Auch 2023 sollte nicht das Jahr der Carolina Hurricanes werden. Seit fünf Jahren schaffte es das Team aus Raleigh regelmäßig in die Stanley Cup Playoffs, seit vier Jahren waren sie stets unter den Top-9-Teams in der gesamten NHL, in den letzten drei Jahren sogar unter den Top 3 nach der Hauptrunde. Doch bis ins Stanley Cup Finale schafften es die Hurricanes nie. Auch 2023 fehlte nicht fiel, aber trotzdem genug: Mit einer 3:4-Niederlage in Spiel 4 der Serie am Mittwochabend in der FLA Live Arena bei den Florida Panthers wurde Carolina gesweept (Serie: 0:4). NHL.com/de analysiert die Gründe für das Aus der Hurricanes.

Mangelnde Durchschlagskraft als Hauptgrund für das Ausscheiden

Sowohl Trainer Rod Brind'Amour als auch seine Spieler verwendeten nach dem bitteren Aus unisono dieselbe Formulierung: "Wir waren nahe dran."

Das waren die Hurricanes in der Tat: Alle vier Spiele der Serie gegen die Panthers wurden mit nur einem Tor Unterschied entschieden, zweimal ging es in die Overtime - darunter eine Partie über vier Verlängerungen - auch der Todesstoß in Spiel 4 passierte erst 4,9 Sekunden vor Schluss. Carolina war nahe dran - aber am Ende trotzdem zu weit weg.

Zwei Akteure wirkten wie Kryptonit: Floridas Torwart Sergei Bobrovsky und Stürmer Matthew Tkachuk. Bobrovsky wehrte in dieser Serie 168 von 174 Schüssen ab, kam auf einen Gegentorschnitt von 1,12 pro Spiel, eine schier unglaubliche Fangquote von 96,6 Prozent und feierte einen Shutout. Tkachuk machte letztendlich in der Offensive den Unterschied, denn er entschied drei der vier Partien durch einen eigenen Treffer. Ihm gelangen drei Siegtreffer, zwei davon in der Verlängerung, und er schenkte Carolina insgesamt vier Tore ein (4-1-5).

Genau so ein Spielentscheider fehlte dagegen bei den Hurricanes, die nichts unversucht ließen, aber den Bock nie umstoßen konnten. Das belegen durchschnittlich 43,5 Torschüsse (!). Eine Faceoff-Quote von 54,4 Prozent bedeutete außerdem viel Puckbesitz. Doch unter dem Strich erzielte Carolina schlichtweg zu wenige Tore. In der kompletten Serie waren es nur deren sechs, wobei die Hälfte davon alleine in Spiel 4 erzielt wurden. Somit steht eine Tor-Ausbeute von 1,5 Treffern pro Partie zu Buche - zu wenig, um Spiele zu gewinnen. Ein weiterer Beleg für die fehlende Durchschlagskraft waren 82 Schüsse, die das Ziel verfehlten sowie 99 Schüsse, die von den Panthers geblockt wurden.

Kein einziger Spieler erzielte gegen Florida mehr als ein Tor. Top-Stürmer wie Sebastian Aho (0-2-2), Jordan Martinook (0-2-2), Jesperi Kotkaniemi (0-1-1) oder Martin Necas (0-1-1) blieben in dieser Serie torlos. Gleiches gilt für die eigentlich so offensivstarken Top-Verteidiger Brent Burns (0-1-1) und Brady Skjei (0-2-2).

Bobrovskys toller Save mit dem Blocker in Spiel 3

Hinzu kamen viele Verletzte: Die Angreifer Max Pacioretty (Achillessehnenriss), Andrei Svechnikov (Kreuzbandriss) und Ondrej Kase (Gehirnerschütterung) kamen in den Playoffs überhaupt nicht zum Einsatz. Teravainen verpasste den Start der Endrunde (gebrochene Hand) und kehrte erst für die letzten sechs Spiele zurück. In Spiel 4 verletzten sich gleich im ersten Drittel sowohl Jaccob Slavin als auch Stürmer Stefan Noesen (beide Oberkörperverletzung). Diese Ausfälle aus diesem Niveau konnten irgendwann auch als Team nicht mehr aufgefangen werden

"Im Großen und Ganzen haben uns zu viele Spieler gefehlt", sagte Martinook. "Das soll keine Entschuldigung sein, denn wir waren so nahe dran. Ich weiß nicht, was ich gerade fühlen soll. Es fühlt sich unwirklich an."

Auch Trainer Rod Brind'Amour haderte mit dem Verlauf dieser Serie: "Der unschöne Teil davon ist, dass jeder zurückblicken und sagen wird, dass wir gesweept wurden. Das entspricht aber nicht dem, was passiert ist. Wir waren im Spiel. Wir waren nicht viermal schlechter. Wir haben heute verloren, aber wir waren da, es hätte in beide Richtungen laufen können. Alle vier Spiele hätten auch anders laufen können."

"Wir haben alles gegeben, was wir hatten und haben bis zum bitteren Ende gearbeitet", sagte Routinier und Kapitän Jordan Staal. "Wir werden daraus lernen. Der Kern dieser Mannschaft wird einen Weg finden, es bis zum Ende zu schaffen."

Zukunft: Viele Talente auf dem Sprung in die NHL

Ob Staal selbst auch in der Saison 2023/24 zu diesem Kern gehören wird, ist noch offen. Sein Vertrag läuft genauso aus wie der von 13 weiteren Spielern, darunter die der beiden Torhüter Frederik Andersen und Antti Raanta sowie der Stürmer Pacioretty, Jesper Fast und Paul Stastny.

Carolinas Vorteil ist, dass der Kern der Mannschaft noch ein sehr junger ist, denn zu ihm zählen Spieler wie Seth Jarvis (21), Kotkaniemi (22), Svechnikov (23), Necas (24) und Aho (25), die allesamt auch über den Sommer hinaus unter Vertrag stehen.

FLA@CAR, Sp1: Jarvis zieht ab und trifft

Im AHL-Farmteam Chicago Wolves, die sich zur neuen Saison wohl unabhängig von ihrem NHL-Partner machen, wussten mit den Stürmern Vasily Ponomarev (21), Jamieson Rees (22) und Ryan Suzuki (21) sowie die Verteidiger Max Lajoie (25) und Anttoni Honka (22) weitere junge Spieler zu überzeugen. Angreifer Jack Drury (23) verbrachte ohnehin schon die halbe Spielzeit bei den Hurricanes in der NHL. Hier kommt also die nächste Welle an talentierten Spielern nach.

Im Talente-Pool befinden sich mit Domenick Fensore (21, NHL Draft 2019, 3. Runde, 90. Stelle), Noel Gunler (21, NHL Draft 2020, 2. Runde, 41. Stelle), Scott Morrow (20, NHL Draft 2021, 2. Runde, 40. Stelle), Aleksi Heimosalmi (20, NHL Draft 2021, 2. Runde, 44. Stelle), Ville Koivunen (19, NHL Draft 2021, 2. Runde, 51. Stelle) weitere früh gedraftete Spieler, die bald den Sprung in die NHL schaffen könnten.

Im NHL Draft 2023 halten die Hurricanes noch ihre eigenen Erstrunden- und Zweitrunden-Picks sowie ein recht frühes Wahlrecht der Philadelphia Flyers in der dritten Runde.

Die Sommerpause bietet den Hurricanes also die Chance, den Kader zu verjüngen und aufgrund der vielen auslaufenden Verträge insbesondere in der Tiefe ein wenig umzubauen.