine Entwicklung, die Jahr für Jahr stetig steil nach oben ging."

DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel stellte ebenso die Bedeutung von Draisaitls Trophy-Gewinn für das gesamte deutsche Eishockey heraus. "In der deutschen Eishockey-Geschichte ist dieser Titel ein Meilenstein mit großer Außenwirkung. Wir hoffen, dass Leons eindrucksvolles Beispiel motivierend für viele andere junge Eishockeyspieler in Deutschland ist, davon würde unser Sport nur profitieren", sagte er.

Und Bundestrainer Toni Söderholm meinte: "Wir gratulieren Leon zu einer sehr, sehr erfolgreichen Hauptrunde. Diese Auszeichnung zeugt von einer guten Zusammenarbeit im Team, auch wenn es letztlich ein individueller Titelgewinn ist. Wir wollen die positive Geschichte des deutschen Eishockeys gemeinsam immer weiter fortführen, doch dieses Kapitel des Buchs hat Leon ganz allein geschrieben. Die Auszeichnung ist ein weiterer Schritt in seiner Entwicklung."