Eishockeyspieler sind nicht kleinzukriegen
Craig Anderson kehrte nach einem schweren Schlag stark zurück, ist aber nicht der einzige Spieler, dem das gelang
von Alexander Gammel / NHL.com/de Autor
Die NHL-Saison 2016-17 lieferte der Eishockey Welt viele große Momente, Meilensteine, Rekorde und Geschichten, die die Eishockey Welt bewegten. Ob Jaromir Jagr, der den zweiten Platz der ewigen Scorerliste eroberte, Alex Ovechkins 1000. Punkt, die Erfolgsgeschichte der Nashville Predators, Leon Draisaitls Rekordorgie, oder die Titelverteidigung der Pittsburgh Penguins, die Fans konnten sich sicherlich nicht über eine langweilige Saison beklagen. Eine der emotionalsten Geschichten aber, die nicht nur die Fans der Ottawa Senators beschäftigte, war die von Ottawa Senators Torhüter Craig Anderson und seiner Familie.
Der 36-jährige Anderson, der mit seiner Ehefrau Nicholle zwei Söhne hat, hatte im vergangenen Oktober einen schweren Schlag zu verkraften. Der Stress einer NHL-Saison, besonders als Torhüter, ist schon Herausforderung genug, doch für ihn und seine Familie wurde der sportliche Erfolg zur Nebensache, als Nicholle die Diagnose Krebs erhielt. Anfang Dezember äußerte er den Wunsch, eine Pause einzulegen, um seine Frau im Kampf gegen die Krankheit zu unterstützen und sich um die gemeinsamen Kinder zu kümmern. Die Senators befürworteten diesen Wunsch ohne zu zögern und unterstützen die Andersons während dieser schweren Zeit.
Am 11. Februar kehrte Anderson dann erstmals wieder aufs Eis zurück und half den Senators mit 13 Siegen in 21 Spielen, die Playoffs zu erreichen. Auch in den Playoffs war er dem Team eine wichtige Stütze und holte 11 Siege in 19 Spielen, bevor sie im Conference-Finale in sieben Spielen gegen die Pittsburgh Penguins ausschieden. Für seine Hingabe an den Sport, wurde er im Sommer nun mit der Bill Masterton Memorial Trophy ausgezeichnet.
Anderson ist aber nur das jüngste Beispiel in einer Reihe von NHL-Spielern, die nach schweren Krankheiten und Schicksalsschlägen zurückkehrten und erfolgreich wieder in den Spielbetrieb einstiegen.
Das wohl prominenteste Beispiel, ist vermutlich Mario Lemieux. Der legendäre Stürmer und heutige Eigentümer der Pittsburgh Penguins, hat eine bemerkenswerte Karriere hinter sich, obwohl er seine gesamte Laufbahn über von gesundheitlichen Problemen geplagt war. Er war regelmäßig im Rennen um die Trophäen für den besten Scorer und den besten Torschützen, obwohl er jede Saison, von Verletzungen geplagt, Spiele verpasste. Im Januar 1993 wurde das Team der Pittsburgh Penguins dann von einer furchtbaren Nachricht erschüttert: Mario Lemieux ist an Krebs erkrankt. Er musste zwei Monate aussetzen, um sich einer Strahlentherapie zu unterziehen.
Doch trotz der lebensbedrohlichen Situation, konnte Lemieux nicht auf Eishockey verzichten. Nach zwei Monaten kehrte er aufs Eis zurück und erzielte in seinem ersten Spiel, am letzten Tag seiner Behandlung, ein Tor und eine Vorlage gegen die Philadelphia Flyers. 'Super Mario' führte die Penguins am Ende in die Playoffs und hatte die meisten Punkte der NHL auf seinem Konto, ganze 160 Zähler in nur 60 Spielen. Diese Leistung brachte auch ihm die Bill Masterton Memorial Trophy ein.
Nach der Saison musste sich der Kanadier dann auch noch einer Operation aufgrund von Rückenproblemen unterziehen. Er verpasste beinahe die gesamte folgende Saison und setzte die Saison 1994-95 aufgrund von Ermüdungserscheinungen aus. Doch 1995-96 feierte er die erneute Rückkehr aufs Eis und führte die Liga erneut mit 69 Toren und 161 Punkten an. Damit ist seine Reihe an triumphalen Comebacks aber noch nicht am Ende.
1997 erklärte Lemieux seine Karriere für beendet. Doch seine Geschichte war noch lange nicht vorbei. Er übernahm die Penguins, die damals hoch verschuldet waren, als Eigentümer und kehrte 2000 auch aufs Eis zurück. In fünf weiteren Saisons erzielte er noch 229 Punkte in 170 Spielen und stabilisierte innerhalb kürzester Zeit die finanzielle Lage der Penguins.
Noch während Lemieuxs aktiver Zeit, machte es ihm ein Finne nach. Saku Koivu war ebenfalls seine gesamte Karriere über von Verletzungen geplagt, und ist dennoch einer der beliebtesten Athleten, die Montreal je ihr zuhause nannten. In 13 Saisons für die Canadiens, stand er nur in zwei Spielzeiten in jeder Partie auf dem Eis. Er war der erste Europäer, der zum Kapitän der Canadiens ernannt wurde und hält mit seinen zehn Jahren in dieser Position den Rekord für die längste Zeit als Kapitän in Montreal.
2001 wurde dann auch bei Koivu Krebs diagnostiziert und er verpasste beinahe die gesamte Saison, kehrte aber für die letzten drei Spiele zurück aufs Eis. Seine erste Partie, ein Heimspiel gegen die Ottawa Senators, wurde dann verspätet begonnen, weil der Schiedsrichter den Puck nicht einwerfen wollte, solange die Zuschauer dem Anführer ihres Teams applaudierten. Knappe zehn Minuten lang wurde Koivu nicht nur von über 20.000 Fans bejubelt, auch die Rivalen aus Ontario zollten ihm Respekt und applaudierten ihm. In der folgenden Saison erzielte Koivu seine bis dahin meisten Punkte, 71 Zähler standen am Ende in der Statistik.
Doch auch nachdem der Krebs besiegt war, war sein Weg in der NHL weiterhin steinig und beschwerlich. Neben weiteren Knieverletzungen, hätte er in den Playoffs 2006 beinahe noch ein Auge verloren. In einer unglücklichen Situation bekam er Justin Williams' Schläger ins Gesicht und musste sofort ins Krankenhaus gebracht werden. Er verpasste den Rest der Playoffs und ließ eine Netzhautablösung, sowie einen Katarakt, der sich infolge der Operation gebildet hatte behandeln. Koivu verlor aufgrund des Vorfalls einen Teil seines Sehvermögens im linken Auge und viele stellten in Frage, ob er als Center weiterhin effektiv am Bullypunkt sein könnte. Er brachte die Zweifler in der folgenden Saison mit einem persönlichen Rekord von 75 Punkten und einer Bullyquote von 54,9% zum Schweigen.
Immer wieder schreibt der Sport, besonders die NHL, solche Geschichten, die den eisernen Willen, das unermessliche Durchhaltevermögen und die mentale Stärke der Athleten beweisen. Ob Anderson, Lemieux, Koivu, oder viele andere Athleten, man sieht immer wieder, dass die Spieler sich von nichts aufhalten lassen und für ihren Sport leben. Solche Leistungen fordern noch mehr Respekt, als die spielerischen Leistungen, die auf diesem Niveau aufs Eis gezaubert werden und schweißen die Spieler, Funktionäre und Fans aller Teams zusammen.