Rask ist von der Finalniederlage angespornt
Bostons Torhüter denkt, dass die Bruins noch genug im Tank haben, um einen neuen Angriff auf den Cup zu wagen
von NHL.com/de @NHLde
NHL.com/de hat sich im Rahmen der European und North American Player Media Tours mit einigen der besten Spieler aus der NHL zu längeren Gesprächen getroffen. Mit diesen Exklusivinterviews werden wir euch im September auf die bevorstehende Saison 2019/20 einstimmen.
In dieser Ausgabe mit Tuukka Rask von den Boston Bruins
Nachdem ihr im Stanley Cup Finale so nah dran wart; wie hart war es, nicht den letzten Schritt gemacht zu haben?
Es ist super schwer. Wir waren so nah, wie man eigentlich nur sein kann. Ich meine, man tut einfach alles, was man kann. Man bereitet sich vor, aber am Ende sind die Ergebnisse wie sie sind. Es ist sehr schmerzhaft, wenn man so weit gekommen bist. Aber so ist es nun mal im Sport. So etwas passiert einfach.
Wie fühlt sich so eine Niederlage an?
In einem Spiel 7 kann einfach alles passieren. Andere Serien gehen anders aus und es ist einfach wie es ist. Wenn dein Team in Führung liegt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es gewinnt. Am Ende lag St. Louis in Führung und dann lief es eben wie es lief. Es ist ein Spiel. Ein Abpraller hier ein weiterer dort. Es ist Sport. Natürlich stinkt es einem, auf der Verliererseite zu stehen. Aber hey, was kann man dagegen tun?
Video: STL@BOS, Sp7: Rask wehrt Schenn gerade noch ab
Geht der Schmerz auch weg?
Ja, man realisiert irgendwann, dass man einfach nichts hätte anders machen können. Das Endergebnis steht und das ist es eben. Man denkt immer nach… hat diese Gedanken, dass der Schmerz nie weggehen wird, weil man verloren hat. Wen man gewonnen hätte, dann hätte man andere Emotionen. Für mich ist das einfach Eishockey. Ein Team muss nun mal gewinnen und ein anderes verlieren. Wir sind einfach glücklich, dass wir unter den besten zwei sind. Ich finde, dass das schon eine sehr tolle Sache ist. Aber wie sagt man so schön: Es gibt immer ein nächstes Jahr.
Kann euch die Niederlage anspornen?
Absolut. Unser Team ist im Vergleich zum Vorjahr ziemlich gleich geblieben und ich denke, wir haben schon unter Beweis gestellt, dass wir zu den Topteams gehören. Wir wissen, wie viel Arbeit da drinsteckt. Aber es gehört auch viel Glück dazu. Wenn man so nah dran war wie wir, dann fühlt man einfach, dass die Chance groß ist, im nächsten Jahr etwas zu erreichen.
Welche Lehren konntest du aus den Playoffs ziehen?
Ich wollte die Zeit einfach nur genießen. Ich wollte mich so gut es geht vorbereiten und meine beste Leistung abrufen. Ich denke, das habe ich geschafft. Darüber bin ich ziemlich glücklich. Als wir das letzte Mal im Finale waren [2013], war es das erste Mal für mich als Nummer 1. Man denkt, dass man im nächsten und im übernächsten Jahr wieder die Chance bekommen wird. Und dann wartet man sechs Jahre. Es ist echt nicht einfach. Also versucht man einfach diesen Moment zu genießen. Man versucht das Beste daraus zu machen, weil man weiß, dass es womöglich so schnell nicht wieder passieren wird.
[Die neuesten Nachrichten aus der NHL auf Twitter bekommst Du bei @NHLde]
Ist das die positive Seite der Geschichte? Kannst du die Dinge mehr schätzen, weil du weißt, wie selten solche Möglichkeiten sind?
Ja, und ich denke, das kommt auch mit der Erfahrung. Man versteht das als junger Spieler nicht. Wir hatten so viele tolle Jungs. Als wir in 2011 gewonnen haben, waren wir so jung und wir dachten, 'Das ist so großartig, es wird jedes Jahr passieren'. Wenn man dann den erfahrenen Jungs zuhört, dann sagen die einem, dass das eben nicht jedes Jahr passieren wird.
Ist man als Torhüter noch etwas mehr verantwortlich und setzt man sich noch mehr unter Druck?
Vor einigen Jahren habe ich mich vielleicht ein bisschen mehr unter Druck gesetzt. Aber ich denke, unsere Einstellung hat sich in den vergangenen Jahren etwas geändert. Als Torhüter ist es nun mal so, wenn man versagt, dann versagt das Team. Je mehr man darüber nachdenkt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Fehler macht. Es ist leichter gesagt als getan. Ich denke, es hilft einfach, wenn der Zusammenhalt im Team groß ist und man weiß, dass man sich auf jeden anderen verlassen kann. Ich denke, diese mentale Einstellung hat uns im vergangenen Jahr sehr geholfen.
Und die Kehrseite ist die, dass wenn die Stürmer und Verteidiger nicht gut spielen, dann bist du vollkommen auf dich allein gestellt?
