Robin Patzwaldt:Es klingt zunächst einmal ausschließlich positiv, wenn die individuellen Stärken der Stürmer vermehrt zu Toren und Punkten führen. Gründe dafür gibt es viele. Das Spiel wird seit Jahren stetig schneller, viele Spieler der Gegenwart sind extrem jung und entsprechend flink. Das ist schön zu sehen und tut der Sportart gut. Etwas Essig in den Wein der vielen Lobgesänge könnte man gießen, wenn man bedenkt, dass es in den nahenden Stanley Cup Playoffs vermutlich einmal mehr weit weniger Tore pro Spiel geben wird. Daraus könnte man ableiten, dass, wenn die Konzentration tatsächlich am Anschlag ist und die Aktiven wirklich 100 Prozent Einsatz und Konzentration abrufen, die Stürmer nicht mehr ganz so viel glänzen. Wie auch immer, erfreuen wir uns lieber an den vielen torreichen Spielen und den so erfolgreichen Individualisten in dieser Hauptrunde.
Stefan Herget: Ein bisschen muss ich Robins Argument, warum die Torausbeute in den Playoffs zurückgeht, einschränken, denn in den Playoffs sind auch die 16 besten Mannschaften vertreten und dadurch nimmt die Qualität der Begegnungen insgesamt zu. Das wirkt sich auch klar auf die Defensiv- und die Offensivleistungen der Mannschaften aus. Somit liegt es nicht nur daran, dass die Konzentration steigt.
Doch zurück zur 100-Punkte-Saison der Spieler. Ich gehe ebenfalls stark davon aus, dass der Trend anhält, zumal dieser Prozess auch durch die Liga mit Regeländerung und schnellerer Bestrafung von Vergehen, die Torchancen verhindern oder eine bereits vorgenommene Reduzierung der Bemaßung von Torhüterausrüstung gefördert wird. Den Fans kann es nur recht sein. Für mich ist es faszinierend, wie knapp sich Leon Draisaitl mit seinen 89 Punkten (42 Tore, 47 Assists) vor dieser Marke befindet. Ich hätte niemals gedacht, dass ein Deutscher jemals in diese Sphären vorstoßen kann. Weiter so, Leon! Vielleicht knackst du die 100 auch noch.
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Axel Jeroma:Es spricht in der Tat sehr viel dafür, dass sich der Trend zur 100-Punkte-Saison bei den Top-Scorern verstetigen wird. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sich zu den üblichen Verdächtigen, wie etwa Connor McDavid, Sidney Crosby, Evgeni Malkin, Nikita Kucherov, Claude Giroux, Patrick Kane oder Alex Ovechkin, weitere Angreifer hinzugesellt haben, denen diese Marke ohne weiteres zuzutrauen ist. Dazu zähle ich in erster Linie Draisaitl, Nathan MacKinnon, Mikko Rantanen, Taylor Hall oder Mathew Barzal. Nicht nur die herausragenden Stürmer in der Liga sind in den vergangenen Jahren jünger und flinker geworden, sondern auch die Verteidiger. Davon profitiert die Offensive der Mannschaften insgesamt. So finde ich es bemerkenswert, dass mit Rasmus Dahlin der erst 18 Jahre alte First-Overall-Pick von 2018 bei einem äußerst mittelmäßigen Team wie den Buffalo Sabres nach 70 Einsätzen bereits 37 Scorerpunkte auf dem Konto hat.
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Bernd Rösch:Zuallererst freut es mich wie Stefan riesig, dass sich mit Leon Draisaitl ein deutscher Stürmer unter den oben erwähnten fünf Spielern befindet, die in der laufenden Saison noch eine dreistellige Punktzahl schaffen und damit ein weiteres positives Kapitel der deutschen Eishockeygeschichte schreiben könnte. Bei zwölf ausstehenden Partien fehlen ihm noch elf Scorerpunkte auf die 100. Das Gelingen wird zwar schwer, aber es ist durchaus möglich.
Es wird in den vergangenen drei Jahren im Vergleich zu den Spielzeiten zuvor deutlich öfters der Abschluss gesucht, was wiederum zu mehr Toren führte. Daraus folgend nahm auch die Anzahl der erzielten Scorerpunkte zu. Aktuell kommt im Durchschnitt jedes Team pro Spiel auf 31,3 Schüsse, 2017/18 waren es 31,8. Zum Vergleich: Seit der Saison 1994/95 bis 2016/17 lag der Schnitt nur fünfmal über 30,0 Torschüsse und kein einziges Mal waren es mehr als 31,0.