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Es ist seit Jahren der NHL ein Anliegen, den Sport des Eishockeys auch außerhalb von Nordamerika zu entwickeln und weiterzubringen. In diesem Zuge ist es üblich, dass die NHL Coaches' Association (NHLCA) anlässlich der NHL Global Series eine Coaching Clinic mit einheimischen Trainern abhält, um sich auszutauschen und fortzubilden.

Die NHLCA ist eine professionelle Organisation, die den Cheftrainern, Assistenztrainern, Torwarttrainern und Videotrainern der 32 Teams der National Hockey League Unterstützung und Hilfe bietet. Der Verband wurde 2001 von dem legendären Trainer Scotty Bowman und einer Gruppe erfahrener Kollegen wie Roger Neilson, Larry Robinson und Pat Quinn gegründet.
Am Sonntag trafen sich 78 Trainer und zwei Trainerinnen im Haus des Sports von Swiss Olympic in Bern, um einen Tag lang den Ausführungen von John Hynes, dem Cheftrainer der Nashville Predators, seinen Assistenten Geoff Ward und Ulf Samuelsson, aber auch nationalen Größen, wie den ehemaligen NHL-Spielern Mark Streit und Sven Bärtschi zu lauschen und sie mit Fragen zu löchern.
Markus Graf, der das Event für den Schweizer Eishockeyverband moderierte, fasste in seiner Einleitung die Ziele des Workshops zusammen. Von anderen lernen, Erfahrungen austauschen, Networking, Selbstvertrauen erhalten, das Spiel zu genießen und einfach Spaß haben, interessanten Leuten aus dem Eishockey zuzuhören, sind für ihn die Kernpunkte.
Zum Auftakt wurde ein Video mit den besten Szenen von Roman Josi aus der NHL gezeigt. Nino Niederreiter sprach in einer Videobotschaft Grußworte. "Es ist sehr wichtig, dass Ihr das macht, was Ihr macht, weil Ihr junge Spieler trainiert und wir wollen noch viele Talente auf dieses Level bringen", verdeutlichte Niederreiter zu Beginn.
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Als erster in Präsenz betrat Hynes das Podium für eine lockere Frage und Antwort Runde, in der der 47-Jährige durchaus aus dem Nähkästchen erzählte und einige private Einblicke in seine Gefühlswelt gab. Er dankte den anwesenden Trainern, falls sie an der Entwicklung von Josi beteiligt gewesen waren, denn dieser sei ein wunderbarer Spieler.
Als wichtiges Element der Trainerarbeit stellte Hynes die persönliche Beziehung zu den Spielern und deren Familien heraus. Es sei üblich, dass fast alle Spieler mit ihren Familien im Sommer zu ihm nach Hause einmal eingeladen werden, damit man auch das private Umfeld kennt und diese ihn im privaten Umfeld kennenlernen. Es funktioniere letztendlich nur über Beziehung zu den Spielern.
Eine interessante Frage aus der Reihe der Teilnehmer bezog sich darauf, was gerade bei jungen Spielern wichtiger sei, weiter die Stärken zu fördern oder eher an den Schwächen zu arbeiten. Hynes sieht hier ein 80 zu 20 Verhältnis. 80 Prozent solle weiter an den Stärken gearbeitet werden, weil das der Bereich sei, der die Spieler pusht und motiviert und ihnen Selbstvertrauen gibt. Nur die Schwächen hervorzuheben und diese versuchen auszumerzen, könnte im Gegenteil einen Spieler sehr frustrieren. Deswegen hier nur 20 Prozent Anteil bei der Arbeit. Aber insgesamt sollte es das Ziel sein, die Stärken noch mehr zu fördern und die Schwächen zu minimieren.
Hynes sieht den Austausch als wichtig an, deswegen hat er trotz eines engen Zeitplans sich gut eine Stunde Zeit genommen, einige Aspekte seiner Arbeit zu streifen. "Die NHLCA ist eine wunderbare Organisation für uns", betont Hynes im Gespräch mit NHL.com/de. "Alle Dinge, die eingerichtet wurden, um die Trainerarbeit zu unterstützen, sind hervorragend. Jedes Mal, wenn wir die Möglichkeit haben, uns einzubringen, dann tun wir das sehr gerne. Etwas zurückzugeben und anderen Trainern einen Einblick zu geben, ist für das Sport und unser Spiel eine essenzielle Geschichte."
Auch seine Assistenztrainer Samuelsson und Ward bringen sich gerne ein und teilen ihr Wissen, um neueste Erkenntnisse zu verbreiten und im Austausch ebenfalls neue Denkansätze zu erhalten. "Es ist sehr wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben und sich ständig weiterzuentwickeln", erzählt Samuelsson. "Es ist eine tolle Gelegenheit, um sich auszutauschen und die Erfahrungen, die man gemacht hat, zu teilen."

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"Ich hatte das Glück in Europa einige Teams zu trainieren und auch mit Mannschaften aus Nordamerika in Europa anzutreten", sagt Ward, der unter anderem die Adler Mannheim trainiert und schon als Assistenztrainer bei der deutschen Nationalmannschaft gearbeitet hat. "Es ist überwältigend zu sehen, welche Offenheit die nationalen Verbände für solche Fortbildungen hat. Als ein Fan des Eishockeys bin ich immer bereit, mich dabei einzubringen und auszutauschen, wie eventuell Dinge anders gehandhabt werden."
Ein Teilnehmer ist Manuele Celio, der die U20-Junioren beim HC Ambri-Piotta trainiert und als Assistenztrainer bei der U18-Nationalmannschaft der Schweiz tätig ist. "Es geht hier um den Austausch und seine eigene Tätigkeit immer wieder zu hinterfragen und neue Dinge zu lernen und wie sie woanders gesehen werden", fasst er seine Ziele zusammen. "Dafür ist der internationale Austausch sehr gut, um zu erfahren, welche Strömungen es gibt und wo sich das Eishockey hin entwickelt."
Als wichtigen Punkt in der modernen Trainerarbeit sieht er die Kommunikation, die von Hynes ebenso vordergründig gesehen wurde. "Wir müssen schließlich erreichen, dass die Spieler uns verstehen und das auch umsetzen können, was wir sagen", erläutert Celio. "Es war interessant die Ausführungen von Hynes über dieses Thema zu hören."

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Einen Hinweis, um das Schweizer Eishockey in der Jugendarbeit noch weiter voran zu bringen, hat Celio auch parat. "Die langfristige Entwicklung müsste noch mehr im Vordergrund sein, anstatt den kurzfristigen Erfolg zu fördern, der wenig bringt", bekennt er. "Gerade bei den ganz jungen Spielern wird zu häufig auf die kurzfristige Entwicklung geschaut und das kann die langfristige Entwicklung leider hemmen. Die Fehlermentalität muss da sein, denn aus Fehlern lernt man und sollte diese nicht dramatisieren. Junge Spieler, die keine Fehler machen dürfen, können nicht lernen."
Vielleicht helfen solche Veranstaltungen wie die Coaching Clinic, um den Sport des Eishockeys weiter voranzubringen. Das ist das oberste Ziel.