Capitals: Spitzenmenü statt Magerkost
Washington verwöhnt die eigene Kundschaft nach zuletzt mittelmäßigen Darbietungen
von Axel Jeroma / NHL.com/de Autor
Es war eine undefinierbare Magerkost, die die Washington Capitals im ersten Monat der neuen Saison ihrer Kundschaft aufgetischt hatten. Weder Fisch noch Fleisch, weder abscheulich noch wohlschmeckend. In den diversen Statistiken der NHL spiegelte sich dieser Zustand wider. Vor der Partie am Mittwoch (Ortszeit) gegen die Pittsburgh Penguins stand die Mannschaft aus der Hauptstadt nicht auf einem der ersten drei Plätze der Metropolitan Division, die sicher zur Teilnahme an den Playoffs berechtigen. Keiner der in den vergangenen Jahren so erfolgsverwöhnten Scorer der Capitals hatte sich nach 15 Begegnungen in die Top 50 der Liga eingereiht. Selbst Goalie und Branchen-Riese Braden Holtby war plötzlich auf Normalmaß geschrumpft.
Vor dem Duell gegen den amtierenden Stanley-Cup-Champion hatte Washington nur eines seiner letzten vier Spiele gewonnen und dabei fünf Törchen erzielt. Bei der Belegschaft reifte endgültig die Erkenntnis, dass mit derart uninspirierten Darbietungen auf Dauer kein Staat zu machen ist. Offensichtlich waren die Penguins genau der richtige Gast, um den Ehrgeiz der Capitals zu wecken. Jedenfalls bereiteten sie den Besuchern diesmal ein vorzügliches Menü mit allerlei Raffinessen zu. Einzig der Kontrahent aus Pittsburgh samt Anhang blickte nach dem 1-7 sauertöpfisch drein.
Washingtons Coach Barry Trotz lieferte eine einleuchtende Begründung für die fulminante Qualitätssteigerung des Personals. "Manchmal muss man nur mit ein wenig mehr Spaß an die Sache herangehen", sagte er nach dem Kantersieg zu NHL.com. Zugleich warnte er seine Leute davor, sich nun gleich wieder selbstzufrieden zurückzulehnen. "Wir haben gewisse Erwartungen und müssen zunächst beständiger werden. Ich hoffe, dass wir dann zur richtigen Zeit unsere Höchstleistung abrufen." Trotz weiß, dass er ganz persönlich am Abschneiden der Capitals in dieser Saison gemessen wird. Sollte das Team die Playoffs verpassen oder dort erneut frühzeitig scheitern, droht ihm die Amtsenthebung.
Video: Ovechkin trifft mit Schnelligkeit im Alleingang
Selbstkritik war nach dem Match auch von Angreifer Niklas Backstrom zu hören, trotz des vorangegangenen Triumphes und seiner eigenen Galavorstellung. "Zwar standen wir in der Tabelle immer noch einigermaßen passabel da. Aber wir haben nicht wirklich unser bestes Eishockey gezeigt. Auf der heutigen Leistung lässt sich jedoch aufbauen", meinte er. Der Schwede hatte mit zwei Toren und drei Vorlagen den Löwenanteil am Kantersieg gegen die Penguins. Es war das fünfte Fünf-Punkte-Spiel seiner NHL-Karriere. In der Scorer-Wertung der Liga katapultierte sich Backstrom damit auf Rang 25. Nach nunmehr 16 Begegnungen hat er 15 Punkte (vier Tore, elf Assists) auf seinem Konto.
Backstroms Stürmerkollege T.J. Oshie zeigte sich am Mittwoch ebenfalls äußerst produktiv. Er schoss zwei Treffer und leistete zu zwei weiteren Toren die Zuarbeit. Zum vierten Mal in seiner Laufbahn erzielte Oshie vier Punkte bei einem Auftritt. Gemeinsam mit Alex Ovechkin führt er die Torschützenliste der Capitals an. Beide waren bislang acht Mal erfolgreich. "Wir haben heute den Puck schnell laufen lassen und Pittsburgh beständig unter Druck gesetzt. Das sah schon ganz gut aus", analysierte er.
Einen klaren Aufwärtstrend bei der Mannschaft konstatierte auch Schlussmann Holtby. "Wir haben gewusst, dass wir uns steigern und wieder so auftreten müssen, wie es unserem Naturell entspricht. Diesmal hat alles gepasst. Die Jungs waren engagiert bei der Sache. Und wenn noch dazu unsere Führungsspieler wie T.J. und Nicklas einen klasse Tag haben, ziehen sie automatisch das gesamte Team mit nach oben", sagte er. Nach seinen Worten formen die beiden das Herz der Mannschaft und halten alles am Laufen. "Sie waren schon die letzten Spiele gut drauf. Heute sind sie endlich belohnt worden. Das freut mich."
Video: PIT@WSH: Holtby rettet gerade noch auf der Torlinie
Mit dem Erfolg gegen die Penguins haben die Capitals auch das aus ihrer Sicht schiefe Tabellenbild geradegerückt. In der Metropolitan Division machten sie einen Sprung auf den zweiten Platz und verdrängten Pittsburgh auf Rang drei. Der Abstand zu Spitzenreiter New York Rangers beträgt vier Zähler. Allerdings hat Washington eine Partie weniger ausgetragen.
Nächster Gegner der Capitals im heimischen Verizon Center sind am Freitag die Detroit Red Wings. Im Anschluss folgen drei weitere Heimspiele gegen die Columbus Blue Jackets, die St. Louis Blues und die Buffalo Sabres. Spätestens dann weiß die Kundschaft, ob die gebotene Kost über einen längeren Zeitraum ihren gewohnt hohen Ansprüchen genügt.