Das ist genau der Grund, weshalb jeder junge Torhüter der Kerl sein will, der seinem Team die Möglichkeit gibt, zu gewinnen. An vielen Abenden muss man dieser Kerl sein. Es gibt ein oder zwei Saves, die man machen muss. Wenn man sie nicht macht, dann liegt man mit ein oder zwei Toren hinten und das Spiel ist vorbei. Das ist die Herausforderung, vor der Torhüter stehen.
Video: BOS@STL, Sp6: Rask führt Bruins mit 28 Saves zum Sieg
Wie fühlt es sich an, in den Playoffs so richtig den Groove zu haben?
Ich nehme es einfach so, dass ich jeden Puck haben will, den ich sehe. Das ist vielleicht der Grund, weshalb ich so lange spiele. Man will einfach immer so gut sein wie man nur kann. Man versucht dieses Level immer und immer wieder zu erreichen. Aber nochmal: Es gibt auch eine Kehrseite. Es gibt so viele fiese Abpraller. Sie passieren einfach und man realisiert, dass man keine Chance hatte. Die Balance ist einfach enorm wichtig.
Wie hast du dich von der Saison erholt?
Wir waren für eineinhalb Monate in Finnland. Das war es dann aber auch. Mit zwei kleinen Kindern zuhause braucht man nicht viel. Das Spiel ist aus, man geht nach Hause und ist ein Dad. Es ist ganz einfach. Wir wohnen in einer Sportstadt. Da bekommen die Fans jeden Schritt von einem mit. Ich denke, da war es in Finnland einfacher auszuspannen. Man kann seine Familie und Freunde besuchen und wird nicht jeden Tag an die Playoffs erinnert.
Was war anders als in den früheren Jahren?
Da war nicht viel anders. Letztendlich kommt es darauf an, wie lange wir spielen. Üblicherweise gehen wir im Juni und Juli nach Finnland. In diesem Jahr sind wir ziemlich schnell nach der Saison abgereist.
Gab es Highlights, die du teilen möchtest?
Nicht wirklich; wir waren einfach zuhause. Einfach das übliche Zeug. Freunde treffen und so. Ich komme nur einmal im Jahr her. Ich schau zu, wie die Kinder aufwachsen und genieße diese Seite des Lebens. Meine Kinder wachsen wie Amerikaner auf, aber meine Frau und ich, wir sind beide Finnen. Wir versuchen einfach, eine Balance zu finden. Ich finde es gut, dass sie Finnland auch mögen.
Wie erschöpft warst du nach den Playoffs und wie fühlst du dich heute?
Gut. Ich meine, ich fühlte mich nicht wirklich schlecht. Ich hatte keine Verletzungen. Ich denke, es war gut, dass Jaro (Halak) und ich uns während der Saison die Spiele geteilt haben. Sicherlich habe ich in den Playoffs gespielt. Mental ist es schon eine Belastung. Ich denke, das ist das Wichtigste. Man ist einfach zwei Monate lang richtig angespannt. Wir hatten vor dem Finale eine 11-Tage-Pause. Das ist verrückt, aber wirklich abschalten kann man da nicht.
Wenn du in die Saison gehst, willst du bestimmt alle 82 Spiele machen…
Nein, das will ich nicht….
Wie findest du genau die Balance frisch zu, sein aber gleichzeitig auch bereit für die Playoffs?
Beide Mal als wir in das Finale gekommen sind, habe ich so zwischen 35 und 55 Spiele gemacht. Das war wohl die magische Zahl. Ich glaube aber, dass es jetzt in meinem Alter keine magische Zahl mehr gibt. Es kommt sehr darauf an, wer spielt. Wenn ein Torhüter 70 Spiele macht und dann in den Playoffs noch mal 25 mehr, dann wird das ziemlich hart. Jaro und ich haben da eine ziemlich gute Kombo gefunden. Man will die Spiele machen, man will der Starttorhüter sein. Aber ich denke, je älter man wird, desto mehr denkt man an das Team… Ist es besser, wenn ich 65 Spiele mache und dann in den Playoffs müde bin oder sollte ich lieber 45 oder 50 machen und bin dann in den Playoffs frisch? Ich denke, da gibt es einen ganz schmalen Grat.
Wie ist deine Beziehung zu Jaro?
Klasse… super gut.
Wie war es mit den anderen Backups? Ist es wichtig, eine gute Beziehung zu haben?
In meiner Zeit hier hatten wir zirka fünf oder sechs (Backup-)Torhüter und ich meine, es lief immer großartig.
Was erwartest du von der nächsten Saison?
Sie zu gewinnen.
Worüber hast du zu dieser Zeit vor der letzten Saison nachgedacht?
Damals habe ich gedacht, 'Wir müssen nach China.' Ich habe daran gedacht, dass ich für zehn Tage China packen muss.
Und war das die Erfahrung, die euch zum Cup-Finale gebracht hat?Vielleicht sollten wir wieder nach China. Ein kleiner Kurztrip vielleicht?