thurkauf

Die NHL-Teams haben durch den späteren Beginn der Saison 2020/21 ihre unter Vertrag stehenden europäischen Spieler, insbesondere jüngeren Alters, teilweise an Mannschaften in Europa verliehen, um ihnen frühzeitig Spiel- und Trainingspraxis zu verschaffen. NHL.com/de wird in einer wöchentlichen Serie über einzelne dieser Spieler berichten, wie sie ihre Zeit bis zum Start der kommenden NHL-Saison überbrücken. In der heutigen Ausgabe: Calvin Thürkauf.

Bei einem NHL Draft in der siebten und damit letzten Runde gezogen zu werden, bedeutet häufig, dass der Weg in die NHL sehr steinig und nicht leicht wird. Nur wenige schaffen überhaupt den Sprung in einen NHL-Kader. Calvin Thürkauf hat mit seinen drei NHL-Spielen in der abgelaufenen Saison etwas vollbracht, das für einen Spieler, der an der 185. Position (NHL Draft 2016) ausgewählt wurde, eine Seltenheit ist. Die Statistik weist für die 41 Spieler, die auf dieser Position im NHL Draft der Jahre 1969 bis 2019 gezogen wurden, im Schnitt lediglich 15,3 absolvierte Spiele bei erreichten 0,9 Toren und 0,9 Assists aus.
Diesen Durchschnitt konnte der 23-jährige Schweizer mit seinen drei Einsätzen in der Saison 2019/20 also noch nicht wesentlich steigern, doch sein eindeutiges Ziel ist es, dies zu tun, wie er in dieser Woche im Gespräch mit NHL.com/de erläuterte. Dass auch sein Team, die Columbus Blue Jackets, gewillt ist, ihm die Chance hierzu einzuräumen, das bewiesen sie, indem sie Thürkauf am vergangenen Dienstag mit einem neuen Ein-Jahres-Vertrag ausstatteten, nachdem sein dreijähriger Einstiegsvertrag am 9. Oktober geendet hatte.
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"Das Warten ist endlich vorüber", freute sich Thürkauf. "Man weiß ja nie was letztendlich passieren wird. Von daher freut es mich sehr, wieder in Columbus unter Vertrag zu stehen."
Thürkauf, der am 27. Juni 1997 in Zug zur Welt kam und dessen Vater Kanadier ist, was ihm die doppelte Staatsbürgerschaft beschert, wagte bereits im Jahr 2015 den Sprung über den großen Teich zu den Kalowna Rockets aus der Western Hockey League. Mit seinen damals 18 Jahren lieferte er in 61 Spielen 18 Tore und 27 Assists zu 45 Punkten ab. Diese Leistung war gut genug, damit ihn die Blue Jackets, wie erwähnt an insgesamt 185. Position (siebte Runde) im NHL Draft 2016 auswählten. Dass es ein guter Griff war, zeigte sich bereits in der folgenden Saison, in der sich Thürkauf in 60 Spielen auf 33 Tore und 37 Assists zu 70 Punkten steigerte. So fackelten die Verantwortlichen von Columbus nicht lange und nahmen ihn am 30. Dezember 2016 unter Vertrag.
Ab der Saison 2017/18 war Thürkauf im Farmteam in der AHL bei den Cleveland Monsters aktiv und nach einem guten ersten Jahr mit elf Toren und 13 Assists zu 24 Punkten in 75 Spielen, limitierte ihn eine Verletzung in 2018/19 auf 26 Spiele (2 Tore). 2019/20 war er dann mit neun Toren und 17 Assists zu 26 Punkten in 53 Spielen wieder der Alte. Als Belohnung folgten im Februar die Berufung in die NHL und die Einsätze in drei Spielen, allerdings ohne Scorerpunkt. Das hat sicher Appetit auf mehr gemacht.
"Wenn man einmal an der großen Liga schmecken kann, dann will man mehr davon", betont Thürkauf im Interview. "Das hat mir sicher einen Schub geben und meinen Ehrgeiz geweckt, nicht nur drei Spiele in der NHL gemacht zu haben, sondern weitere folgen zu lassen und sich in der Mannschaft zu etablieren. Es ist klar mein Ziel, dauerhaft in der besten Liga der Welt zu spielen."
Für dieses Ziel gibt Thürkauf alles und weiß auch genau, was ihm noch fehlt, um im Konzert der Großen mithalten zu können. "Meine Spritzigkeit auf den ersten Metern, um mich von den Gegenspielern abzusetzen, daran muss ich noch weiter arbeiten", analysiert er selbstbewusst. "Das war schon immer mein größtes Problem. Ich arbeite im Sommer viel daran. Ich muss das Ganze nur im Spiel und auf dem Eis umsetzen. Ich denke, dass ich hierbei schon Fortschritte gemacht habe. Aber natürlich gibt es immer in vielen Bereichen Verbesserungspotenzial an meinem ganzen Spiel, aber der Fokus liegt auf der Antrittsschnelligkeit in den ersten paar Schritten. Die Explosivität ist mein größtes Manko."
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Thürkauf nutzt den späteren Saisonstart in der NHL und hat sich bereits im August seinem Ausbildungsverein EV Zug angeschlossen und ist dort seit Anfang Oktober im Spielbetrieb der National League tätig. Nach sieben Spielen stehen zwei Tore und ein Assist für ihn zu Buche. "Ich denke ich kann bisher zufrieden sein, auch wenn ich natürlich in der Chancenverwertung noch zulegen muss, denn hier war ich bisher nicht so gut", merkt er kritisch an. "Ich habe schon einige Chancen verpasst, mehr Tore zu erzielen. Ich versuche aber jedes Spiel mein Bestes zu geben und dem Team so gut wie möglich zu helfen."
Nach fünf Jahren in Nordamerika muss Thürkauf sich erst wieder daran gewöhnen, auf heimischen Eis zu spielen und das hat durchaus seine Tücken, wie er erläutert. "Die Umstellung ist schon sehr groß", verdeutlicht er. "Vor allem das etwas größere Eisfeld ist die größte Herausforderung für mich. Vor allem in der Defensivzone, aber auch in der Offensivzone, die verschiedenen Winkel beim Torschuss bzw. beim Blocken der Schüsse von den Verteidigern. Es gibt mehr Platz und man muss sich mehr bewegen. In Nordamerika hat man von der Mitte zwei Schritte bis zur Bande und hier muss man drei bis vier machen. Das ist ein großer Unterschied, den ich deutlich merke."
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Thürkauf, der in den Listen als Center und Linksaußen geführt wird, hat deutliche Präferenzen, wenn er darauf angesprochen wird. "Ich fühle mich als Center eher zu Hause, aber auf dem Flügel gefällt es mir schon auch", erzählt er. "Ich spiele dort, wo der Trainer mich aufstellt, probiere immer so gut wie möglich meine Rolle zu spielen, egal auf welcher Position ich eingesetzt werde. Wenn ich wählen könnte, dann lieber Center, aber meine Fähigkeiten kann ich auf beiden Positionen zeigen."
Egal auf welcher Position, die Hoffnung und das Selbstvertrauen sind bei Thürkauf vorhanden, dass er im Trainingscamp der Blue Jackets vor dem Saisonstart in der NHL dem Trainerteam um John Tortorella zeigen und diese davon überzeugen kann, was er im Sommer in Zug dazu gelernt hat. Dann sollen weitere Auftritte in der NHL folgen. So zumindest sein Plan.