Rieder_Draisaitl

Die NHL-Saison 2018/19 wirft langsam aber sicher ihre Schatten voraus. Vor dem Start der Trainingslager analysiert NHL.com/de ab dem 5. August die 31 Teams der Liga in 31 Tagen. Zu jeder Mannschaft gibt es in der Serie "31 in 31" zwei Berichte mit interessanten Fakten, Einschätzungen und Einblicken.

In dieser Folge: Edmonton Oilers
Bilanz 2017/18:36-40-6, 6. Platz in der Pacific Division
Playoffs 2018: Nicht qualifiziert
Trainer: Todd McLellan, seit Mai 2015
Neuzugänge: Tobias Rieder (Los Angeles Kings, Free Agent), Kyle Brodziak (St. Louis Blues, Free Agent), Kevin Gravel (L.A., Free Agent), Mikko Koskinen (SKA St. Petersburg, KHL, Free Agent), Hayden Hawkey (Montreal Canadiens, Trade)
Abgänge: Laurent Brossoit (Winnipeg Jets, Free Agent), Mike Cammalleri (Free Agent), Anton Shlepyshev (CSKA Moskau, KHL, Free Agent), Iiro Pakarinen (Magnitogorsk, KHL, Free Agent), Joey LaLeggia (St. Louis, Free Agent), Dillon Simpson (Columbus Blue Jackets, Free Agent), Eric Gryba (New Jersey Devils, Free Agent)

So viel Deutsch wurde bei den Edmonton Oilers schon lange nicht mehr gesprochen: Mit Leon Draisaitl und Tobias Rieder haben die Kanadier für die anstehende Saison 2018/19 gleich zwei Eishockey-Profis "made in Germany" in ihren Reihen. Das gab es zuletzt vor 17 Jahren, als 2001/02 mit Center Jochen Hecht und Verteidiger Sven Butenschön zwei Deutsche im Aufgebot der Oilers standen.
Seine Vorgänger hat Draisaitl in nur vier Saisons in Edmonton bereits in allen Bereichen abgehängt. Der 22-jährige Kölner kam 282mal für die Oilers in der NHL zum Einsatz, erzielte 81 Tore, gab 142 Assists (223 Scorerpunkte) und zählt zu den Schlüsselspielern. Draisaitl kann sowohl als Mittel- als auch als Flügelstürmer auflaufen. Mit 1,89 Meter Körpergröße und 98 Kilogramm Gewicht ist der Linksschütze robust, beweglich und schnell. Seine prägnanteste Fähigkeit ist das Passspiel: Draisaitl verfügt über ein gutes Spielverständnis, hat das Auge für die Mitspieler und legt mit cleveren und präzisen Zuspielen unnachahmlich auf.
In den beiden Spielzeiten, die Draisaitl komplett in der NHL verbrachte, knackte er jeweils die Schallmauer von 70 Scorerpunkten: 2016/17 waren es 29 Tore und 48 Assists (77 Punkte) in der regulären Saison sowie sechs Treffer und zehn Vorlagen (16 Punkte) in den Playoffs. 2017/18 gelangen ihm 25 Tore und 45 Assists (70 Punkte) in der Hauptrunde. Der Kölner war somit zweimal in Folge zweitbester Scorer der Oilers hinter Superstar Connor McDavid (100 und 108 Scorerpunkte), mit dem er schon oft in einer Reihe stand.

Auch in den Special-Teams ist Draisaitl aufgrund seiner Allround-Fähigkeiten gesetzt. Im Powerplay (2:50 Minuten Eiszeit im Schnitt pro Partie) gibt der 22-Jährige einerseits den Spielmacher und andererseits den Mann, der auf den Abzug drückt. Sechs Powerplay-Tore in der vergangenen Saison bedeuten den Bestwert in Edmonton. Seine Schusseffizienz von 15 Prozent kommt nicht von ungefähr. Gleiches gilt für eine starke Bully-Quote von 56,1 Prozent. Diese hilft den Oilers auch im Penalty-Killing (1:01 Minuten im Schnitt pro Spiel), wobei Draisaitl mit drei Shorthandern ebenfalls die interne Bestenliste anführt.
Klar, dass sich die Oilers die Dienste Draisaitls einiges kosten lassen: Mit einem Jahressalär von 8,5 Millionen US-Dollar ist der Erstrunden-Draftpick (Gesamtposition 3) aus dem Jahr 2014 der zweitbeste Verdiener in Edmonton (hinter McDavid mit 12,5 Millionen jährlich). Vertraglich ist der Stürmer bis 2025 an die Kanadier gebunden.
Nach den guten Erfahrungen mit Draisaitl angelte sich Edmonton im Sommer mit Rieder einen zweiten Deutschen. Der Restriced Free Agent erhielt bei den Los Angeles Kings keinen Anschlussvertrag mehr und war somit als Unrestriced Free Agent zu haben. Die Oilers griffen sofort zu und statteten den Flügelstürmer mit einem Einjahresvertrag über zwei Millionen US-Dollar aus. Für den gebürtigen Landshuter ist es eine Rückkehr zu den Wurzeln: Der 25-Jährige wurde im Draft 2011 in der 4. Runde an insgesamt 114. Stelle von Edmonton ausgewählt, machte aber nie ein NHL-Spiel für die Oilers.
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Im zweiten Anlauf soll nun alles besser werden. Bei den Arizona Coyotes gelang Rieder der Durchbruch in der NHL. Bislang war er in jeder seiner vier Spielzeiten für zwölf Tore oder mehr gut. In der abgelaufenen Saison wurde der Linksschütze von den Yotes (58 Spiele, acht Tore, elf Assists) nach L.A. getradet, hatte dort aber nicht den erhofften Erfolg. In der regulären Saison gelangen ihm in 20 Einsätzen vier Treffer und zwei Vorlagen - beim Playoff-Aus in der 1. Runde (0:4 gegen die Vegas Golden Knights) ging er leer aus.
Rieder ist ein hart arbeitender Zwei-Wege-Stürmer. Sprich: Er gibt Vollgas in beide Richtungen. Vorne geht der lauffreudige Angreifer aggressiv ins Forechecking und kommt gleichzeitig schnell wieder zurück, um hinten auszuhelfen. Eine oft unterschätze Qualität, die den 25-Jährigen in die Powerplay- sowie Unterzahl-Formationen gebracht hat. Vor dem gegnerischen Tor hält es der Landshuter einfach, sucht schnell den Abschluss und kommt auf diese Weise oft zum Torerfolg. In Arizona hatte er eine Schusseffizienz von 10,0 Prozent, in L.A. waren es gar 11,8 Prozent.
Ob die Oilers in der kommenden Saison eine "deutsche Reihe" mit Draisaitl an der Seite von Rieder aufbieten werden, scheint zumindest zum Saisonstart unwahrscheinlich. Draisaitl ist als Top-9-Forward eingeplant, wird entweder auf dem Flügel neben McDavid in der Top-Reihe oder als Center in der zweiten Sturmformation auflaufen. Rieder wurde als Bottom-6-Forward geholt und wird wohl den Arbeiter in der dritten Sturmreihe geben. Allerdings hat Rieder das Potenzial für mehr und somit auch die Chance, sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Ein genialer Spielmacher sowie eine emsige Arbeitsbiene in einer Reihe klingt zumindest auf dem Papier vielversprechend. Ob das Trainer Todd McLellan genauso sieht, wird sich zeigen.